Merkel will bei dem Treffen in Berlin die Vertreter der Opposition davon überzeugen, dem Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin zuzustimmen.
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel will heute in Berlin mit den Partei- und Fraktionschefs von Koalition und Opposition das weitere Vorgehen beim europäischen Fiskalpakt verhandeln. Der Vertrag von 25 der 27 EU-Staaten für mehr Haushaltsdisziplin sieht einen rascheren Defizitabbau sowie nationale Schuldenbremsen vor. Die schwarz-gelbe Koalition ist auf Stimmen der Opposition angewiesen, da in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. SPD und Grüne verlangen für eine Zustimmung unter anderem weitere Wachstumsimpulse sowie konkrete Schritte für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Darüber hinaus plädieren sie für eine spätere Abstimmung des Bundestages – getrennt vom Beschluss über den im Juli startenden Euro-Rettungsschirm ESM. Die Koalition will dagegen beide Verträge im Paket vor der Sommerpause verabschieden.
Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechnet mit einer Verzögerung des EU-Fiskalpakts. Der Zeitplan sei nicht mehr zu halten, sagte Steinbrück vor ersten Beratungen von Kanzlerin und Opposition. "Frau Merkel weiß seit mindestens vier Monaten, dass sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag und im Bundesrat braucht“, erklärte Steinbrück.
+++ Partei- und Fraktionschefs verhandeln über Fiskalpakt +++
Er warf Merkel mangelndes Tempo vor: "Sie hat in meinen Augen sträflich viel Zeit vergeben, um sich mit den Bundesländern über die Auswirkungen des Fiskalpaktes auf ihre Finanzlagen zu einigen und auch der SPD Angebote zu machen, weil sie die SPD für eine Mehrheitsbildung im Deutschen Bundestag braucht.“ Daher wundere er sich über das zeitliche Management. Ursprünglich sollte Merkels Prestigeprojekt bis zur Sommerpause verabschiedet werden. Er rechne mit Verhandlungen den ganzen Juni hindurch
+++ SPD lässt beim Thema Fiskalpakt die Muskeln spielen +++
Unmittelbar vor dem Treffen forderte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin einen Einstieg in gemeinsam ausgegebene Euro-Anleihen. Merkels dogmatisches Nein zu gemeinsamen Euro-Bonds "blockiert die Beendigung der Krise“, sagte Trittin der „Rheinischen Post“. Die Kanzlerin müsse ihren finanzpolitischen Kurs korrigieren. "Ohne Zustimmung der Grünen in Bundesrat und Bundestag wird der Fiskalpakt nicht ratifiziert“, drohte Trittin.
Notwendig sei ein Schuldentilgungspakt als Schritt hin zu gemeinsamen Anleihen. "Der Schuldentilgungspakt verbindet intelligent die Vorteile niedriger Zinsen durch gemeinsame europäische Anleihen mit Abbau von Schulden. Die gemeinsame Haftung wäre in der Höhe und zeitlich begrenzt.“ (dpa)