Gegner von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück schlagen nun Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit als Kandidat gegen Angela Merkel vor.
Berlin. Fragte man Peer Steinbrück vor einem Jahr nach seinen politischen Ambitionen, bekam man zu hören: "Ich bin 63." Das war natürlich keine wirkliche Antwort, funktionierte aber als Nebelwerfer ganz gut. Bis zum Sonntag. Da sagte der ehemalige Bundesfinanzminister im Gespräch mit dem Hessischen Rundfunk zu einer möglichen SPD-Kanzlerkandidatur 2013 plötzlich: "Der Zeitpunkt wird kommen, wo ich mich in Absprache mit zwei oder drei Führungspersönlichkeiten der SPD darüber zusammensetze." Steinbrücks Nachsatz, dass er eine Kandidaten-Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt aber "für völlig falsch" halte, ging in der folgende Aufregung unter.
Die Medien, die sich der sogenannten K-Frage immer gerne zuwenden, haben das Thema zwar schnell aufgegriffen, aber in erster Linie liegt es an der SPD selbst, dass die Partei den Geist nicht in die Flasche zurückgestopft bekommt.
Vor allem der linke Flügel um Generalsekretärin Andrea Nahles scheint in heller Aufregung zu sein. Nahles selbst hat den Ton am Montag vorgegeben, als sie verärgert erklärte, "Selbstausrufungen" seien in einer modernen demokratischen Partei wie der SPD aus der Mode gekommen. Linken-Sprecher Björn Böhning sekundierte ihr mit der Bemerkung, "Debatten um Kanzlerkandidaten" bewegten nur die Zeitungen und nicht die Menschen, Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner erklärte aufgeregt, aus seiner Sicht seien Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Hannelore Kraft geeignete Kanzlerkandidaten.
Je mehr sich die Parteilinke in Rage bringt, umso weniger sehen sich die Konservativen in der SPD veranlasst, mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten. Aus dem gewichtigen konservativen Seeheimer Kreis heißt es, Steinbrück sei ein starkes Aushängeschild, über das sich "jeder in der SPD" freuen solle. Am Mittwoch brach dann auch noch Gerhard Schröder öffentlich eine Lanze für seinen einstigen Finanzminister. "Steinbrück wäre ein sehr, sehr guter Kandidat", sagte Gerhard Schröder einer Nachrichtenagentur. Davon abgesehen sei es jedoch Sache von Parteichef Sigmar Gabriel, den Bewerber vorzuschlagen, den er für richtig halte. Ob es eine gute Idee wäre, wenn Gabriel seinen eigenen Hut in den Ring werfen würde, bleibt dahingestellt.
Laut einer aktuellen Umfrage, die Forsa im Auftrag der Zeitschrift "Cicero" gemacht hat, könnte Gabriel zurzeit jedenfalls nur mit geringem Zuspruch für eine eigene Kanzlerkandidatur rechnen: Lediglich 13 Prozent der Befragten sprechen sich für ihn aus. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der 2009 als SPD-Kanzlerkandidat angetreten war, liegt mit 37 Prozent weit vorne, Steinbrück rangiert mit 26 Prozent auf Platz zwei. Das hat "Cicero" nicht davon abgehalten, rhetorisch zu titeln: "Wer, wenn nicht Peer?" Dazu zeigt das Magazin den inzwischen 64-jährigen Hamburger in Admiralsuniform.
Während Parteichef Gabriel verkündet hat, dass er in der K-Frage "irgendwann" einen Vorschlag machen werde - "So lange müssen sich alle gedulden!" -, fährt die Parteilinke mit ihrer Steinbrück-Verhinderungsstrategie fort. Der Bundestagsabgeordnete Swen Schulz forderte, Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Fall seiner Wiederwahl im Herbst zum Frontmann zu machen. "Wenn er zum dritten Mal ein starkes Ergebnis erzielt, ist er der SPD-Kanzlerkandidat Nummer eins", sagte Schulz der "B.Z.". Einer wie Wowereit könne "am besten" deutlich machen "dass er für eine andere Politik jenseits von CDU und FDP steht".