Hamburg/Berlin/Brüssel/Athen. Griechenland will Euro-Partner um Hilfsprogramm bitten. Brite plant Griechenland-Rettung per Crowdfunding. Varoufakis stößt Drohung aus.
Die Finanzkrise in Griechenland spitzt sich zu. Seit Montag bleiben sämtliche Banken im Land sowie die Börse in Athen vorerst geschlossen - ein bislang einmaliger Schritt in dem Euroland.
Die am Dienstag fälligen Juni-Raten an den Internationalen Währungsfonds (IWF) will Griechenland nicht zahlen. Das bestätigte Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montagabend in einem Interview des griechischen Staatsfernsehens. Die Zahlung werde nicht erfolgen, wenn es nicht über Nacht noch eine Einigung mit den internationalen Gläubigern gebe.
Am 30. Juni läuft das Hilfsprogramm der EU für Griechenland aus, nachdem die linke Regierung die Reformforderungen der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF abgelehnt hatte.
Leitartikel: Sonderfall Griechenland
Griechenland sollte an diesem Dienstag eine fällige Rate von 1,54 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Der IWF hatte Athen bereits zugestanden, eigentlich früher fällige Beträge gebündelt am Ende des Monats zurückzuzahlen. Der IWF in Washington wollte den Ausfall am Montagabend nicht kommentieren.
Mit der Bitte um Verlängerung des auslaufenden Hilfsprogramms ist Griechenland bei der EU derweil auf taube Ohren gestoßen.
Die Staats- und Regierungschefs seien gegen die Verlängerung des am Dienstag endenden Programms, schrieb Gipfelchef Donald Tusk am Montag an Tsipras, wie in Brüssel bestätigt wurde. Die Finanzminister der Euro-Staaten hatten eine solche Verlängerung bereits am Sonnabend zurückgewiesen.
Hamburgs Griechen: „Viele haben zu Hause nichts mehr zu verlieren“
Tusk wies demnach darauf hin, dass Griechenland neue Hilfen beantragen könne. Ein erneutes Spitzentreffen der Staats- und Regierungschefs der Staaten mit der Euro-Währung ist den Informationen zufolge nicht vorgesehen.
Die nächsten Termine in der Grexit-Frage
Abendblatt.de hält Sie in der Grexit-Frage auf dem Laufenden:
Rückzahlungsfrist: Athen bittet IWF um Verlängerung
22.10 Uhr: Die Regierung Griechenlands hat den Internationalen Währungsfonds (IWF) um eine Verlängerung der Frist gebeten, um die fälligen Kredite zurückzuzahlen. Am Dienstagabend sagte der für Wirtschaft und Finanzen zuständige Vize-Regierungschef Giannis Dragasakis im griechischen TV, Athen habe um eine Fristverlängerung bis November gebeten.
EZB berät erneut über Nothilfen für griechische Banken
20.24 Uhr: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Worten des österreichischen Notenbankchefs Ewald Nowotny an diesem Mittwoch erneut über die Nothilfen für griechische Banken diskutieren. Zugleich äußerte das EZB-Ratsmitglied am Dienstag in Wien scharfe Kritik an den Verantwortlichen in der griechischen Regierung. Seiner Einschätzung nach hätten sie bei den Verhandlungen zu einer möglichen Verlängerung des zweiten Hilfsprogramms für Griechenland „Poker“ gespielt.
Am Sonntag hatte die Notenbank die Notkredite für Griechenlands Banken auf dem aktuellen Niveau von rund 90 Milliarden Euro vorerst eingefroren. Als Folge haben die Geldhäuser des von der Pleite bedrohten Landes seit Montag geschlossen.
Griechenland stellt bei IWF Antrag auf Zahlungsaufschub
20.08 Uhr: Griechenland stellt nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung beim Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Antrag auf Zahlungsaufschub. Die Rückzahlung von 1,54 Milliarden Euro - die an diesem Dienstag fällig ist - solle verschoben werden, berichtet das Blatt. Gleichzeitig habe die Regierung in Athen klargemacht, dass sie grundsätzlich die fälligen IWF-Kredite bediene wolle. Der IWF wollte dazu am Dienstag keine Stellung nehmen. „Kein Kommentar“, sagte ein Sprecher.
+++ Lesen Sie hier einen Kommentar von Matthias Iken zur Griechenland-Krise +++
Griechenland beantragt 29 Milliarden Euro Kredit bis 2017
19.23 Uhr: Die griechische Regierung hat bei den Europartnern einen zweijährigen Kredit in Höhe von rund 29 Milliarden Euro beantragt. Diese Summe solle ausschließlich zur Ablösung fälliger griechischer Schulden im Zeitraum 2015 bis 2017 verwendet werden, heißt es in dem Brief an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Neben dieser neuen Finanzhilfe aus dem Euro-Hilfsfonds ESM bittet Ministerpräsident Alexis Tsipras darum, dass die bisherigen Schulden beim früheren Rettungsfonds EFSF restrukturiert werden. Diese Schulden sind in der Summe von 29 Milliarden Euro nicht enthalten, weil sie erst in späteren Jahren fällig werden. Ferner strebt Athen eine Brückenfinanzierung an: „Bis der Hilfskredit bewilligt und in Kraft ist, bittet Griechenland um eine Verlängerung des (bestehenden) Programms für einen kurzen Zeitraum, um sicherzustellen, dass keine technische Zahlungsunfähigkeit ausgelöst wird.“
Bundestag debattiert über Griechenland
19.02 Uhr: Der Bundestag debattiert am Mittwoch (13.00 Uhr) in einer Sondersitzung über die Lage in Griechenland. Neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprechen. In der Nacht läuft das Hilfsprogramm für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland ab, nachdem sich die Geldgeber und Athen nicht auf die Bedingungen für eine Verlängerung einigen konnten. Am Sonntag soll sich die griechische Bevölkerung in einem Referendum für oder gegen das Angebot der Geldgeber entscheiden.
Banken öffnen für Rentner
17.29 Uhr: Die wegen Kapitalengpässen in Griechenland geschlossenen Banken öffnen von Mittwoch bis Freitag für Rentner und Pensionäre. Betroffene, die in vielen Fällen keine EC- oder Kreditkarten haben, mit denen sie derzeit an den Automaten Geld abheben könnten, sollen so an begrenzte Mengen Bargeld kommen. Im ganzen Land verteilt sollen Geldinstitute öffnen, teilte das Finanzministerium am Dienstag mit. Es korrigierte damit Meldungen griechischer Medien, die unter Berufung auf die Regierung von Bankenöffnungen nur am Donnerstag berichtet hatten.
Nach der Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom Wochenende, Notkredite für Griechenland einzufrieren, bleiben die Banken in Griechenland voraussichtlich bis mindestens 6. Juli geschlossen. An den Automaten können die Menschen derzeit maximal 60 Euro pro Tag abheben.
Brite will Griechenland per Crowdfunding retten
17.10 Uhr: Bei all den ernsten Nachrichten rund um das Griechenland-Drama kann man die Krise auch mit Humor nehmen - und zwar mit britischem: So ist der Engländer Thom Feeney mittlerweile so gelangweilt und genervt von Grexit und Co., dass er spontan zur Lösung per Crowdfunding aufruft. "Warum regeln wir das nicht selbst", fragt Feeney bei Indiegogo und rechnet vor: "503 Millionen Menschen leben in der Europäischen Union. Wenn jeder von uns nur ein paar Euro beisteuert, ist Griechenland bald wieder in der Spur." So käme die Rate über 1,6 Milliarden Euro, die Griechenland eigentlich zum 30. Juni leisten muss, schnell zusammen. Übrigens: Wer 3 Euro spendet, bekommt eine Postkarte mit Alexis Tsipras' Gesicht darauf. Wer 25 Euro spendet, erhält eine Flasche griechischen Wein. Besonders großzügige Spender bekommen ab 5000 Euro eine Reise für zwei Personen nach Athen. Mehr als 11.000 Leute haben Feeney in seinem Vorhaben bereits unterstützt (Stand: 30. Juni, 17 Uhr) - auf dem Konto stehen schon 182.747 Euro.
Merkel: Keine Antrags-Beratung vor griechischem Referendum möglich
17 Uhr: Deutschland lehnt Verhandlungen über einen neuen griechischen Vorschlag zur Lösung der Schuldenkrise zum jetzigen Zeitpunkt ab. "Vor einem Referendum kann von deutscher Seite aus kein neuer Antrag beraten werden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag in der Fraktionssitzung der Union. Zuvor hatte Griechenland einen neuen Antrag eingereicht.
Eurogruppe will über Hilfsgesuch debattieren - Merkel berät sich mit Gabriel
16.36 Uhr: Die Eurogruppe will am Dienstag (19.00 Uhr) in einer Telefonkonferenz über das neue griechische Hilfsgesuch debattieren. Das teilte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach der überraschenden Bitte unterdessen spontan mit der SPD-Spitze über die neue Lage beraten. Am Rande der Fraktionssitzungen im Reichstag zog sich Merkel am Dienstagnachmittag für knapp zehn Minuten zu einem Gespräch mit SPD-Chef Sigmar Gabriel, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) zurück. Zu den Inhalten wurde zunächst nichts bekannt.
Bloomberg: Griechenland bittet um neues Hilfsprogramm
15.47 Uhr: Die griechische Regierung will seine Euro-Partner um ein drittes Hilfsprogramm bitten. Wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf ein Statement des Büros von Minsterpräsident Alexis Tsipras meldet, soll ein zweijähriges Programm unter dem Euro-Hilfsfonds ESM beantragt werden.
Varoufakis: Zahlen IWF-Rate nicht
14.18 Uhr: Griechenland wird die am Dienstag fällige Rate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zurückzahlen. Auf die Frage, ob Griechenland die Zahlung in Höhe von knapp 1,6 Milliarden Euro fristgerecht zum 30. Juni leisten werde, antwortete Finanzminister Gianis Varoufakis am Dienstag in Athen mit einem „Nein“, wie griechische Medien berichteten. Er hoffe dennoch, dass es eine Einigung geben werde. „Wir wollen im Euro bleiben, aber mit einer Regelung, mit der wir leben können“, sagte er weiter.
EU-Kommission drängt Athen zur Annahme des Angebots
13.11 Uhr: Die EU-Kommission drängt Athen, das Angebot der Geldgeber für ein Sparpaket in letzter Minute anzunehmen. Die griechische Regierung müsse zudem für ein „Ja“ beim Referendum werben, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel und bestätigte damit offiziell das Brüsseler Last-Minute-Angebot. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe dazu am Montagabend mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras telefoniert. Das Paket werde von 35 Milliarden Euro EU-Geldern für Wachstum und Jobs begleitet.
Tsipras sieht EU-Vorschlag negativ
11.55 Uhr: Nach dem neuen Vermittlungsangebot aus Brüssel im Streit zwischen Athen und den Geldgebern (siehe Meldung von 10.24 Uhr) hat die griechische Regierung eine Pressekonferenz verschoben. Es wurde erwartet, dass sich der Regierungssprecher am Nachmittag zum Vorschlag der EU äußert. Griechische Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, Ministerpräsident Alexis Tsipras sehe den Vorschlag negativ.
Aus EU-Kreisen hatte es geheißen, falls der griechische Premier Alexis Tsipras noch am Dienstag das Angebot der Geldgeber für ein Sparpaket annehme und für ein „Ja“ beim Referendum werbe, könnte der Weg für ein weiteres Euro-Finanzministertreffen geebnet werden. Am kommenden Sonntag sollen die Griechen über das von den Geldgebern verlangte Sparpaket abstimmen.
Costa Cordalis glaubt an starke Landsleute
11.51 Uhr: Der Musiker Costa Cordalis wirbt für den Erhalt der deutsch-griechischen Freundschaft trotz der derzeitigen Spannungen zwischen Brüssel und Athen. "Die Griechen und die Deutschen brauchen einander, sie sind starke Partner", sagte Cordalis der Zeitschrift "tina". "Das Band der Freundschaft, das unsere beiden Völker verbindet, darf nicht zerreißen."
Cordalis, der selbst griechische Wurzeln hat, ist davon überzeugt, dass Griechenland nicht untergehe, auch wenn die Bürger momentan sehr verzweifelt seien. "Meine Landsleute lassen sich nicht unterkriegen, sie werden auch das schaffen, hundertprozentig", so der Sänger. Dazu gehöre viel Glaube, Disziplin und Einsatz. Eigenschaften, die "sich auch die Griechen wieder zu Herzen nehmen sollten".
Rentner dürfen 240 Euro abheben
11.36 Uhr: Die Banken-Öffnungspläne für Rentner konkretisieren sich (siehe Meldung von 8.55 Uhr): Wie griechische Medien berichten, öffnen die wegen Kapitalengpässen geschlossenen Banken am Donnerstag für Rentner und Pensionäre. Betroffene, die in vielen Fällen keine EC- oder Kreditkarten haben, mit denen sie derzeit an den Automaten Geld abheben könnten, sollen so bis zu 240 Euro bekommen können. Im ganzen Land verteilt sollen Geldinstitute öffnen, berichteten griechische Medien. Nach der Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom Wochenende, Notkredite für Griechenland einzufrieren, bleiben die Banken in Griechenland voraussichtlich bis mindestens 6. Juli geschlossen. An den Automaten können die Menschen derzeit maximal 60 Euro pro Tag abheben.
Auch griechische Fußball-Profis bangen
11.28 Uhr: Im Zuge der Griechenland-Krise bangen die ausländischen Fußballer in der Super League um den Wert ihres Gehalts. Wie die Sportzeitung Daily Goal News berichtet, haben sich mit Blick auf den möglichen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone bereits mehrere Spielerberater bei den Vereinen gemeldet und eine Vertragsklausel gefordert, die eine Weiterbezahlung in Euro garantiert.
Die Profis fürchten bei einer neuen Währung in Griechenland eine massive Entwertung ihres Gehalts, sollte es von der Umstellung betroffen sein. Die Berater sollen zudem die Überweisung der Gelder auf ausländische Konten gefordert haben.
Fitch stuft griechische Großbanken herunter
11.10 Uhr: Die Ratingagentur Fitch senkt wegen der Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland den Daumen über die vier großen Banken des Landes. Fitch bewertet die Folgen für die Kreditwürdigkeit der Institute als teilweisen Zahlungsausfall („Restricted Default/RD“), wie die Bonitätsprüfer am späten Montagabend mitteilten. Betroffen sind die National Bank of Greece, die Piraeus Bank, die Eurobank Ergasias und die Alpha Bank.
Die Banken in Griechenland sind seit Montag geschlossen. Die Bürger können seither täglich nur maximal 60 Euro am Geldautomat abheben. Regierungschef Alexis Tsipras hatte die Schließung der Institute und die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen am Wochenende angekündigt. Zuvor hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die ohnehin angespannte Lage der Geldhäuser verschärft. Die Kapitalkontrollen sollen das Finanzsystem des von der Pleite bedrohten Landes stabilisieren.
EZB-Direktor hält Grexit für möglich
10.41 Uhr: EZB-Direktor Benoît Coeuré hält ein Ausscheiden Athens aus dem Euro für möglich. „Der Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, der bis jetzt ein theoretischer Gegenstand war, kann leider nicht mehr ausgeschlossen werden“, sagte das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank in einem Interview der Pariser Wirtschaftszeitung „Les Échos“. Dies sei das Ergebnis der Entscheidung der griechischen Regierung, die Diskussionen mit den Gläubigern einzustellen und ein Referendum abzuhalten.
„Der Wunsch der EZB wie der anderen europäischen Autoritäten ist es, dass Griechenland in der Eurozone bleibt“, sagte Coeuré. Zwar laufe das Hilfsprogramm formal am Dienstagabend aus. Doch falls die Griechen am Sonntag mit Ja stimmten, „habe ich keinen Zweifel, dass die Autoritäten der Eurozone in der einen oder anderen Form die Mittel finden werden, um ihre Zusagen zu halten“.
Ein Nein wäre nach Ansicht des Franzosen dagegen eine Zurückweisung des Angebots der 18 anderen Euro-Länder. „Es wäre dann sehr schwer, wieder einen politischen Dialog aufzunehmen.“
Özdemir: "Zahlen tun wir so oder so"
10.33 Uhr: Der Grünen-Chef Cem Özdemir hat noch einmal darauf hingewiesen, dass Griechenland selbst im Falle eines Euro-Austritts Mitglied der EU bleibt - und sieht daher Deutschland auch weiter in der Pflicht gegenüber Hellas. „Zahlen tun wir so oder so. Da darf man nicht die Unwahrheit sagen. Wenn Griechenland aus der Eurozone rausfliegt und wir eine Verelendung in Griechenland haben, dann reden wir nicht über ein Land irgendwo weit weg, sondern dann reden wir über ein Mitgliedsland der EU, das verelendet", sagte Özdemir im Fernsehsender N-TV.
Brüssel mit letztem Vermittlungsversuch
10.24 Uhr: Brüssel startet in letzter Minute noch einmal einen Vermittlungsversuch. Falls Tsipras noch heute das Angebot der Geldgeber für ein Sparpaket annehme und für ein „Ja“ beim Referendum werbe, könnte der Weg für ein weiteres Euro-Finanzministertreffen geebnet werden, hieß es aus EU-Kreisen.
Die Zusicherung von Tsipras zum Sparpaket müsse an die Präsidenten der EU-Kommission und der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker und Jeroen Dijsselbloem, sowie an Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen Staatspräsidenten François Hollande gehen, hieß es. Die griechischen Regierungsvertreter hatten die Verhandlungen über das Paket am vergangenen Freitag unmittelbar vor der Ankündigung der Volksabstimmung verlassen.
Juncker hatte am Montag gesagt, die Beteiligten steckten nicht „endgültig in einer Sackgasse“. Der Kommissionschef habe Tsipras telefonisch einen möglichen Ablauf für eine Lösung erläutert. Ob der Linkspolitiker die Offerte annehmen will, blieb offen. In der Nacht zum Mittwoch läuft das Hilfsprogramm für Griechenland auf europäischer Seite aus. Noch bereitstehende Milliardenhilfen für Athen verfallen deshalb.
Dax verliert weiter
10.16 Uhr: Nach dem turbulenten Wochenauftakt hat der Dax am Dienstag weiter verloren. Das Auslaufen des internationalen Hilfsprogramms für Griechenland und massive Kursverluste an der Wall Street hielten die Anleger in Atem.
In der ersten Handelsstunde sank der deutsche Leitindex um 1,00 Prozent auf 10 972,21 Punkte. Bereits tags zuvor war er nach der überraschenden Eskalation der Griechenland-Krise um gut 3,5 Prozent abgerutscht. „Bis zum Referendum gibt es aktuell keinen Grund für nennenswerte Anstiege“, sagte ein Börsianer mit Blick auf die Unsicherheit vor der am Wochenende erwarteten Volksabstimmung in Griechenland.
Der MDax der mittelgroßen Werte verlor am Dienstag 0,99 Prozent auf 19 611,79 Punkte und der Technologiewerte-Index TecDax sank um 0,76 Prozent auf 1635,27 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 fiel um fast 1 Prozent zurück.
SOS-Kinderdörfer schlagen Alarm
10.07 Uhr: Die SOS-Kinderdörfer warnen vor einer weiteren Destabilisierung Griechelands durch einen Grexit. "Der Grexit ist jetzt kein fernes Szenario mehr, sondern womöglich nahende Zukunft. Das wird die soziale Not in Griechenland drastisch verschlimmern", sagt der Leiter der SOS-Kinderdörfer in Griechenland, George Protopapas. Seine Vorhersage: Immer mehr Familien werden auseinanderbrechen, weil sie dem Druck von Langzeitarbeitslosigkeit und Armut nicht standhalten können. Mehr Kinder werden verlassen oder Vernachlässigungen ausgesetzt sein.
Bereits jetzt suchten viele tausend Familien Hilfe bei den SOS-Kinderdörfern. "Immer mehr Eltern wollen ihre Kinder bei uns abgeben, da sie sie nicht mehr ernähren können", sagt Protopapas. "Hier gilt es, die Familien zu unterstützen." Seit Beginn der Krise 2011 habe sich die Zahl der von den SOS-Kinderdörfern unterstützten verarmten Familien um das 50-fache erhöht. "Und dennoch haben wir lange Wartelisten", erklärt Protopapas.
Söder erneuert Grexit-Plädoyer
9.34 Uhr: Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) hat sich erneut für ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone stark gemacht. „Ich glaube, dass am Ende ein sauber vorbereiteter und vernünftig organisierter "Grexit" der bessere Weg wäre“, sagte Söder im Deutschlandfunk.
Söder kritisierte zudem das Verhalten des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Bezug auf das geplante Referendum. „Er überlegt zurückzutreten, er sagt seinem Volk, sie sollen unbedingt dagegen stimmen und glaubt, dass es nach einem Nein bessere Verhandlungsoptionen sind. Das Ganze ist so tief unseriös, dass man sagen kann, hier spielt einer mit Europa, aber vor allem mit seinem eigenen Volk.“
Tsipras hatte seine politische Zukunft mit Ausgang der Volksabstimmung über den Spar- und Reformkurs verbunden. Wenn bei dem Referendum ein „Ja“ herauskomme, „bin ich nicht für alle Zeiten Ministerpräsident“, sagte er am Montagabend in einem Interview des staatlichen Fernsehens.
Banken öffnen für griechische Rentner
8.55 Uhr: Das griechische Finanzministerium will den Rentnern ermöglichen, ab Mittwoch vorübergehend Geld auch ohne Geldkarte zu holen. Dafür sollen bis Freitag zunächst 1000 Bankfilialen öffnen, wie das Ministerium mitteilte. Ein Großteil der Renten in Griechenland werden in bar ausgezahlt. Eigentlich sollen die Banken bis kommenden Montag geschlossen bleiben und an Geldautomaten bis dahin täglich nicht mehr als 60 Euro ausgegeben werden.
Eurokurs sinkt unter 1,12 US-Dollar
8.27 Uhr: Der Euro hat am Dienstag im frühen Handel einen Teil seiner Vortagesgewinne abgegeben und ist unter die Marke von 1,12 US-Dollar gefallen. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am Morgen mit 1,1187 Dollar gehandelt. Das ist rund ein halber Cent weniger als noch im frühen asiatischen Handel. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Montag noch auf 1,1133 (Freitag: 1,1202) US-Dollar festgesetzt.
Insgesamt hat die dramatische Entwicklung in Griechenland am Wochenende den Eurokurs nicht nachhaltig belastet. Der Kurs liegt aktuell sogar etwas über dem Niveau vom Freitagabend.
„Während sich die Lage in Griechenland zuspitzt, zeigt sich der Devisenmarkt weiterhin gelassen“, schreibt die Commerzbank in einem Kommentar. „Die Lorbeeren gehören der EZB, die mit ihrem Versprechen, dass sie all ihre Instrumente nutzen würde, um Ansteckungseffekte einzudämmen, Spekulationen binnen kurzer Zeit den Garaus gemacht hat.“ Im weiteren Handelsverlauf könnten noch die Verbraucherpreise aus der Eurozone für Juni den Devisenmarkt bewegen.
Varoufakis droht mit Klage gegen EU
6.37 Uhr: Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis hat im Falle eines Ausschlusses aus dem Euro mit einem juristischen Vorgehen seines Landes gegen EU-Institutionen gedroht. „Die EU-Verträge haben keine Regelung für einen Ausstieg aus dem Euro, und wir weigern uns, diesen zu akzeptieren“, sagte Varoufakis der britischen Zeitung „Daily Telegraph“.
Griechenlands Mitgliedschaft sei nicht verhandelbar. Die Regierung in Athen lasse sich derzeit beraten und ziehe nötigenfalls eine gerichtliche Verfügung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Institutionen in Erwägung. Die Regierung werde von all ihren Rechten Gebrauch machen, betonte Varoufakis.
Chronologie der Griechenland-Krise
Grüne fordern neue Verhandlungen mit Griechenland
6.24 Uhr: Kurz vor Ablauf des Hilfsprogramms für Griechenland an diesem Dienstag haben die Grünen die Euro-Länder und die Athener Regierung zu neuen Verhandlungen aufgefordert. Die Geldgeber und die griechische Regierung hätten am Ende nur noch um 400 Millionen Euro auseinandergelegen, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur. „Es kann nicht sein, dass deswegen die Gefahr eines Euro-Austritts Griechenlands wächst.“ Am Ende würden die Bundesregierung, die Staats- und Regierungschefs der EU sowie die griechische Regierung an dieser historischen Herausforderung gemessen, sagte Hofreiter.
IWF hat keine Sanktionsmöglichkeiten gegen Griechenland
6.20 Uhr: Bis Dienstag Mitternacht Washingtoner Zeit (Mittwoch 6 Uhr MESZ) müsste Griechenland dem Internationalen Währungsfonds (IWF) 1,54 Milliarden Euro überweisen. Sollte das Geld nicht eingehen, wäre Griechenland das erste entwickelte Land, das seine IWF-Schulden nicht pünktlich zahlt. Viel tun dagegen kann IWF-Chefin Christine Lagarde allerdings nicht. „Der IWF hat keine Sanktionsmöglichkeiten für einen solchen Fall“, heißt es.
Dass das Geld gezahlt wird, ist unwahrscheinlich. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte am Montagabend im griechischen Staatsfernsehen, die Zahlung werde nicht erfolgen, wenn es nicht doch noch eine Einigung mit den internationalen Gläubigern gebe.
Sollte es dabei bleiben, muss Lagarde zunächst das Führungsgremium ihrer Organisation unterrichten und den offiziell Zahlungsrückstand feststellen. Allerdings brauche Lagarde nicht sofort zu handeln, wie der IWF-Europaexperte Bruno Silvestre betont. „Sie hat dazu bis zu einem Monat Zeit. Wann Sie das tut, hängt ganz von ihr ab.“ Doch werde dies vermutlich „eher früher als später geschehen“.
Dies könnte nach Ansicht von Finanzexperten in Washington bedeuten, dass der IWF zunächst das Ergebnis des griechischen Referendums am 5. Juli abwarten wolle. Lagarde selbst hatte bereits deutlich gemacht, dass die Tür für weitere Gespräche mit Athen noch nicht vollständig zugeschlagen sei.
Ist der Zahlungsrückstand offiziell festgestellt, bedeutet dies zunächst „lediglich“, dass der IWF der Regierung in Athen keine weitere Kredite mehr gewähren darf. Unklar ist, wie die internationalen Ratingagenturen darauf regieren werden.
Bisher haben lediglich drei Länder IWF-Kredite nicht zurückgezahlt: Somalia, Sudan und Simbabwe. Säumige Zahler gab es dagegen öfter, etwa Argentinien und Peru. (dpa/sid/kna/HA)