Mit dem WM-Titel wurde es nichts, dafür haben die Spanier einen neuen König. Trost finden darin allenfalls die glühendsten Verfechter der Monarchie. Ein schlechtes Omen für Felipe?
Madrid. Spaniens Fußballfans haben ihre rot-gelben Flaggen und Banderolen längst eingerollt. Doch am Morgen nach dem schmerzhaften Aus des WM-Teams sind sie im Zentrum von Madrid wieder tausendfach zu sehen: diesmal zur feierlichen Vereidigung des neuen Königs.
Felipe VI., mit 46 jetzt jüngster Monarch Europas, wirkt gelöst, als er gegen halb elf in Militäruniform vor dem Parlament eintrifft. Er winkt in die Menge, lächelt – an seiner Seite Gattin Letizia (41) im eleganten cremeweißen Kostüm, die Töchter Leonor (8) und Sofía (7). „Viva el rey“, ist auf kleinen Fahnen zu lesen: „Es lebe der König.“
Als der hochgewachsene Monarch das Parlamentsgebäude durch das nur zu besonderen Anlässen geöffnete „Löwentor“ betritt, ist er schon seit mehr als zehn Stunden König von Spanien. Am Abend zuvor hatte sein Vater Juan Carlos im königlichen Palast das Gesetz zu seiner eigenen Abdankung unterzeichnet, um Mitternacht war es in Kraft getreten.
Krone und Zepter liegen im Plenarsaal auf einem Samtkissen bereit. Ein schwarzer Kleintransporter brachte die Symbole der spanischen Monarchie am Morgen unter Polizeischutz zum Parlament. Die Zeremonie ist nüchtern und kurz, so hatte es der Palast in Aussicht gestellt. Es dauert nur eine Viertelstunde, bis der neue König den Eid auf die demokratische Verfassung ablegt.
Letizia lächelt ihm liebevoll zu, nach der Vereidigung eine Umarmung, ein flüchtiger Kuss. In seiner mit Spannung erwarteten Rede beschwört Felipe eine „neue Monarchie für eine neue Zeit“, stellt mehr Bürgernähe in Aussicht und verspricht, er könne „zuhören und verstehen“, aber auch „warnen und raten“. Der neue König gilt als besonnen und geduldig, ein Freund spontaner Entscheidungen ist er nicht.
Um Nähe zum Volk zu demonstrieren, legt das Königspaar den Weg zum Palast bei strahlender Sonne im offenen Rolls-Royce zurück – und setzt sich damit über Sicherheitsexperten hinweg, die geraten hatten, lieber in einer geschlossenen Limousine zu fahren. Stehend winkt der Monarch den Tausenden Schaulustigen am Straßenrand zu. „Felipe, Felipe“, schallt es zurück. „Es lebe der König.“ Die 90 Jahre alte Manuela lächelt: „Felipe ist einfach wunderbar.“ Elena (31) meint: „Ich habe totales Vertrauen zu ihm, als König ist er bestens vorbereitet.“
Im Mercedes hinter ihren Eltern die Töchter Leonor und Sofía, die Kleider gleich geschnitten, doch in unterschiedlichen Farben. Geduldig und diszipliniert haben sie das turbulente Geschehen über sich ergehen lassen, den Hymnen und der Rede ihres Vaters aufmerksam zugehört. Als sich die königliche Familie am Mittag auf dem Balkon des Schlosses zeigt, um den dort Wartenden zuzuwinken, stehen die Mädchen auf kleinen Podesten. Noch ist das Geländer für sie zu hoch.
Noch vor wenigen Jahren war das spanische Königshaus in den Augen des Volkes eine hoch angesehene Institution. Schließlich hatte Juan Carlos die demokratische Wende in Spanien nach der Franco-Diktatur eingeleitet und die Demokratie in ihrer schwersten Stunde beim Putschversuch einiger Militärs 1981 entschlossen verteidigt. Dass er jedoch inmitten der Wirtschaftskrise in Afrika Elefanten jagte, versetzte der Popularität der Monarchen einen ebenso schweren Schlag wie der Finanzskandal um seinen Schwiegersohn Iñaki Urdangarin. Gleichwohl ist die Mehrheit der Spanier Umfragen zufolge für die Monarchie.
„Wir verdanken Juan Carlos soviel“, sagt Francisco Rodríguez Aguado, der am Palast seit Stunden auf den kurzen Auftritt der Familie gewartet hat. „Er hat Spaniens Demokratie gefestigt, auch Felipe wird ein außerordentlicher König sein.“ Weitaus kritischer sieht das Borja Aldama (26), der in einem Hotel der Hauptstadt arbeitet. „Wir müssen für diese Familie so viel Geld bezahlen. Dabei ist der König nur eine Symbolfigur, hat keinerlei Einfluss. Ich bin gegen die Monarchie.“
Ob es Felipe gelingen wird, den durch das frühe und unerwartete Aus bei der Fußball-WM verletzten Nationalstolz seiner Landsleute bald wieder aufzubauen, scheint zumindest in einigen Fällen fraglich. „Die spanische Auswahl hat dasselbe gemacht wie Juan Carlos“, sagt der 50 Jahre alte José Luis. „Sie hat abgedankt.“ Auch dass das Land einen neuen König hat, bereitet ihm keinen Trost: „Ich bin Republikaner.“