Die Abspaltung eines Landesteils würde Kiew empfindlich treffen. Merkel und Hollande verschärfen den Ton gegenüber Putin.

Stralsund/Kiew/Moskau. Deutschland und Frankreich haben eine Stabilisierung der Ukraine gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande pochten am Sonnabend in Stralsund darauf, die Präsidentenwahlen am 25. Mai abzuhalten und drohten anderenfalls mit einer Verschärfung der Sanktionen. Zudem forderten sie Russland auf, die militärische Bedrohung entlang der ukrainischen Grenze zu verringern, und verlangten einen „nationalen Dialog“ zwischen den Konfliktparteien.

Kurz dem Referendum in der Ostukraine über eine Abspaltung vom Rest des Landes hat die Regierung in Kiew erneut einen Dialog angeboten. „Wir haben den Donbass gehört und sind bereit, uns an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagte der prowestliche Übergangspräsident Alexander Turtschinow.

Die Führung wolle Gespräche mit politischen und gesellschaftlichen Vertretern führen, sagte Turtschinow in einer Fernsehsendung. Er schloss jedoch erneut Verhandlungen mit „Terroristen, deren Aufgabe die Zerstörung des Landes ist“, aus.

Zugleich warnte Turtschinow die prorussischen Kräfte in der Ostukraine vor einer Abspaltung der wirtschaftlich starken Gebiete Donezk und Lugansk. „Das wäre ein Schritt in den Abgrund“, sagte der Interimspräsident. „Diejenigen, die eine Unabhängigkeit befürworten, verstehen nicht, dass dies die komplette Zerstörung der Wirtschaft, der sozialen Programme, ja selbst des Lebens eines Großteils der Bevölkerung in diesen Regionen bedeuten würde.“

In Donezk und Lugansk wollen moskautreue Separatisten an diesem Sonntag die Bevölkerung über eine Eigenständigkeit abstimmen lassen.

Derweil hat sich in der südostukrainischen Großstadt Mariupol die Lage nach tödlichen Gefechten zunächst beruhigt. Die Nationalgarde habe sich aus dem Zentrum der Hafenstadt nahe der russischen Grenze zurückgezogen, teilte die Truppe am Sonnabend mit. Es werde alles getan, um die Lage zu stabilisieren.

Am Vortag hatten sich Regierungseinheiten und prorussische Kräfte Schießereien um eine Polizeiwache geliefert, die ausbrannte. Bei den Unruhen wurden nach Angaben der örtlichen Behörden mindestens sieben Menschen getötet und fast 50 verletzt. Innenminister Arsen Awakow sprach von 20 getöteten „Terroristen“. Ein Soldat sei ums Leben gekommen.

Die am Freitagabend in der ostukrainischen Stadt Donezk festgesetzten Mitarbeiter des Roten Kreuzes sind nach Angaben der Hilfsorganisation wieder frei. Ein Team des örtlichen Roten Kreuzes und ein Mitglied des internationalen Roten Kreuzes seien von Unbekannten gefangengenommen worden, doch seien sie alle gegen 2 Uhr morgens (Ortszeit) wieder freigelassen worden, sagte eine Vertreterin der Hilfsorganisation in Kiew. Demnach handelte es sich bei dem ausländischen Mitarbeiter um einen Schweizer.

Ein Sprecher der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“, Kiril Rudenko, hatte kurz zuvor gesagt, die Männer seien am Freitagabend unter Spionageverdacht festgenommen worden, und die Vorwürfe würden noch geprüft.