Studie: Arme Länder leiden besonders unter dem Klimawandel - „Warnsignal” für alle Länder mehr zu tun. Bangladesch vermeldet Erfolge.
Doha. Stürme, Überschwemmungen, Hitzewellen: Wieder haben extreme Wetterbedingungen im vergangenen Jahr Entwicklungs- und Schwellenländer besonders hart getroffen. Wie eine neue Studie der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zeigt, litten 2011 Thailand, Kambodscha und Pakistan am meisten unter dem Klimawandel.
Experten finden immer klarere Belege dafür, dass bestimmte Wetterphänomene Folgen des Klimawandels sind, heißt es im Klima-Risiko-Index, den Germanwatch am Rande der UN-Klimakonferenz in Doha am Dienstag vorstellte. So sei etwa der Rekordsommer 2003 in Europa mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche Folge. „Das Risiko durch den Klimawandel wächst“, sagte Studien-Autor Sven Harmeling.
Unter den Top-Ten der am schwersten betroffenen Länder im Jahr 2011 findet sich als einziges Industrieland die USA (Rang 7). Dort wachse die Wahrnehmung des Klimawandels und dessen Folgen, hatte US-Klimaunterhändler Jonathan Pershing zum Beginn der Verhandlungen in Doha gesagt. „Hurrikan Sandy war ein außergewöhnliches Ereignis. Aber es war nicht das einzige in diesem Sommer.“ Die USA hatte auch mit extremer Trockenheit und verheerenden Waldbränden zu kämpfen. „Die Kombination dieser Ereignisse hat zu einem Wandel in den Köpfen der Amerikaner geführt“, sagte Pershing. Laut dem Bericht kamen in den USA 2011 mehr als 840 Menschen bei extremen Wetterereignissen ums Leben.
Heftiger Monsunregen hatte 2011 in Südostasien dramatische Überschwemmungen ausgelöst: Allein in Thailand starben bei den schwersten Fluten in der Geschichte des Landes nahezu 900 Menschen, heißt es im Bericht. Die Wassermassen haben einen geschätzten Schaden von mehr als 30 Millionen Euro angerichtet. Doch die Klimapolitik des Landes blieb unverändert: Bangkok hat bisher keine konkreten Zusagen zur Minderung klimaschädlicher CO2-Emissionen gemacht. Im Nachbarland Kambodscha hatte es bei Überschwemmungen rund 250 Opfer gegeben. Neben vielen asiatischen Ländern finden sich unter den zehn am stärksten betroffenen auch mehrere lateinamerikanische Staaten.
Der Klima-Risiko-Index basiert maßgeblich auf Daten des Rückversicherers Munich Re und betrachtet vor allem die Todesfälle und Schäden im Verhältnis zur Bevölkerung des jeweiligen Landes und seiner wirtschaftlichen Kraft. Die meisten Toten in absoluten Zahlen hatten die Philippinen (Rang 5) mit 1600 Opfern zu beklagen. Das Risiko, in Entwicklungsländern bei einer Naturkatastrophe zu sterben, ist laut Caritas bis zu 100fach höher als in Industrieländern.
Germanwatch blickt auch auf die Wetterextreme der vergangenen 20 Jahre. Erstmals in der achtjährigen Geschichte des Reports taucht Bangladesch dabei nicht unter den Top-Drei auf, sondern rutscht auf Platz vier. Wesentlicher Grund seien die Bemühungen des armen Landes, sich für Extremwetter zu wappnen: Bangladesch habe Frühwarnsysteme entwickelt, Kindern und Jugendlichen beigebracht, wie sie im Ernstfall reagieren müssen und Notfallpläne für die Evakuierung betroffener Regionen entwickelt, sagte Saleemul Huq, Klimaexperte aus Bangladesch.
Während 1991 noch rund 140 000 Menschen bei einem verheerenden Zyklon in Bangladesch starben, seien bei Katastrophen ähnlichen Ausmaßes in den vergangenen Jahren mit je etwa 3000 Opfern deutlich weniger Menschen ums Leben gekommen.
Insgesamt starben in den vergangenen 20 Jahren mehr als 530 000 Menschen als direkte Folge von nahezu 15 000 Wetterextremen. Nicht eingerechnet sind dabei Erdbeben oder Tsunamis, also Ereignisse, die nicht wetterbedingt und damit nicht im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen. Wie schon im Vorjahr landete Deutschland 2011 auf Platz 46 der Rangliste.