Persönlichkeiten, die nicht aus rivalisierenden Gruppen kommen, sollten die Macht übernehmen, fordert die anti-syrische Zukunftsbewegung.
Istanbul/Beirut. Eine „neutrale Regierung“ soll nach Forderung der Opposition den Libanon aus der Krise führen. Die anti-syrische Zukunftsbewegung des sunnitischen Ex-Premierministers Saad al-Hariri sprach sich am Mittwoch dafür aus, dass Persönlichkeiten, die nicht aus den rivalisierenden Gruppen kommen, künftig die Geschicke des Libanons lenken und für Stabilität und Sicherheit sorgen. Die pro-syrische Regierung wird von der schiitischen Hisbollah dominiert.
Auslöser der aktuellen Regierungskrise war ein Bombenanschlag in einem Christenviertel Beiruts, bei dem am Freitag Geheimdienstchef Wissam al-Hassan getötet wurde. Viele sehen die Verantwortlichen dafür in Damaskus. Nach dem Attentat kam außerdem ans Licht, dass mehrere syrienkritische Parlamentarier per SMS Todesdrohungen aus Syrien erhalten hatten. Al-Hassan war zum Zeitpunkt des Attentats auf dem Weg zu einem dieser Parlamentarier gewesen, um mit ihm über diese Drohungen zu sprechen.
Der Libanon ist in seiner Haltung zum Nachbarland Syrien zutiefst gespalten. In den libanesischen Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 hatte sich das Regime in Damaskus als selbst ernannte Schutzmacht eingeschaltet. Viele Libanesen sahen die Soldaten als Besatzer. Andere – vor allem die Anhänger der Hisbollah – sympathisieren bis heute mit dem Regime von Baschar al-Assad. Sie sehen Damaskus als Verbündeten.
Erst als Regierungschef Rafik al-Hariri, der Vater von Saad al-Hariri, 2005 bei einem Bombenanschlag starb, wurden die syrischen Soldaten mit Massenprotesten aus dem Land gedrängt. An die damalige „Zedernrevolution“ will die Opposition nun anknüpfen und dringt auf einen Rückzug der Regierung.
Wie die libanesische Tageszeitung „Daily Star“ berichtete, kam Präsident Michel Suleiman derweil mit Vertretern der Hisbollah zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Am Wochenende hatte Regierungschef Nadschib Mikati dem Präsidenten seinen Rücktritt angeboten. Aus Furcht vor einem politischen Vakuum bat dieser ihn jedoch, vorläufig im Amt zu bleiben.
Nach der Beerdigung des Geheimdienstchefs am Wochenende war in mehreren Gebieten im Libanon die Gewalt eskaliert. In der nördlichen Stadt Tripoli gab es immer wieder Schießereien rivalisierender Gruppen. Die Armee griff hart durch. Doch die Lage bleibt angespannt.