“Willkommen daheim“: Der US-Präsident findet vor Soldaten bewegende Worte der Hochachtung für deren Einsatz. Aufständische setzen Kampf aber fort
Washington. Mit einer bewegenden Rede hat US-Präsident Barack Obama einen symbolischen Schlussstrich unter den Irak-Krieg gezogen und den Truppen für ihren Einsatz gedankt. "Als Ihr Oberbefehlshaber und im Namen einer dankbaren Nation - und ich weiß, dass Ihre Familien zustimmen - bin ich stolz darauf, endlich diese zwei Worte zu sagen: Willkommen daheim", sagte Obama auf dem Heeresstützpunkt Fort Bragg im Bundesstaat North Carolina. Der Präsident hatte im Oktober angekündigt, dass nach rund neun Jahren Krieg bis zum Jahresende die letzten US-Soldaten aus dem Irak abgezogen werden sollen. Bereits am Montag hatten er und der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki bei einem Treffen im Weißen Haus den Beginn einer neuen Ära der Partnerschaft und Zusammenarbeit beschworen.
Nach dieser eher geschäftsmäßigen Begegnung war Obamas Auftritt vor Heimkehrern in Fort Bragg aber weitaus stärker von Emotionen geprägt. Der Stützpunkt beherbergt unter anderem die 82. Luftlandedivision und Spezialkommandoeinheiten. Allein 55 000 Soldaten aus Fort Bragg waren im Irak im Einsatz, mehr als 200 von ihnen kamen ums Leben. Insgesamt waren mehr als 1,5 Millionen US-Soldaten seit Kriegsbeginn im März 2003 im Irak. Etwa 4500 wurden getötet, mehr als 30 000 verletzt.
+++Anschläge auf Pilger im Irak - 29 Tote+++
+++Amerika will keine Verantwortung mehr für den Irak tragen+++
Obama nannte das Kriegsende in seiner Rede vor Hunderten Soldaten auf der Basis einen "historischen Augenblick für unser Land und unser Militär". Er erinnerte an die großen Opfer, die die Soldaten und deren Familien gebracht hätten. "Irak ist kein perfekter Ort", sagte Obama. "Es liegen Herausforderungen vor ihm." Aber die US-Truppen verließen ein Land, das "souverän und stabil" sei. "Das ist eine außergewöhnliche Errungenschaft."
Der Präsident erinnerte an die vielen "Drehungen und Wendungen" des Krieges. Aber eines sei konstant geblieben: die Hingabe der US-Soldaten, ihre Entschlossenheit, die Mission zu erfüllen. "Ihr Wille hat sich als stärker erwiesen als der Terror jener, die versucht haben, ihn zu brechen", sagte Obama. "Sie haben geholfen, die Weichen in Richtung Frieden zu stellen. Ich könnte nicht stolzer auf Sie sein."
Obama räumte zugleich ein, dass Worte der Anerkennung und des Dankes "billig" seien. Nun sei es an der Zeit, dass sich das Land der Heimkehrer annehme, die ihr Leben im Irak riskiert hätten. Er spielte damit wahrscheinlich unter anderem auf die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit unter Veteranen der Kriege im Irak und in Afghanistan an. Obama erschien mit seiner Ehefrau Michelle zu der Zeremonie. Der Präsident traf fünf Veteranen, die erst kürzlich aus dem Irak zurückgekehrt waren. Er setzte sich auch mit den Hinterbliebenen eines getöteten Soldaten zusammen.
Im Irak rollten Soldaten gestern symbolisch eine amerikanische Militärflagge ein. "Nachdem eine Menge irakisches und amerikanisches Blut vergossen wurde, ist das Ziel eines Iraks in greifbare Nähe gerückt, der sich selbst regieren und für seine Sicherheit sorgen kann", sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta während der Zeremonie. Die USA verlassen ein Land, in dem die Aufständischen zwar geschwächt wurden, ihren Kampf aber fortsetzen. Am Vortag hatten mehrere Tausend Iraker den Abzug in der einst schwer umkämpften Region Falludscha gefeiert. Einige verbrannten US-Flaggen und zeigten Bilder toter Verwandter. Das Land ist während der knapp neun Kriegsjahre zu einem Tummelplatz für Terroristen geworden. Zwar fällt es ihnen nun schwerer, neue Selbstmordattentäter im Ausland zu rekrutieren. Denn viele Attentäter sprengen sich lieber neben einer US-Patrouille in die Luft als neben Marktbesuchern oder Pilgern. Doch der Konflikt zwischen den verschiedenen Ethnien und Religionsgruppen hat sich längst verselbstständigt. Die kleine Minderheit der Christen hat es besonders hart getroffen. Da sie zu den bevorzugten Anschlagzielen gehören, ist die Hälfte von ihnen ins Exil geflüchtet.