Mehr als 800 Menschen fielen Aktionen der Terrorgruppe aus dem Baskenland zum Opfer. Angehörige fordern jetzt endgültiges Aus für die Eta.

Bilbao/Madrid/Frankfurt. Spanien atmet durch: Auf der iberischen Halbinsel ist nach mehr als 40 Jahren ein Ende des Terrors durch die baskische Separatistenorganisation Eta in Sicht, der mehr als 800 Menschen das Leben gekostet hat. Von einer Niederlage im Kampf für ein unabhängiges Baskenland wollte die Eta zwar in ihrer am Donnerstag verbreiteten Erklärung nicht sprechen, drei maskierte Mitglieder der Eta kündigten in einem Video aber an, dass der bewaffnete Kampf beendet werde.

Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero nannte die Erklärung der Eta einen Sieg für die spanische Demokratie. "In diesem Moment denke ich besonders an die baskische Gesellschaft“, erklärte Zapatero, ohne auf einen möglichen Dialog mit der Eta einzugehen. "Ich bin überzeugt, dass wir von jetzt an eine Koexistenz sehen werden, die nicht auf Furcht oder Einschüchterung basiert. Es wird eine völlig freie und friedliche Koexistenz sein.“

Die Eta hatte bereits im Januar einen dauerhaften Waffenstillstand verkündet, aber bislang nicht offiziell der Gewalt abgeschworen. Verhandlungen mit Vertretern der Eta hatte die spanische Regierung in den vergangenen Jahren stets abgelehnt.

Angehörige von Opfern des Eta-Terrors forderten, dass die Gruppe sich nun auflösen und erklären müsse, wo die Waffen und Materialien zum Bau von Bomben sind. Es sei zwar das gehoffte, aber noch nicht das gewünschte Ende, erklärte ein Sprecherin, Angeles Pedraza. Die Opfer wollten ein Ende der Anschläge, aber sie wollten auch, dass die Eta für das bezahle, was sie getan habe. "Wir wollen die totale Niederlage der Eta.“

Die Eta war in den vergangenen Jahren schon erheblich geschwächt worden. So wurden einerseits etliche Mitglieder festgenommen, andererseits ließ die Unterstützung in der Bevölkerung nach. Die Erklärung zum Ende des bewaffneten Kampfes war deshalb auch schon erwartet worden.

Gründung zur Zeit der Franco-Diktatur

Ins Leben gerufen wurde die Eta 1959. Ihr Ziel ist die Unabhängigkeit des Baskenlands in Nordspanien und Südwestfrankreich. Die Abkürzung Eta steht für "Euskadi Ta Azkatasuna“, was in der baskischen Sprache "Das Baskenland und seine Freiheit“ bedeutet.

Nach ihrer Gründung zur Zeit der Franco-Diktatur trat die Eta zunächst für die Bewahrung der vom Militärregime unterdrückten baskischen Kultur ein. Später entwickelte sie sich zu einer terroristischen Gruppe, die ungeachtet der Demokratisierung Spaniens mit Gewalt nach der Unabhängigkeit des Baskenlands strebte. Zu diesem Zweck beging sie Attentate auf ranghohe Vertreter des spanischen Staates und verübte auch Anschläge auf zivile Einrichtungen. Die Zahl der Eta-Mitglieder wurde Anfang der 80er Jahre auf rund 1.000 geschätzt.

Mehr als 800 Menschen fielen seit 1968 dem Eta-Terror zum Opfer, auf den die spanische Bevölkerung mit Empörung und zahlreichen Großdemonstrationen reagierte. Der schwerste Anschlag war eine Autobombenexplosion vor einem Supermarkt in Barcelona im Jahr 1987 mit 21 Todesopfern.

Eine politische Vertretung der Eta, die Partei Herri Batasuna ("Volksgemeinschaft“), wurde 2004 vom Obersten Gerichtshof Spaniens verboten. Es ist das einzige Parteienverbot in dem Land seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975. Zuvor hatte Herri Batasuna regelmäßig rund zwölf Prozent der Wählerstimmen im Baskenland gewonnen.

Schon im März 2006 rief die Eta eine Waffenruhe aus. In geheimen Friedensverhandlungen mit der Regierung in Madrid blieb sie jedoch kompromisslos, die Gespräche scheiterten. Seitdem verübte die Organisation wieder Anschläge.

Die seit 1979 autonome Region Baskenland in Spanien besteht aus den Provinzen Guipuzcoa, Vizcaya und Alava. Mit 7.261 Quadratkilometern ist das spanische Baskenland etwa halb so groß wie Schleswig-Holstein. Es hat rund 2,1 Millionen Einwohner. Auch im Südwesten Frankreichs gibt es ein Baskenland, das nach dem Selbstverständnis der Eta Teil eines unabhängigen baskischen Staates sein müsste.

Eine Chronik der dramatischsten Eta-Ereignisse:

31. Juli 1959: "Euskadi Ta Azkatasuna“ (baskisch: „Das Baskenland und seine Freiheit“) wird von Studenten und Abweichlern der Baskischen Nationalistischen Partei als Untergrundorganisation während der Franco-Diktatur gegründet.

7. Juni 1968: An einem Kontrollpunkt wird ein Mitglied der paramilitärischen Polizei Guardia Civil erschossen. Es ist das erste tödliche Attentat der Eta.

20. Dezember 1973: Bei einem Bombenanschlag in Madrid kommt der damalige spanische Ministerpräsident Admiral Luis Carrero Blanco ums Leben.

12. September 1974: Zwölf Tote bei Bombenanschlag auf ein Café in Madrid. Es ist der erste größere Anschlag der Eta.

1980: Bei einer Serie von Anschlägen kommen das Jahr über insgesamt 91 Menschen ums Leben, fast die Hälfte von ihnen Zivilpersonen.

19. Juni 1987: Der bislang schwerste Anschlag der Eta, eine Autobombenexplosion vor einem Supermarkt in Barcelona, kostet 21 Menschen das Leben.

19. April 1995: Ein Anschlag auf den damaligen konservativen Oppositionsführer und späteren Ministerpräsidenten José Maria Aznar scheitert.

Juli 1997: Entführung und Ermordung eines Kommunalpolitikers, um die Verlegung von inhaftierten Gesinnungsgenossen zu erpressen. Die Bluttat löst eine Welle von Demonstrationen gegen die Eta aus.

März 2003: Der Oberste Gerichtshof in Madrid verbietet den politische Arm der Eta, die baskische Partei Herri Batasuna ("Volksgemeinschaft“).

2004: Mehr als 130 mutmaßliche Eta-Mitglieder werden im Laufe des Jahres verhaftet, darunter der mutmaßliche Anführer Mikel Antza, der in Frankreich festgehalten wird.

22. März 2006: Die Eta verkündet eine permanente Waffenruhe, doch anschließende Verhandlungen mit der Regierung scheitern.

30. Dezember 2006: Die Feuerpause endet mit einem Anschlag auf den Flughafen von Madrid, wobei zwei Menschen getötet werden.

Erste Jahreshälfte 2009: Mehr als ein Dutzend mutmaßliche Eta-Aktivisten werden in Spanien und Frankreich festgenommen, darunter drei mutmaßliche Führungsmitglieder.

19. Juni 2009: Tödlicher Anschlag auf einen an den Ermittlungen gegen die Eta beteiligten Polizisten.

30. Juli 2009: Mindestens zwei Polizisten werden bei einem Bombenanschlag auf Mallorca getötet. (dapd)