Die Hamas entließ Gilad Schalit nach fünf Jahren aus der Geiselhaft. Der israelische Soldat ist in seiner Heimat angekommen - und wohlauf.
Tel Aviv. Um 4.40 Uhr Ortszeit setzten sich die ersten Autos in Bewegung. Im explosivsten Dreieck der Welt begann ein Gefangenenaustausch, wie es ihn noch nicht gegeben hat. Zwischen Israel, Ägypten und dem Gazastreifen, in dem die radikalislamische Hamas herrscht, bewegten sich Fahrzeugkolonnen, überwachten Hubschrauber und Kampfflugzeuge eine gespenstische Szenerie, die am Mittag ein glückliches Ende finden soll. Der vor fünf Jahren im Alter von 20 Jahren entführte israelische Soldat Gilad Schalit kommt frei – im Austausch gegen Hunderte palästinensische Häftlinge, darunter Terroristen und zu lebenslänglich verurteilte Mörder.
Um 8.17 Uhr deutscher Zeit berichtete der israelische Rundfunk: Gilad Schalit soll sich bereits in Ägypten befinden. Er sei im ägyptischen Teil des Rafah-Grenzübergangs. Er solle in Kürze zum Grenzübergang Kerem Schalom nach Israel gebracht werden. Erst das Dementi der Hamas, dann bestätigte es ein Sprecher der Organisation. Doch da gab es noch keine Bestätigung von Israel oder Ägypten. Dann um 8.48 Uhr twitterte ein Sprecher von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: „Gilad Schalit ist nun in ägyptischen Händen."
Im Gegenzug für die Freilassung Schalits sollten zunächst 477 Palästinenser israelische Gefängnisse verlassen. In der Nacht wurden die ersten Gefangenen freigelassen. In einem Fahrzeug waren weibliche Gefangene, von denen die meisten im Westjordanland freikommen sollen. Sie würden von Wachpersonal aus Ägypten begleitet, das die Austauschvereinbarung vermittelt hatte, teilte ein Regierungsvertreter mit.
Um 11.06 Uhr deutscher Zeit dann die Nachricht, auf die Familie Schalit seit gut sechs Jahren gewartet hat: Der freigelassene Soldat Gilad Schalit ist in seine Heimat Israel zurückgekehrt und wohlauf. Dies sagte ein Sprecher des israelischen Heeres am Dienstag. Die Freilassung Schalits ist Teil eines groß angelegten Gefangenenaustauschs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas-Bewegung im Gazastreifen
Insgesamt wird Israel der Vereinbarung zufolge für Schalit schrittweise mehr als 1000 von etwa 6000 palästinensischen Gefangenen freilassen. Die zweite Phase soll offiziellen Angaben zufolge in zwei Monaten abgewickelt werden. Dann sollen die restlichen 550 Palästinenser freigelassen werden. Von den Freigelassenen sollen 30 nach Jordanien, Katar, Syrien sowie in die Türkei ausgeliefert werden.
Schalit geriet 2006 im Grenzgebiet zum Gazastreifen mit seiner Panzerbesatzung in einen Hinterhalt der Hamas und wurde gefangen genommen. Zwei seiner Kameraden wurden getötet. Israel nahm den Zwischenfall zum Anlass für eine massive Militäraktion gegen den Gazastreifen. Außerdem verschärfte das Land die Blockade des von der Hamas beherrschten Küstengebiets. Schalit hat noch eine jüngere Schwester und einen älteren Bruder. Aufgewachsen ist er in Mitzpe Hilla im westlichen Galiläa. Seine Eltern bangten fünf Jahre um ihren Sohn und wähnten ihn bereits tot. Es ist unsicher, in welchem körperlichen und seelischen Zustand er sich befindet. Er hatte sein Abitur mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt an einer Oberschule in einem Kibbuz in Galiläa gemacht, ehe er zur Armee ging. Während seiner Gefangenschaft durfte er drei Briefe, eine Audio- und eine Videobotschaft an seine Familie übermitteln. Aktuelle Fotos werden für diesen Dienstag erwartet. (abendblatt.de/dpa/dapd/rtr)