Höchste Sicherheitsstufe und Zwangs-Umzug für Terrorhelfer. Tonnenschweres Großplakat „Wir sind Papst“ wird in Berlin entrollt.
Berlin. Für den Papst-Besuch in Deutschland in der kommenden Woche gelten höchste Sicherheitsvorkehrungen. So muss sich ein einstiger Terrorhelfer der islamistischen Sauerland-Gruppe von Papst Benedikt XVI. fernhalten und deshalb seinen Wohnort Freiburg verlassen. Das hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht angeordnet, wie ein Gerichtssprecher bekannt gab. Der 26-Jährige Atilla Selek wurde im Juli 2011 nach Verbüßen von zwei Dritteln seiner Strafe auf Bewährung entlassen. Der Beschluss sieht nach OLG-Angaben vor, dass Selek während der fünfjährigen Bewährungszeit seinen festen Wohnsitz in Freiburg hat. Selek war 2007 verhaftet und im März 2010 vor dem OLG Düsseldorf wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Explosionsverbrechens zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Und wenn der Papst am kommenden Donnerstag ins Berliner Olympiastadion fährt, darf nicht aus Fenstern gewinkt werden. Die Fenster von Wohnungen entlang der gesperrten Strecke müssen geschlossen bleiben. „Aus Sicherheitsgründen“, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei. „Sollten Fenster offen stehen, werden wir hingehen und bitten, sie zu schließen.“ Die Berliner Polizei sei mit einem Großaufgebot beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in der Hauptstadt im Einsatz. Genaue Zahlen wurden aber nicht genannt. Benedikt besucht vom 22. bis zum 25. September Deutschland und macht dabei Station in Berlin, Thüringen und Freiburg.
Der Vatikan hat mit Unverständnis auf den angekündigten Boykott der Bundestagsrede Benedikts durch zahlreiche Abgeordnete reagiert. „Die Abgeordneten (...) müssen sich der Wirkung dieser Art von Protest im Ausland bewusst sein“, sagte der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller der „Bild“-Zeitung. „Sie verstärken dadurch das Bild vom „hässlichen Deutschen“, das leider immer noch existiert.“ Als Kurienkardinal arbeitet Brandmüller im Umfeld von Benedikt XVI. im Vatikan. Zuvor hatten bereits mehrere deutsche Bischöfe den von etwa 100 Oppositionsabgeordneten geplanten Boykott der Papstrede am 22. September im Parlament als ungehörig und blamabel kritisiert.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warf nach Angaben eines Sprechers den betreffenden Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken „eine Unfähigkeit zur inhaltlichen Auseinandersetzung“ vor und sprach von einem „geistigen und politischen Armutszeugnis“.
Grünen-Chefin Claudia Roth, die selbst die Rede im Bundestag verfolgen will, äußerte Verständnis für kritische Stimmen zum Papstbesuch. „Das Recht auf freie Meinungsäußerung darf nicht eingeschränkt werden, wenn ein Staatsoberhaupt nach Deutschland kommt, auch nicht, wenn es der Papst ist“, sagte sie der „Berliner Morgenpost“. Roth ergänzte mit Blick auf kritische Themen – wie die Rolle der Frau und die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensformen – es werde dem Papst „mal ganz gut tun, nach Berlin zu kommen und zu spüren, was Realität ist im Jahr 2011“.
Die Kritiker im Bundestag halten die Papstrede im Parlament für unvereinbar mit der religiösen Neutralität des Staates. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) rechnet aber damit, dass der Plenarsaal trotz des angekündigten Boykotts komplett gefüllt sein wird. Auf leeren Abgeordnetenstühlen sollen Ersatzleute Platz nehmen.
Für den Papstbesuch in Deutschland haben sich rund 4000 Journalisten akkreditiert. Das teilte das auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd mit. Allein für die Besuchsstationen Erfurt und Etzelsbach seien 1491 Anmeldungen eingegangen. Aus der Hauptstadt wollen demnach 1772 Journalisten berichten, aus Freiburg immerhin 1352 Mitarbeiter von Presse, Funk und Fernsehen. Die Medienvertreter konnten sich für mehrere Stationen anmelden.
Die „Bild“-Titelseite „Wir sind Papst!“ wird ab Montag großformatig vor den Fassaden des Axel-Springer-Hauses in Berlin hängen. Wie der Axel Springer Verlag mitteilte, soll die Titelseite vom 20. April 2005 in einer Größe von 45 mal 64 Metern bis zum 27. September an beiden Seiten des Neubauflügels zu sehen sein. Nach den Worten von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann war die damalige Titelseite zur Papstwahl „Ausdruck der kollektiven Freude, aber auch der hohen Erwartungen an das Pontifikat des ersten deutschen Papstes seit 500 Jahren“. Mit Blick auf die Aufhängung sprach der Verlag von einer logistischen Herausforderung: Die zwei Planen wiegen je 1235 Kilogramm und sollen jeweils als eine Stoffbahn entrollt werden. (dpa/dapd/epd/KNA/abendblatt.de)