Das BKA habe koptische Christen in Deutschland über Anschlagspläne im Internet informiert. Menschenrechtler fordern Ende der Diskriminierung.
Alexandria. Nach dem Anschlag in Ägypten fürchten koptische Christen in Deutschland, ebenfalls ins Visier von Terroristen zu geraten. Auch koptische Christen hierzulande beklagten eine Bedrohung durch islamischen Terrorismus, sagte der koptische Bischof für Deutschland, Anba Damian, im Bayerischen Rundfunk am Montag. Das Bundeskriminalamt habe koptische Priester darüber informiert, dass im Internet ein Plan im Umlauf sei, dem zufolge in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar Kopten Zielscheibe für neue terroristische Aktivitäten sein könnten, sagte Damian dem Sender. Betroffen sei vor allem Hessen. Auch das Innenministerium sei über die Drohung informiert worden.
Bei einem Anschlag vor einer Kirche in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria wurden in der Nacht zu Neujahr mindestens 21 Menschen getötet und fast 100 verletzt. Der Anschlag hat in Ägypten Krawalle ausgelöst und weltweit Bestürzung hervorgerufen.
Derweil haben deutsche Menschenrechtler vom ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak Konsequenzen gefordert. Mubarak müsse sich stärker für ein Ende der Diskriminierung der Kopten in seinem Land einsetzen, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Montag in Göttingen. Der Regierungschef könne so ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Gewalt setzen, unter der die religiöse Minderheit leide.
„Mit leeren Worten der Anteilnahme werden die Kopten sich nicht beruhigen lassen“, sagte der Afrikareferent der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius. Nach Jahren staatlicher Schikanierung und stillschweigender Duldung von Übergriffen wollten die Christen nun endlich konkrete Taten zur Verbesserung ihrer schwierigen Lage in Ägypten sehen.
+++ Kommentar: Liebe deine Feinde +++
Delius zufolge sollten nicht nur der Bau und die Modernisierung von Kirchen erleichtert werden. Auch die Religionszugehörigkeit sollte nicht länger in amtlichen Papieren vermerkt werden. Anti-christliche Kampagnen in Schulen und Medien sollten unterbunden werden. Zudem müssten die Kopten angemessen im Parlament vertreten sein. Bislang sei die christliche Minderheit im Abgeordnetenhaus durch Vertreter repräsentiert, die von der Regierung „handverlesen sind“, sagte Delius. Mubarak habe nach den Wahlen vom Herbst 2010 sieben Kopten als Parlamentarier ausgewählt. Da sie sich nicht engagiert für die Rechte der Minderheit einsetzten, sei ihre Ernennung jedoch von führenden Vertretern der Kopten kritisiert worden.
Bei dem Anschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria waren in der Silvesternacht mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen, Dutzende wurden verletzt.
In Alexandria kam es am Sonntag zu neuen Zusammenstößen zwischen Kopten und der Polizei. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt. Nach Medienberichten verlangten die Demonstranten in Alexandria und Kairo einen besseren Schutz für Christen in Ägypten. Auch in Assiut – knapp 400 Kilometer südlich von Kairo – hätten etwa 2000 Kopten demonstriert, schrieb die Zeitung „The Daily News Egypt“ online. Sicherheitskräfte hätten mehrere Verdächtige festgenommen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al Dschasira.
Der koptische Klerus sagte aus Trauer über den Anschlag die Feierlichkeiten zum Weihnachtsfest am 7. Januar ab. Die Terrortat wurde weltweit verurteilt – von US-Präsident Barack Obama, der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle und dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Papst Benedikt XVI. forderte beim Neujahrsgottesdienst im Petersdom nachdrücklich Religionsfreiheit überall auf der Welt.
Ohne nähere Erläuterung beschuldigte Ägypten „ausländische Elemente“ als Drahtzieher. Tatsächlich hatte kürzlich eine Gruppe mit Verbindungen zum islamistischen Terrornetz Al-Kaida im Irak den Christen im ganzen Nahen Osten mit Anschlägen gedroht. Die Organisation wirft den Kopten vor, zwei angeblich vom Christentum zum Islam konvertierte Frauen als „Geiseln“ festzuhalten.
Die koptische Kirche widersprach in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung dieser Deutung der Tragödie. „Der Anschlag ist das Ergebnis der anhaltenden konfessionellen Stimmungsmache der letzten Monate“, hieß es darin. Ägyptische Medien hatten den Fall der beiden angeblichen Konvertitinnen oft reißerisch und tendenziös dargestellt. Etwa zehn Prozent der Ägypter sind Christen. Wegen des Baus von Kirchen, Konvertierungen und Landdisputen kommt es immer wieder zu Spannungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen.
Wütende Christen bewarfen nach dem Anschlag eine Moschee in der Nähe mit Steinen. Die Polizei trieb die Menge auseinander. Die St. Markus- und Petri-Kirche ist eines der größten Gotteshäuser der Kopten in Alexandria.
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak rief alle Ägypter, ob Christen oder Muslime, zu Geschlossenheit bei der Bekämpfung des Terrorismus auf. Seine Behörden würden dafür sorgen, dass die Täter aufgespürt würden und „dem Terrorismus der Arm abgehackt“ werde, erklärte Mubarak in einer Fernsehansprache. Auch das amtliche Islam- Institut Al-Azhar und die oppositionelle islamische Moslembruderschaft verurteilten den Anschlag.
(dapd/rtr/dpa)
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Der Bombenanschlag auf Christen in Ägypten hat international Bestürzung hervorgerufen. Papst Benedikt XVI. verurteilte die Tat vor einer Kirche in Alexandria, bei der in der Neujahrsnacht mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen waren. Der Anschlag sei eine "Beleidigung Gottes und der gesamten Menschheit", sagte er. Bei dem Selbstmordanschlag wurden fast 100 Menschen verletzt, mehrere von ihnen schwebten auch gestern noch in Lebensgefahr.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einem "Akt der Brutalität". Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) fordert im Abendblatt: "Muslimische Autoritäten in Kairo und anderswo müssen eindeutig Stellung beziehen gegen jede Form von Gewalt im Namen ihrer Religion."
Das ägyptische Innenministerium erklärte, der Attentäter habe Verbindungen ins Ausland gehabt. Das Terrornetzwerk al-Qaida hatte unlängst zu Anschlägen auf Kirchen der koptischen Christen in Ägypten aufgerufen. Auch in Deutschland fürchten koptische Christen verstärkt um ihre Sicherheit. In der Weihnachtszeit habe es vermehrt Terrordrohungen gegeben, sagte der koptische Bischof in Deutschland, Anba Damian, der "Bild"-Zeitung.