Er ist laut Forbes nicht mehr der mächtigste Mann der Welt und hat keine Mehrheit mehr, auf die er zählen kann. So geht Obama damit um.
Washington. Angesichts des umwälzendsten Machtwechsels im Repräsentantenhaus seit 70 Jahren setzt US-Präsident Barack Obama nun auf konstruktive Diskussion: Am 4. November lud er führende Politiker von Demokraten und Republikanern zu einem klärenden Gespräch ins Weiße Haus ein. Doch der versöhnliche Ton der Demokraten fand bei den Republikanern nicht überall Widerhall.
Obama erklärte nach einer Kabinettssitzung, er wolle eine substanzielle Diskussion über die Lage der Wirtschaft, Steuerkürzungen, die Arbeitslosenversicherung und auch über das Atomwaffenabkommen mit Russland führen. Zu dem Treffen am 18. November lud er den nächsten Präsidenten des Repräsentantenhauses, John Boehner, den Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sowie die derzeitige Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und den Führer der Demokraten im Senat, Harry Reid, ein. McConnell stellte jedoch klar, die Republikaner würden dafür sorgen, dass Obama in zwei Jahren nicht wiedergewählt werde. Der einzige Weg, ihre konservativen Ziele zu erreichen, sei ein anderer Präsident im Weißen Haus.
Die Republikaner kündigten unter anderem an, dass sie nun den Einfluss des Staates zurückdrängen und die von Obama vorangetriebene Gesundheitsreform wieder zurücknehmen wollen. Auch wenn beide Seiten öffentlich ihre Bereitschaft zu Kompromissen bekunden, bleibt unklar, wo es zu einer Zusammenarbeit kommen könnte. Konfliktfelder gibt es dagegen genug. Boehner beanspruchte für seine Partei das Mandat, den Kurs der Regierung zu ändern. "Es ist Zeit für uns, die Ärmel hochzukrempeln und uns an die Arbeit zu machen", sagte er. Seine Partei wolle die staatlichen Ausgabenprogramme zurückschrauben und Arbeitsplätze schaffen.
Obama erklärte, er sei kompromissbereit, werde den Republikanern aber auch entgegentreten, wenn er dies für notwendig halte. "Keine einzelne Partei kann jetzt bestimmen, wo es langgeht", mahnte Obama.
Tatsächlich haben die Republikaner nur im Repräsentantenhaus eine deutliche Mehrheit, mit der sie politische Vorhaben des Präsidenten blockieren können. Dessen Demokraten haben mit mindestens 52 Sitzen weiter die Mehrheit im Senat, zudem gibt es ja auch immer noch das Vetorecht des Präsidenten, mit dem Obama ihm allzu unliebe Vorhaben jederzeit stoppen kann. Und die notwendige Mehrheit, um dieses Veto zu überstimmen, haben die Republikaner nicht.
Die Demokraten konnten noch einen weiteren Senatssitz behaupten, wie am Mittwoch bekannt wurde. Senator Michael Bennett setzte sich in Colorado knapp gegen den von der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung unterstützten Republikaner Ken Buck durch. Zwei Senats-Entscheidungen waren noch offen, die in Alaska und im Staat Washington.
Wahlanalysen zeigten, dass die Demokraten ihre Niederlage vor allem den Senioren über 65 und den Wechselwählern zu verdanken haben. 59 Prozent der älteren Wähler stimmten für die Republikaner, weil sie gegen Obamas Gesundheitsreform sind, mehr als die Hälfte forderten ein Widerrufsgesetz. 49 Prozent von ihnen bezeichnen sich als Anhänger der Tea-Party-Bewegung. Die Wechselwähler erklärten, sie seien generell mit Obamas Amtsführung unzufrieden.
US-Außenministerin Hillary Clinton will sich jetzt für eine rasche Verabschiedung eines Atomwaffenabkommens mit Russland im Senat einsetzen. Die Regierung verfüge über die notwendigen Stimmen, erklärte Clinton am Donnerstag bei einem Besuch in Neuseeland. Sie sprach sich für eine Abstimmung in den kommenden Wochen aus, also bevor der neue Kongress im Januar die Arbeit aufnimmt. Einige Republikaner haben Kritik an dem neuen START-Abkommen mit Russland geäußert. Es sieht eine Reduzierung der strategischen Atomsprengköpfe in beiden Ländern von derzeit rund 2.200 um ein Drittel vor. Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew unterzeichneten den Vertrag im Mai dieses Jahres.