Das Ölunternehmen soll die Freilassung des Lockerbie-Attentäters für Bohrlizenzen gefordert haben. London wies die Berichte halbherzig zurück.
Washington. Der Ölkonzern BP bestimmt seit Monaten die Innenpolitik in den USA. Jetzt überschattet das Londoner Unternehmen, dessen Ölquelle im Golf von Mexiko mit dramatischen Folgen havarierte , die bilaterale Agenda beim Antrittsbesuch des britischen Premiers David Cameron . Nicht nur beim Treffen mit Präsident Barack Obama im Weißen Haus sollte es um BP gehen, sondern auch bei einem Gespräch mit vier Senatoren aus New York und New Jersey.
Im Vorfeld der Visite des konservativen Politikers hatte London eher halbherzig Berichte über die Verstrickung des Ölunternehmens in die Freilassung des Lockerbie-Attentäters Abdelbaset Ali al-Megrahi im August 2009 zurückgewiesen. BP soll die schottischen Behörden seinerzeit zu der Entscheidung gedrängt haben, um vom libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi die Rechte an Ölvorkommen im Wert von rund 900 Millionen US-Dollar zu bekommen.
Der libysche Geheimdienstoffizier al-Megrahi war 2001 wegen des Anschlags auf den PanAm-Flug über dem schottischen Lockerbie zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Opfer kamen überwiegend aus den USA. Die schottischen Behörden begründeten seine Entlassung mit einer Krebserkrankung, die al-Megrahi nur noch drei Monate leben lasse. Doch augenscheinlich erfreut sich der 58-Jährige, der nach Libyen zurückkehrte und von Gaddafi gefeiert wurde, bis heute guter Gesundheit. Cameron hatte seinerzeit als Oppositionsführer die von der britischen Regierung abgesegnete Freilassung kritisiert. Vor seiner US-Visite sagte er: "Ich habe keine Ahnung, was BP tat, ich bin nicht verantwortlich für BP."
Die Regierung in London versichert, mit BP sei damals über eine allgemeine Vereinbarung zum Austausch von Gefangenen mit Libyen gesprochen worden, nicht aber konkret um al-Megrahi. Nachdem auch US-Außenministerin Hillary Clinton eine Untersuchung des Vorgangs fordert, dürfte Cameron nun zu erklären haben, wie viele weitere libysche Häftlinge denn damals im Vereinigten Königreich einsaßen.
Cameron war mit einer Linienmaschine in die USA geflogen. Nach New York, wo er Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon treffen wird, fährt er mit dem Zug. Damit reagiert der erst im Mai ins Amt gelangte Premier auf den öffentlichen Unmut im Königreich über den verschwenderischen Umgang britischer Politiker mit Steuergeldern.
Entwarnung im Golf von Mexiko