Der Angriff der „News of the World“ auf die Handys von Promis weitet sich aus. Premier Cameron ist mit umstrittener Journalistin befreundet.
London/Hamburg. Der Skandal zieht immer weitere Kreise: Das britische Boulevardblatt „News of the World“ von Medienzar Rupert Murdoch hat möglicherweise auch das Handy des Anwalts gehackt, der nach dem Tod von Lady Diana die Familie von deren Lebensgefährten Dodi al-Fayed vertreten hatte. Anwalt Michael Mansfield erklärte, die Polizei habe ihn darüber informiert, dass seine Mailbox-Nachrichten abgehört worden sein könnten. Er stehe laut Scotland Yard auf einer Liste möglicher Opfer des „News of the World“-Skandals, sagte Mansfield. Dem Boulevardblatt wird unter anderem vorgeworfen, die Telefongespräche von Prominenten abgehört und die Handys von Entführungs- und Angehörigen von Anschlagsopfern gehackt zu haben.
Der britische Premierminister David Cameron hat eine umfassende Untersuchung der Abhöraffäre gefordert. Möglicherweise seien mehrere Überprüfungen notwendig, sagte Cameron im Unterhaus, das das Thema am Nachmittag in einer Sonderdebatte behandelte. Die Regierung steht zunehmend unter Druck, den Vorwürfen nachzugehen, Journalisten der Murdoch-Zeitungen hätten nicht nur die Mailbox eines ermordeten zwölfjährigen Mädchens, sondern auch die von Politikern und Anschlagsopfern geknackt und abgehört. Murdoch wies die Vorwürfe als nicht hinnehmbar zurück und stellte sich hinter eine umstrittene Managerin.
Cameron sagte, die Affäre habe die britische Öffentlichkeit aufgebracht. Die oppositionelle Labour-Partei legte Rebekah Brooks den Rücktritt als Chefin der britischen Tageszeitungen von Murdochs Konzern News Corp. nahe. Brooks war zur fraglichen Zeit Redakteurin bei den „News of the World“. Der Konzern selbst erklärte, er begrüße die Forderung nach einer Untersuchung der Praktiken der Branche. Murdoch erklärte aber später: „Jüngste Vorwürfe des Telefon-Hackens und von Zahlungen an die Polizei gegen die ,News of the World’ sind kläglich und unakzeptabel.“ Das Unternehmen habe bei allen Untersuchungen mit der Polizei zusammengearbeitet „und wird das unter Rebekah Brooks Führung fortsetzen“.
Die Debatte ist für Cameron unerfreulich, weil er mit Brooks befreundet ist. Der Premierminister lud Brooks und ihren Mann wiederholt in sein Landhaus ein. Cameron steht darüber hinaus in der Kritik, weil er den früheren „News of the World“-Journalisten Andy Coulson als Kommunikationsdirektor eingestellt hat.
Mittlerweile geht die Polizei Hinweisen nach, Journalisten des Sonntagsblatts könnten Telefonanrufe von Angehörigen der 52 Todesopfer der Bombenanschläge vom 7. Juli 2005 in London abgehört haben. Er sei von der Polizei deswegen angesprochen worden, sagte Graham Foulkes der BBC. Sein Sohn David gehörte zu den Toten. Er habe sich seinerzeit verzweifelt um Informationen über seinen Sohn bemüht und sehr intime Dinge preisgegeben. „Der Gedanke, dass diese Kerle zugehört haben können, graust mich“, sagte Foulkes.
Für den in Australien geborenen Murdoch kommt der Skandal zur Unzeit. Er setzt derzeit alles daran, mit News Corp den britischen Satellitensender BSkyB zu übernehmen. Es ist nicht das erste Mal, dass „News of the World“ Negativschlagzeilen schreibt. Jahrelang scheint das Blatt die Mailboxen von Prominenten, Politikern und Mitgliedern des Königshauses abgehört zu haben. Jüngst kündigte News Corp. an, einigen Opfern – darunter die Schauspielerin Sienna Miller – eine Entschädigung zu zahlen.
Wegen der jüngsten Vorwürfe haben einige Werbekunden Anzeigenaufträge storniert oder denken darüber nach. Andere Unternehmen kündigten jedoch an, auch weiterhin Inserate in Murdochs Zeitungen zu schalten. Die Zeitung soll nach verschiedenen Berichten auch Polizisten geschmiert haben. (dapd/rtr)