Die Bundeskanzlerin zeigt sich besorgt über das gute Abschneiden der französischen Rechtsextremen. Aktien rutschen nach Hollande-Sieg ins Minus.

Paris/Berlin. In Frankreich hat der Wahlkampf für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen. Die beiden Sieger der ersten Abstimmungsrunde am Sonntag, der Sozialist François Hollande und der amtierende konservative Präsident Nicolas Sarkozy, müssen nun die Anhänger der acht ausgeschiedenen Kandidaten überzeugen. In knapp zwei Wochen stehen sie sich in einer Stichwahl gegenüber. Hollande und Sarkozy hatten zusammen knapp 50 Prozent der Stimmen erreicht. Der Sozialist hat mit 28,63 Prozent der Stimmen die Nase vorn. Für Sarkozy stimmten 27,18 Prozent der Wähler. Der erste Sieg François Hollandes hat die Aktienkurse an der Pariser Börse prompt ins Minus geschickt. Zugleich stiegen am Montag die Renditen der französischen Staatsanleihen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält auch nach der Niederlage weiterhin zu Sarkozy.

+++28,63 Prozent: Runde eins geht an den Herausforderer+++

+++Frankreich: Fast jeder Fünfte wählte rechtsextrem+++

Ein enger Berater von Nicolas Sarkozy warnte vor einer wirtschaftlichen Katastrophe. Die Pariser Börse öffnete mit einem Minus. Der wichtige Aktienindex CAC-40 verlor zu Handelsbeginn 1,6 Prozent und notierte mit 3137 Punkten. Die Zinsen für Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stiegen kurz nach Öffnung der Märkte von 3,081 auf 3,102 Prozent. Händler sagten, es handele sich eindeutig um eine Reaktion auf die Aussichten eines Siegs von Hollande im zweiten Wahlgang. Der Sozialist hat unter anderem einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent für Einkommen von mehr als einer Million Euro angekündigt. Zudem will er den Fiskalpakt, mit dem Haushaltsdefizite automatisch bestraft werden können, neu verhandeln.

Sarkozys enger Berater Henri Guaino warnte vor einer neuen Wirtschaftskrise. „Es gibt die große Gefahr, dass wir den Weg der 30er-Jahre noch einmal wiederholen. Mit einer Wirtschaftskrise, die sich zu einer weltweiten sozialen und politischen Krise entwickelt.“ Deswegen müsse Sarkozy im Amt bleiben. „Ja, es gibt die Gefahr, dass das alles in einer Katastrophe endet“, sagte Guaino dazu. Hollande lehnt den Fiskalpakt in der vorliegenden Fassung ab, der auf Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel entstanden ist. Hollande will diesen durch Maßnahmen für mehr Wachstum ergänzen. „Der Sieg ist zum Greifen nahe, aber es ist noch nichts entschieden“, sagte der Wahlkampfleiter Hollandes, Pierre Moscovici, vor Journalisten. Hollande beriet mit engsten Mitarbeitern das weitere Vorgehen.

+++Leitartikel: Sonnenkönig in Not+++

Hollande bekam am Sonntag nach offiziellen Angaben des Innenministeriums 28,63 Prozent der Stimmen, Sarkozy nur 27,18 Prozent. Die Vorsitzende der rechtsextremen Front National (FN), Marine Le Pen, wurde mit 17,9 Prozent dritte. Sie erzielte das bisher beste Ergebnis ihrer Partie bei Präsidentenwahlen. Auf den vierten Platz kam der Linke Jean-Luc Mélenchon mit 11,11 Prozent, fünfter wurde der Zentrist François Bayrou mit 9,13 Prozent.

Kanzlerin Merkel hält auch nach der Niederlage Sarkozys zu dem Amtsinhaber, will aber mit jedem gewählten Staatschef des Nachbarlandes zusammenarbeiten. „Wenn Sie mich fragen, die Bundeskanzlerin unterstützt weiterhin Präsident Sarkozy“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Dass die Regierungschefin aber mit jedem gewählten Präsidenten zusammenarbeiten werde, sei Ausdruck der tiefen Freundschaft beider Völker. Pläne der Kanzlerin für einen Wahlkampfauftritt in Frankreich seien ihm nicht bekannt. Im Kampf gegen die Schuldenkrise hatten Kanzlerin und Präsident eng zusammengearbeitet. Als besorgniserregend bezeichnete Streiter die fast 18 Prozent der Stimmen für die Rechtsextremistin Marine Le Pen.

Auch bei den Gewinnern rief das gute Abschneiden der Front National heftige Reaktionen hervor. „Nicolas Sarkozy hat mit seiner verfehlten Regierung diese Wut-Wahl provoziert“, sagte Hollande. Sarkozy hingegen umgarnte die FN-Wähler mit der Aussage, sie seien von der internationalen Wirtschaftskrise betroffen und dafür habe er „großes Verständnis“. Die FN hat unterdessen ausgeschlossen, mit Nicolas Sarkozy über eine Wahlempfehlung zu verhandeln. „Wir sind die einzige unabhängige Opposition“, sagt der Vizechef der Partei, Louis Aliot, am Montagmorgen dem Radiosender France Info. Hollande und Sarkozy seien aus dem selben Holz geschnitzt und schadeten beide der französischen Nation. Offiziell will sich Chefin Marine Le Pen erst am 1. Mai äußern.

Andere linke Kandidaten haben Sozialist Hollande bereits Unterstützung versprochen. Vor allem Mélenchon, der Kandidat der kommunistisch orientierten Linksfront, forderte seine Anhänger auf, gegen Sarkozy und damit für Hollande zu stimmen. Als Erstplatzierter der ersten Runde hat der Sozialist für die Stichwahl am 6. Mai die Nase klar vorne. Eine am Montag von der Zeitung „Le Parisien“ veröffentlichte Umfrage des Institutes BVA sieht ihn in zwei Wochen bei 53 Prozent gegenüber 47 Prozent für Sarkozy.

Mit Material von dpa/dapd/rtr