Bundespräsident Christian Wulff lobt die Bemühungen Italiens um Reformen in der Euro-Krise. Regierungschef Monti retourniert wohlwollend.
Rom. Bundespräsident Christian Wulff hat die Reformanstrengungen Italiens gewürdigt und die Regierung von Ministerpräsident Mario Monti zur Beibehaltung ihres Sanierungskurses aufgerufen. "Wir bewundern das Reformtempo der Regierung Monti, wir bewundern die Entschlossenheit des Parlaments“, sagte Wulff am Montag in Rom zum Auftakt seines dreitägigen Staatsbesuchs. "Wir wünschen uns, dass man nicht auf halbem Wege stehen bleibt, sondern dass man diesen Weg weitergeht.“ Es ist Wulffs erster Staatsbesuch seit Beginn der Kredit- und Medienaffäre vor zwei Monaten. Eine Stellungnahme zu den immer neuen Vorwürfen und anhaltenden Rücktrittsforderungen gegen ihn lehnte der 52-Jährige ab - trotz Nachfragen. Es gelte der Grundsatz: "Keine Innenpolitik im Ausland“, sagte er den ihn begleitenden Journalisten. Dies sei ein Credo, das er nicht erfunden habe. Er konzentriere sich in Italien auf die Arbeit als Bundespräsident. Begleitet wird Wulff jenseits des Appenin von seiner Ehefrau Bettina und einer Wirtschaftsdelegation.
Bei seiner Ankunft im Quirinalspalast in Rom wurde Wulff mit militärischen Ehren begrüßt. Anschließend kam der Bundespräsident zunächst mit seinem italienischen Amtskollegen Giorgio Napolitano zusammen. "Wir tragen unseren Teil dazu bei, um die Krise der Euro-Zone zu überwinden“, erklärte Napolitano bei einer Pressekonferenz mit Wulff. Er sprach sich für eine stärkere Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den Euro-Ländern aus.
+++Für 77 Prozent der Deutschen ist Wulffs Ruf dahin+++
+++Wulff sucht in Italien Abstand von Affären+++
+++Kann er Italien aus der Schuldenkrise retten?+++
Am Mittag traf er auch mit Monti zusammen. Die von dem Wirtschaftsprofessor angeführte Regierung stemmt sich mit Reformen gegen eine immense Staatsverschuldung, was ihr den Respekt der anderen EU-Staaten eingebracht hat. Schon auf dem Flug nach Rom sagte Wulff, sein Besuch sei "Anerkennung, Ermutigung und ein klares Signal, dass wir an Italien glauben“.
Wulff betonte, Politik könne nur erfolgreich sein, wenn sie nicht monokausal nur Einnahmen erhöhe und Ausgaben kürze. Notwendig sei ein ganzer Strauß von Maßnahmen. Auch Napolitano unterstrich, in der Euro-Krise dürfe die Konzentration nicht allein auf Sparmaßnahmen liegen.
Wulff mahnte zugleich eine starke Rolle der Gewerkschaften an. Sie könnten wesentlich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beitragen und sorgten dafür, dass nicht nur Einzelinteressen bedient würden. Wulff warnte zudem davor, die Staatsschuldenkrise allein als europäisches Problem anzusehen. "Wer nach Amerika schaut, der weiß, es ist ein weltweites Problem.“
Es ist der erste Staatsbesuch Wulffs, seitdem er wegen ungewöhnlich günstiger Kredite und seiner Nähe zu reichen Unternehmern in der Kritik steht. In Italien hat man von der Affäre Wulff kaum Notiz genommen. Der Termin des Besuchs ist bereits im Herbst festgelegt worden.
Wulff wird von einer Wirtschaftsdelagation begleitet, zu der auch die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock gehört. Die Delegation wird geleitet von Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP). Ein Schwerpunkt der Gespräche mit der Staats- und Regierungsspitze in Rom sowie mit Parlamentariern, Gewerkschaftern und Unternehmern ist das Thema Arbeitsmarktreform und damit im Zusammenhang der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Wulff lobte den Beitrag der deutschen Gewerkschaften zur Bewältigung der Krise 2008. Monti nannte die deutschen Arbeitsmarktreformen vorbildlich.
Im Mittelpunkt der Gespräche stehen Wirtschaftsfragen. Dabei werden auch die Eurokrise und Italiens Schuldenproblem zur Sprache kommen. Der Bundespräsident wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Weitere Stationen des dreitägigen Besuchs sind Mailand und Bari.
Am Dienstag werden Wulff und seine Frau Bettina werden von Rom aus nach Mailand reisen. Den Mittelpunkt des zweiten Tages bildet eine Rede Wulffs zur Wirtschaftspolitik an der Universität Bocconi. Zuvor steht ein Mittagessen in der Deutsch-Italienischen Handelskammer in Mailand auf dem Programm. Am Dienstagabend gibt Wulff einen Empfang. Am Mittwoch wird der Bundespräsident seinen dreitägigen Staatsbesuch in Italien mit der Besichtigung eines Bosch-Werks in Bari beenden.
Wenzel irritiert über Zitat aus Wulff-Akten in Talkshow
In Deutschland indes ruhte auch Montag die Debatte um den Bundespräsidenten nicht. Der niedersächsische Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel zeigte sich irritiert über ein Zitat aus Akten der Staatskanzlei in der ARD-Talkshow "Günther Jauch“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Hintze hatte in der Live-Sendung einen Aktenvermerk zitiert, mit dem sich der ehemalige Ministerpräsident Wulff zur umstrittenen Bürgschaftsvergabe an den Filmunternehmer David Groenewold äußert, sagte Wenzel am Montag. Dieser Vorgang sei aber bislang den Abgeordneten des Landtags nicht bekannt, beziehungsweise werde mit dem Hinweis, das keine Akten vorhanden sind, vorenthalten.
Sollte Hintze Kenntnisse aus dem Kernbereich der Landesregierung haben, die dem Landtag verschwiegen wurden, habe man es mit dem "nächsten Kapitel im Parteienklüngel der CDU“ zu tun, betonte Wenzel. Von der Landesregierung forderte er deshalb "umgehende Information“.
Mit Material von dpa, rtr und dapd