Zum Zeitpunkt des Anschlags sei das Dorf nicht von Sicherheitskräfte bewacht gewesen. Verletzte beklagten die unzulängliche Versorgung.

Peshawar. Nach dem Selbstmordanschlag mit fast hundert Toten bei einem Volleyballspiel in Pakistan haben die Dorfbewohner heftige Vorwürfe gegen die Behörden erhoben. Das Dorf im Nordwesten des Landes sei nicht von Sicherheitskräften bewacht worden, kritisierte am Sonntag der Vorsitzende des örtlichen Friedenskomitees. Viele Verletzte beklagten zudem die unzulängliche Versorgung, das nahe Krankenhaus war demnach völlig überfordert.

Zum Zeitpunkt des Anschlags seien in dem Dorf Shah Hasan Khan im Bezirk Bannu keine Sicherheitskräfte oder Polizisten im Dienst gewesen, sagte der Chef des Friedenskomitees, Mushtaq Ahmad. „Die Polizisten, die bei dem Anschlag getötet wurden, haben sich privat das Spiel angesehen.“

Der Attentäter hatte sich am Freitag mit einem mit rund 300 Kilogramm Sprengstoff beladenen Kleintransporter auf dem Sportplatz in Shah Hasan Khan in die Luft gesprengt. Nach Polizeiangaben kamen dabei mindestens 99 Menschen ums Leben, dutzende weitere wurden verletzt. Mehr als 20 Häuser stürzten ein, Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach Verschütteten.

Am Sonntag waren noch mehr als 80 Verletzte im Krankenhaus. Betroffene und Ärzte klagten über zu wenig Betten und Medikamente. Viele Verletzte würden in der Klinik in Lakki Marwat auf dem Boden behandelt, andere hätten eigene Betten mitgebracht, sagte der Arzt Usman Ali. Der Ladenbesitzer Riaz Khatok sagte, seine Tochter sei wegen der schlechten Ausstattung gestorben. „Es gab kein Bett, keine Medikamente und nicht einmal das Röntgengerät hat funktioniert.“

Der Anschlag war der schwerste in Pakistan seit mehr als zwei Monaten. Die Polizei machte die radikalislamischen Taliban verantwortlich. Nach Angaben von Bezirkspolizeichef Mohammed Ayub Khan wurden bereits mehr als 40 Verdächtige festgenommen und befragt. Die Ermittler gehen demnach davon aus, dass der Attentäter aus dem benachbarten Süd-Waziristan kam. Das Spiel zweier Dorfmannschaften war von dem Friedenskomitee des Dorfes veranstaltet worden, das die Regierung im Kampf gegen die Taliban unterstützt.

Der Bezirk Bannu liegt in der Nordwest-Provinz an der Grenze zu Afghanistan. Polizei und Armee hatten dort im vergangenen Jahr eine Offensive gegen die Taliban gestartet und sie nach eigenen Angaben vollständig aus Bannu vertrieben. Pakistans Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani bekräftige nach dem Anschlag die Entschlossenheit der Regierung, die Aufständischen zu bekämpfen. „Die ganze Nation ist gegen die Terroristen“, sagte er in Islamabad.

Auch Deutschland, die Europäische Union und die USA verurteilten den Anschlag. Die Terrorakte der letzten Monate in Pakistan zeigten, „wie notwendig regionale Zusammenarbeit und ein entschlossenes Vorgehen gegen Terrorismus sind“, erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). EU-Außenministerin Catherine Ashton verurteile die Tat als neues Beispiel „skandalöser Gewalt“ in Pakistan. US-Außenminister Hillary Clinton versicherte, die USA stünden im Kampf gegen die Terroristen weiter an der Seite Pakistans.

Bei einem weiteren Anschlag im Nordwesten Pakistans wurde am Sonntag ein früherer Provinzminister getötet. Ghanni-ur Rehman, ein früheres Mitglied der Regierung der Nordwest-Provinz, und drei weitere Menschen starben nach Polizeiangaben in dem Dorf Bagto, als eine Bombe am Straßenrand hochging.