Amerika will die Treibhausgase um 17 Prozent unter das Niveau von 2005 senken. Die Uno erhebt neue Vorwürfe.
Washington/Kopenhagen. Schon einmal ging er in Kopenhagen baden. Doch US-Präsident Barack Obama fährt im Dezember erneut mit großen Ambitionen in die dänische Hauptstadt. Im September legte sich Obama für seine Heimatstadt Chicago ins Zeug, die sich für Olympia 2016 beworben hatte. Gewählt wurde allerdings Rio de Janeiro. Favorit Chicago schied in der Vorrunde aus.
Nun steht der Weltklimagipfel an, und Obama wird wieder nach Dänemark reisen. Das kündigte das Weiße Haus an. Obama hatte bisher erklärt, dass er nur dann persönlich an der Konferenz teilnehmen wolle, wenn das die Aussichten auf ein gutes Ergebnis beim Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe verbessere.
Obama will nun ein konkretes Ziel zur Reduzierung der Treibhausgase vorlegen. Die USA wollen den Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 17 Prozent unter das Niveau von 2005 senken, wie das Weiße Haus mitteilte. Bis 2050 sollen die Emissionen um 83 Prozent unter die von 2005 gedrückt werden.
Derweil überschatten neue schwere Vorwürfe die Vorbereitungen für den Weltklimagipfel. Nach einer Untersuchung des britischen Senders BBC hielten Industrienationen ihre früheren Milliardenzusagen für Entwicklungsländer nicht ein. Zugleich warf China den reichen Staaten vor, ihnen habe es „an gutem Willen gemangelt“, deshalb habe es in den Verhandlungen nicht genug Fortschritte gegeben. Jüngste Forschungsergebnisse, wonach der Klimawandel noch dramatischer ist als bereits befürchtet, sorgten für Aufsehen.
Laut BBC ist der Löwenanteil einer 2001 versprochenen Hilfe im Volumen von 1,1 Milliarden Euro möglicherweise nie bei den ärmeren Ländern angekommen. Nur 173 Millionen Euro seien für zwei Uno-Projekte überwiesen worden. Das meiste Geld kam dabei mit 23 Millionen Euro aus Deutschland. „Es gab Versprechen, die sich nicht verwirklicht haben“, zitierte die BBC UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Jegliche Finanzzusagen, die beim anstehenden Weltklimagipfel erreicht würden, müssten messbar und nachvollziehbar sein, forderte er. Die Finanzierung des Klimaschutzes zählt zu den Knackpunkten des Gipfels.
Der Klimabeauftragte des chinesischen Außenministeriums, Yu Qingtai, warf den Industriestaaten in diesem Zusammenhang Wortbruch vor. Frühere Zusagen für eine Verringerung der Treibhausgase seien nicht eingehalten worden. Auch die versprochene technische und finanzielle Hilfe sei nicht in den Entwicklungsländern angekommen.
Das EU-Parlament verlangte eine Festlegung auf konkrete Klimaziele. „Die EU hat die Führerschaft übernommen, und wir wollen auch, dass das in Kopenhagen so bleibt. Deshalb müssen wir zu unserem Angebot – 30 Prozent Reduzierung der CO2-Gase im Jahr 2020 – stehen“, sagte der Vorsitzende des Umweltausschusses Jo Leinen (SPD). Dabei sollte sich die Europäische Union auf einen Finanzrahmen von jährlich bis zu sieben Milliarden Euro im Zeitraum 2010 bis 2012 festlegen, wie von der EU-Kommission geschätzt, hieß es in einer Entschließung des EU-Parlaments.
Am Vortag hatten zahlreiche Forscher einen dramatischen Appell an die Gipfelteilnehmer gerichtet. „Dies ist der letzte wissenschaftliche Aufruf an die Unterhändler von 192 Staaten, den Klimaschutz-Zug in Kopenhagen nicht zu verpassen“, warnte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber.
26 internationale Wissenschaftler trugen in dem „Copenhagen Diagnosis“ genannten Bericht Daten zusammen, die noch nicht im jüngsten Report des Weltklimarates (IPCC) von 2007 enthalten waren. Demnach schwindet das arktische Meereis deutlich schneller als bisher befürchtet. Durch das Schmelzen von Eisschilden und Gebirgsgletschern könnte der Pegel bis zum Jahr 2100 global bis zu zwei Meter ansteigen der IPCC war von 18 bis 59 Zentimetern ausgegangen.
Zudem wurden dem Bericht zufolge 2008 rund 40 Prozent mehr Kohlendioxid aus Kohle, Öl und Gas freigesetzt als im Jahr 1990. Selbst wenn die Emissionen nicht weiter zunähmen, wäre schon innerhalb von 20 Jahren das Emissionsbudget aufgebraucht, das der Welt noch zur Verfügung steht, wenn die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius begrenzt werden soll.
Unterdessen stellt sich die dänische Polizei auf Massenfestnahmen bei Demonstrationen zum Klimagipfel ein. Betroffene sollen bei überbelegten Haftzellen auch in die Sporthalle eines Gefängnisses gesperrt werden. Das kündigte ein Behördensprecher im Rundfunk an. Wie es weiter hieß, sollen für die Dauer der Klimakonferenz auch Werkstätten als Arrestzellen genutzt sowie Einzelzellen von acht Quadratmetern doppelt belegt werden. Dänemarks Regierung stellt sich seit Monaten mit einer betont harten Linie auf mögliche Krawalle rund um die Klimakonferenz ein. (ryb/dpa)