Israel rief seinen Botschafter aus der Schweiz zurück. Der Schweizer Präsident traf sich mit Irans Präsident Ahmadinedschad. Und in Deutschland diskutieren Menschenrechtler und Verbände, ob man nicht doch an der Uno-Konferenz teilnehmen kann. Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier fürchten „Hasstiraden und antiisraelische Ausfälle“.

Genf. Bei den Konferenzgesprächen fehlt die Delegation aus Berlin. Für den Text des Abschlussdokumentes der Anti-Rassismus-Konferenz in Genf interessieren sich die deutschen Regierungsvertreter aber brennend.

Nach dem Boykott der Bundesregierung schloss ihr Sprecher Thomas Steg jetzt nicht mehr aus, dass man bei den finalen Beratungen doch wieder einschere. Das sei stark vom Verlauf der Konferenz abhängig. Die Bundesregierung habe sich ihre Absage nicht leicht gemacht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier hätten sich sehr intensiv über die Teilnahme an der Uno-Konferenz ausgetauscht, sagte Steg. Bei der Absage, der ersten dieser Art an eine Uno-Konferenz, handele es sich um einen einmaligen Akt.

Merkel und Steinmeier fürchten, bei der Konferenz könne es "Hasstiraden, Schmähreden und antiisraelische Ausfälle" geben. Steg erinnerte an die Vorgängerkonferenz 2001 in Durban, die zur Stimmungsmache gegen Israel genutzt worden sei. Die Delegationen der USA und Israels waren damals vorzeitig abgereist.

Die Konferenz in Genf soll bis zum 25. April dauern. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben mindestens 35 Staaten ihre Teilnahme zugesagt. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad traf unter dem Protest Israels den Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz in Genf.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte den Verzicht Deutschlands. Vizepräsident Dieter Graumann sagte "Handelsblatt.com": "Dass Europa sich hier so uneinig zeigt, ist eine Schande." Die Konferenz sei eine "durch und durch verlogene Propaganda-Show für fanatische Israel-Hasser".

Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, sagte, er hätte es "überzeugender gefunden, wenn die EU gemeinsam mit anderen Staaten den Widerspruch gegen solchen Unsinn organisiert hätte". Er habe "Zweifel, ob es klug ist, das Feld dieser Konferenz einfach kampflos den Ahmadinedschads zu überlassen".

Der Interkulturelle Rat, ein Zusammenschluss verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, erklärte hingegen, Deutschland erweise den Menschenrechten mit seiner Absage eine Bärendienst. Die Chance auf eine gemeinsame Willenserklärung der Staatengemeinschaft im Kampf gegen Rassismus sei vertan.

Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon ist am Rande der Konferenz mit Ahmadinedschad zusammengetroffen. Zuvor hatte Ban erklärt, er werde auf der Konferenz keinerlei Leugnung des Holocausts zulassen. Ahmadinedschad hatte in früheren Äußerungen den Massenmord an den Juden während des Nationalsozialismus wiederholt als "Mythos" bezeichnet.

Der Schweizer Präsident Merz sagte, er verstehe die Kritik an seinem Treffen mit Ahmadinedschad, aber sie sei unberechtigt. Zuvor hatte Israel aus Protest seinen Botschafter in Bern nach Jerusalem zurückbeordert.