Schuldenerlaß: Oft profitieren nur Afrikas Diktatoren.

Nairobi. Vor dem G-8-Gipfel haben afrikanische Staatschefs auf einer Konferenz in Libyen erneut auf einen totalen Schuldenerlaß für den Kontinent gedrängt. Kosten: mehr als zwei Billionen Dollar. Die acht großen Wirtschaftsnationen wollen bislang immerhin 14 afrikanischen Ländern die Schulden erlassen, insgesamt rund 40 Milliarden Euro.

Doch die Maßnahme ist umstritten. Kritiker sagen: Nicht in allen Ländern ist ein Schuldenerlaß gerechtfertigt. Doch einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen. Wer mehr Schulden hat, als er je zurückzahlen oder auch nur in Form von Zinsen bedienen kann, der ist überschuldet.

Das gilt für viele Länder Afrikas. Einen Großteil ihrer Exporterlöse müssen sie für Zinsen aufwenden, statt in Schulen oder Krankenhäuser zu investieren. Ein pauschaler Schuldenerlaß macht deshalb Sinn, zumal der Westen nicht ganz unschuldig ist an der Finanzmisere. Im Kalten Krieg wurden Regime wie Mobutu im Kongo und Moi in Kenia gefördert - ohne Rücksicht auf Menschenrechte oder demokratischen Fortschritt. Heute wird Hilfe an Bedingungen geknüpft.

Tansania oder Mali gelten als positive Paradebeispiele. Es sind verläßliche Partner der Geber. Es sind relativ stabile Demokratien, sie setzen auf die Kräfte der Marktwirtschaft und privatisieren ihre maroden Staatsbetriebe. Die Korruption gilt als eingedämmt, und die Menschenrechtsbilanz ist erträglich. Dafür werden beiden Ländern Milliardenbeträge an Schulden erlassen, wenn sie denn nachweisen können, daß sie das eingesparte Geld in ihre Infrastruktur und Entwicklung investieren.

Doch es gibt auch fragwürdige Beispiele. Äthiopien läßt oppositionelle Studenten einfach erschießen und erhält in derselben Woche Schuldenerlaß. Ist das ein richtiges Signal? Äthiopien verweigert die dringend notwendige Landreform und läßt keinen Privatbesitz an Grund und Boden zu. Also investiert niemand in seinen Hof. Hungerkatastrophen sind die Folge, und sie sind eher die Regel als die Ausnahme.

Ruanda mischt nach wie vor mit im schmutzigen Krieg um Bodenschätze im Ostkongo, und dennoch kann sich Tutsi-Diktator Paul Kagame über Schuldenerlaß freuen. Ugandas einst vielgelobter Präsident Yoweri Museveni hintertreibt demokratische Reformen und bereitet sich auf eine lebenslange Amtszeit vor. Und dennoch wurden ihm seine Schulden erlassen.

Entwicklungshilfe und Schuldenerlaß - sie mögen gut gemeint sein. Aber Wohltaten mit der Gießkanne richten mehr Schaden an als Nutzen, sagt der kenianische Wirtschaftsforscher James Shikwati. Katastrophenhilfe nach Erdbeben und Dürren würde er noch zulassen. Aber daß Afrika seit 40 Jahren am Tropf westlicher Geber hängt, hält er für fatal. "Das lähmt unsere Initiative, es zerstört unsere Märkte, es verhindert den Aufbau aus eigener Kraft", sagte der 35 Jahre alte Gründer des Beratungsinstituts Inter Region Economic Network dem Hamburger Abendblatt.

Kostenlos importierte Nahrungsmittelhilfe stürze die heimischen Bauern ins Elend, Kleiderspenden aus Europa bedrohten Afrikas Textilindustrie. Die Subventionen für amerikanische und europäische Bauern würden zudem die Hilfsbereitschaft des Westens unglaubwürdig machen, sagt Shikwati. Die Subventionen verzerren den Wettbewerb zu Lasten der afrikanischen Produzenten, die Zucker, Baumwolle oder Gemüse nicht so günstig anbieten können wie die hochsubventionierte Konkurrenz aus Übersee.

Einen totalen Schuldenerlaß für Afrika wertet Shikwati als Belohnung für korrupte Regierungen. "Alles, was ich fordere, ist Gerechtigkeit. Das Geld kann zurückgezahlt werden. Es liegt auf Konten in den reichen Ländern."