Wegen der Kriegsvergehen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur soll Omar al-Baschir ins Gefängnis.
Hamburg/Den Haag. Das gab es noch nie: Gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir ist Haftbefehl erlassen worden - er ist der erste amtierende Staatschef der Welt, dem dies widerfährt. Fünf Jahre nach dem Ausbruch des Darfur-Konflikts hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) einen Haftbefehl gegen al-Baschir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgestellt. Der IStGH ist ein ständiges internationales Strafgericht. Seine Zuständigkeit umfasst Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Menschenrechtsorganisationen begrüßten die Entscheidung. Allerdings reagierte der Sudan umgehend und wies zehn Hilfsorganisationen aus. Die stellvertretende Uno-Sprecherin Marie Okabe sagte, Generalsekretär Ban Ki-moon habe von einem "schweren Rückschlag für die lebensrettenden Einsätze in Darfur" gesprochen. Bei den betroffenen Organisationen handele es sich unter anderem um Oxfam, Solidarities und Mercy Corps, sagte Okabe. Die Ausreise der Mitarbeiter werde die humanitäre Situation sowie die Sicherheitslage vor allem in Darfur stark verschlechtern.
Allein Oxfam versorgt nach eigenen Angaben etwa 600 000 Not leidende Menschen in Darfur.
Seit sich 2003 in der westsudanesischen Region Rebellen gegen die Regierung erhoben, die darauf mit ungezügelter militärischer Gewalt reagierte, kamen dort nach Uno-Schätzungen 300 000 Menschen ums Leben, vor allem durch Hunger und Krankheiten. Etwa 2,7 Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen.
Die Ermittlungsrichter des IStGH ließen sieben von zehn konkreten Begründungen für den Haftbefehl gegen al-Baschir zu. Der IStGH forderte die Regierung des Sudan auf, al-Baschir an den Gerichtshof auszuliefern. Sollte sie dem nicht nachkommen, werde die Angelegenheit dem Uno-Sicherheitsrat in New York übergeben. Der Haftbefehl listet als Verbrechen gegen die Menschlichkeit die mutmaßliche persönliche Verantwortung al-Baschirs für Morde, Vertreibungen, Folterungen und Vergewaltigungen in der Darfur-Region auf. In zwei Fällen von Kriegsverbrechen werden ihm gezielte militärische Angriffe auf die Zivilbevölkerung sowie Plünderungen vorgehalten.
Chefankläger Moreno-Ocampo sagte, er habe "einen starken Fall" gegen al-Baschir. Alle Vorwürfe seien beweisbar. Dafür könne er 30 Zeugen aufbieten, die eine Führungsrolle al-Baschirs bei der Organisierung von Verbrechen an der Zivilbevölkerung belegen würden. In Darfur seien 35 000 Menschen unmittelbar ermordet worden.
In der sudanesischen Hauptstadt Khartum versammelten sich nach Bekanntwerden der Entscheidung Tausende von Anhängern des Präsidenten. Sie riefen "Gott ist groß" und "Mit unserer Seele und unserem Blut verteidigen wir dich, al-Baschir". Die Regierung erklärte, der Haftbefehl sei "eine Form von Neokolonialismus". In einer Erklärung des Sudan hieß es, der IStGH sei Teil einer Verschwörung der USA und Europas.