In einer schonungslosen Rede vor dem US-Kongress in Washington hat der Präsident den Amerikanern die Schwere der Finanzkrise vor Augen geführt.
Hamburg/Washington. In einer schonungslosen Rede vor dem US-Kongress in Washington hat Präsident Barack Obama den Amerikanern die Schwere der Finanzkrise vor Augen geführt, ihnen aber zugleich Mut gemacht. Die 52 Minuten lange Rede vor Abgeordneten, Regierungsbeamten, hohen Militärs und Richtern wurde 61-mal von Applaus unterbrochen. Sie sollte auch Obamas ersten Haushaltsentwurf vorbereiten, den er heute vorlegen will.
"Unsere Wirtschaft mag geschwächt und unsere Zuversicht erschüttert sein. Wir leben in schwierigen und unsicheren Zeiten. Aber ich will, dass jeder Amerikaner dieses weiß: Wir werden wieder aufbauen, wir werden uns wieder erholen, und die Vereinigten Staaten von Amerika werden stärker als zuvor sein", sagte Obama.
Amerika habe zu lange über seine Verhältnisse gelebt, sagte er. "Seit Jahrzehnten wissen wir, dass unser Überleben vom Finden neuer Energieressourcen abhängt. Trotzdem importieren wir mehr Öl als je zuvor. Die Kosten für Gesundheitsvorsorge fressen unsere Ersparnisse jedes Jahr mehr und mehr auf, trotzdem haben wir jegliche Reform verschleppt. Unsere Kinder werden sich in der globalen Wirtschaft um Jobs bewerben müssen, aber unsere Schulen bereiten sie nicht darauf vor." Die Gesundheitskosten verursachten "alle 30 Sekunden einen Bankrott in Amerika und bringen Familien um ihr Haus", so Obama. Deshalb enthalte sein Haushalt die Einführung der Krankenversicherung für alle.
Obama griff seinen Vorgänger George W. Bush nicht direkt an, sprach aber von einem "ruinösen Jahrzehnt". Man habe Haushaltsüberschüsse benutzt, "um Wohlstand an Wohlhabende weiterzuleiten statt in die Zukunft zu investieren". Jetzt lasse die Nation eine "Ära der Gier und des schnellen Profits" hinter sich. "Die Antworten auf unsere Probleme liegen in unseren Labors und Universitäten, in Feldern und Fabriken, im Stolz der am härtesten arbeitenden Menschen auf der Welt", so Obama.
Obama habe eine "rhetorische Salve" an eine von Entlassungen und abstürzenden Börsenkursen geschüttelte Nation losgelassen, urteilte das "Wall Street Journal". Er habe sein Image als zielbewusster Führer bestätigt und hebe "viel von dem Zynismus auf, der Amerikas Politik infiziert hatte", so die "Washington Post". Nach jüngsten Umfragen von "New York Times" und CBS befürchten sechs von zehn Amerikanern, dass eine Person im Haushalt ihren Job verlieren wird. Drei Viertel der Befragten sagten jedoch, sie seien optimistisch mit Obama als Präsidenten und vertrauten darauf, dass er in der Krise die richtigen Entscheidungen treffe.