Der Schuhwerfer von Bagdad ist zum Auftakt seines Prozesses als Held gefeiert worden. Vor dem Gericht sagte der irakische Fernsehjournalist aus, er habe mit seiner Attacke auf den damaligen US-Präsidenten George W. Bush den Stolz der Iraker retten wollen. Ein Schuh geht um die Welt...
Bagdad. Zum Prozessauftakt in Bagdad hat der irakische Fernsehjournalist Muntaser el Saidi seine spektakuläre Schuhattacke gegen Ex-US-Präsident George W. Bush verteidigt. Beim Anblick des "Verantwortlichen für die im Irak begangenen Verbrechen" habe er die Kontrolle über seine Gefühle verloren, sagte Saidi vor Gericht. "Ich wollte die Ehre der Iraker retten." Wegen verfahrenstechnischer Fragen wurde der Prozess nach rund 90 Minuten auf den 12. März vertagt.
Mit einem "eisigen Lächeln" im Gesicht habe Bush mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki über ein bevorstehendes Abendessen gescherzt, erinnerte sich der Angeklagte an die Pressekonferenz am 14. Dezember 2008, bei der Saidi durch seine Schuhattacke weltweit Berühmtheit erlangte. Bush habe von Erfolgen der USA im Irak gesprochen, während er selbst an eine Million Tote, vergossenes Blut, Razzien in Moscheen, vergewaltigte Irakerinnen und erniedrigte Iraker denken musste, sagte Saidi, der sich anlässlich des Prozesses eine irakische Flagge um die Schultern gebunden hatte.
"Ich war vom Zorn überwältigt, ich habe nur noch ihn gesehen", erinnerte sich der Angeklagte. Er habe seinen ersten Schuh genommen und geworfen, ohne zu treffen, dann habe er den zweiten geworfen. "Ich hatte nicht die Absicht, den Befehlshaber der Besatzungstruppen im Irak zu töten, noch den Ministerpräsidenten zu treffen", sagte Saidi aus. Er hatte seine Schuhe in Richtung des scheidenden US-Präsidenten geworfen und dabei gerufen: "Dies ist dein Abschiedskuss, du Hund!" Bush konnte sich wegducken und wurde nicht getroffen. Später scherzte er, der Schuh habe Größe zehn gehabt.
Die irakische Justiz wirft Saidi "Aggression gegen den Präsidenten eines ausländischen Staates" vor. Sollte das Gericht ihn wegen "vorsätzlicher Aggression" verurteilen, drohen bis zu 15 Jahre Haft, bei "versuchter Aggression" maximal fünf Jahre. Ein Anwalt des 30-Jährigen sagte, der Journalist habe "soziale, politische und psychologische Gründe" für sein Verhalten gehabt.
Der für den privaten Fernsehsender El Bagdadia arbeitende Saidi argumentierte, Bushs Besuch im Irak sei kein offizieller Staatsbesuch gewesen. Daraufhin erklärte einer der drei Richter, Abdel Amir Hassan el Rubaje, der Prozess werde bis zum 12. März vertagt, um diese Frage zusammen mit dem Büro des Regierungschefs genau zu klären. Der Prozessauftakt fand unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Auf den Zuschauerbänken saßen auch Angehörige des Angeklagten, die den Schuhwerfer mit Beifall begrüßten, als er den Gerichtssaal betrat. "Dies ist ein historischer Test für das irakische Justizsystem", sagte Udai Saidi, ein Bruder des Angeklagten.
Nach Angaben des Schweizer Anwalts Mauro Poggia beantragte Saidi in der Schweiz politisches Asyl. Er habe im Namen seines Klienten Saidi einen Asylantrag bei der Bundeseinwanderungsbehörde eingereicht, sagte Poggia laut der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Saidi wolle sich in Genf niederlassen.
Mitschnitte der Schuhattacke hatten weltweit für Furore gesorgt. Saidi wurde vor allem in der arabischen Welt bejubelt, in der die Geste als schwere Beleidigung Bushs betrachtet wird. In Großbritannien fand die Attacke Anfang Februar einen Nachahmer: Bei einem Besuch des chinesischen Regierungschefs Wen Jiabao an der Universität Cambridge warf ein deutscher Student einen Schuh nach Wen, der diesen nur knapp verfehlte. Der Deutsche muss sich wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor einem englischen Gericht verantworten.