Bei seiner Stimmabgabe in Tulle strahlte der Favorit aus den Umfragen Zuversicht aus. Noch-Präsident Sarkozy will in Paris wählen.
Paris. In Frankreich hat am Sonntag die auch für Europa und Deutschland wichtige Präsidentschaftswahl begonnen. Gut 44 Millionen Wähler sind aufgerufen, ihre Stimme für den Sozialisten François Hollande oder den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy abzugeben. Hollande will den Sparkurs abmildern und setzt ganz auf Wachstum. Er lag in letzten Umfragen mit vier bis acht Punkten in Führung und hatte im ersten Durchgang vor zwei Wochen rund eine halbe Millionen Stimmen mehr erhalten. Sarkozy will an seinem Reformkurs festhalten. Er gab sich trotz seines Rückstandes bis zuletzt zuversichtlich, am Sonntag noch für eine Sensation sorgen zu können.
Hollande gab am Sonntagmorgen in der Kleinstadt Tulle in Zentralfrankeich seine Stimme ab. Vor dem Wahllokal schüttelte er lächelnd zusammen mit seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler die Hände einiger Wähler, sprach mit ihnen und vergab Wangenküsschen. Hollande liegt seit Monaten in den Umfragen vorn. Die letzte vom Freitagabend gab ihm 52 Prozent, dem amtierenden Präsidenten Sarkozy 48 Prozent. Hollande will den Tag in Tulle verbringen und das Ergebnis nach 20 Uhr dort auch öffentlich bewerten.
Bis zum späten Vormittag hatten die im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Kandidaten Jean-Luc Mélenchon (Linke) und der Zentrumspolitiker Francois Bayrou in Pau schon ihre Stimmen abgegeben. Bayrou hatte am Donnerstag erklärt, er werde für Hollande Stimmen, und damit Sarkozy einen letzten Tiefschlag versetzt. Sarkozy wollte in Paris wählen.
+++ Nach dem TV-Duell: 52 Prozent würden Hollande wählen +++
Der Wahlausgang wird in Europa mit Spannung erwartet. Insbesondere die Ankündigung Hollandes, den Fiskalpakt für die Eurozone nur bei einer Ergänzung um Wachstumsmaßnahmen ratifizieren zu lassen, hatte in Berlin für Verärgerung gesorgt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies die Forderung nach einem kreditfinanzierten Konjunkturprogramm am Sonntag ab.
Hohe Schulden seien eine der wesentlichen Ursachen der Krise, sagte der CDU-Politiker dem "Focus“. Deshalb könne man jetzt "nicht ernsthaft fordern, zur Lösung der Krise noch mehr Schulden zu machen. Das wäre so wie ein Schwur, sich bessern zu wollen, aber vorher noch etwas zu sündigen.“ Das von Frankreich und anderen Staaten angestrebte Wachstum lasse sich auch ohne zusätzliche Ausgaben erreichen, betonte der Finanzminister. "Für Strukturreformen brauchen Sie kein Konjunkturprogramm.“
Erste Prognosen über den Ausgang werden am späten Nachmittag erwartet: Französischsprachige Medien aus Belgien und der Schweiz haben angekündigt, auf ihren Internetseiten ab 18 Uhr die ersten Umfrageergebnisse zu veröffentlichen. In Frankreich ist die Publikation vor Schließung der Wahllokale um 200 Uhr verboten.
Mit Material von dapd