Berlin. Von Abschiebung bis Visa, von humanitär bis strikt: Bei der Migration haben die Parteien vor der Bundestagswahl unterschiedliche Positionen.

Die Migrationspolitik gehört zu den beherrschenden Themen der vergangenen Monate. Vor der Bundestagswahl am 23. Februar geben wir einen Überblick über die Forderungen der bisher im Bundestag vertretenen Parteien:

SPD sieht beim Thema Migration „große Herausforderungen“

Die SPD betont einerseits, dass Deutschland als Land mit alternder Gesellschaft auf Einwanderung angewiesen sei. Andererseits stellt die Partei klar, dass die Zuwanderung aus „Asyl- und Fluchtgründen“ Deutschland vor „große Herausforderungen“ stelle. Wer sich integriert, arbeitet und straffrei ist, soll auch ohne Schutzstatus wie eine nach Deutschland einwandernde Fachkraft behandelt werden. Asylverfahren will die SPD beschleunigen. „Wer sich nicht an die Regeln hält, muss wieder gehen“, fordern die Sozialdemokraten. Freiwillige Ausreisen bevorzugt die SPD vor Abschiebungen, dies sei humaner. „Wird dies verweigert, setzen wir auf rasche wie konsequente Abschiebungen, insbesondere bei Straftätern.“ Asylverfahren in Nicht-EU-Staaten lehnt die SPD ab.

Union: Das planen CDU und CSU beim Thema Migration

CDU und CSU versprechen einen „grundsätzliche Wende“ in der Migrationspolitik. Der Zuzug sei nicht mehr stemmbar. Die Union will deswegen „konsequent“ an den deutschen Grenzen zurückweisen. Asylverfahren und Abschiebungen sollen schneller vonstattengehen – auch nach Syrien und Afghanistan. Den Familiennachzug und freiwillige Aufnahmeprogramme will die Union stoppen.

Wer Deutschland verlassen muss, soll nach dem Grundsatz „Bett, Brot und Seife“ nur noch mit dem Minimum versorgt werden. Wer in Europa Asyl beantragt, soll dies in einem sicheren Staat außerhalb der EU tun und dort auf eine Entscheidung warten. Eine digitale Bundesagentur für Einwanderung soll von Anwerbung bis Visa-Vergabe dafür sorgen, dass ausländische Fachkräfte den Weg nach Deutschland finden.

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Extremfall AfD: Partei ist gegen eine europäische Asylpolitik

Die AfD lehnt eine europäische Asylpolitik ab, sie will an den deutschen Grenzen zurückweisen. Asylanträge sollen in anderen Ländern bearbeitet werden. Für die Dauer eines Verfahrens in Deutschland will die AfD eine Unterbringung in Sammelunterkünften vorschreiben. Besonders in Regionen mit angespanntem Mietmarkt sollen Flüchtlinge mit Asylstatus und erst recht Asylbewerber keine Wohnungen bekommen.

Staatliche Hilfe sollen Asylbewerber als Sachleistungen erhalten, Ausreisepflichtige in Höhe eines Existenzminimums. Wer Asyl erhält, soll ein dauerhaftes Bleiberecht erst nach zehn Jahren bekommen, das für weitere zehn Jahre jährlich überprüft wird. Die AfD will konsequent abschieben – vor allem syrische Staatsbürger. Vor weiterer außereuropäischer Fachkräfteeinwanderung sollten die „heimischen Potenziale“ ausgeschöpft werden.

Die Grünen: Deutschland ist ein Einwanderungsland

Deutschland sei und bleibe ein Einwanderungsland, betonen die Grünen. „Wir schotten uns nicht ab, schon gar nicht in Europa.“ Entscheidungen über ein Bleiberecht sollen schneller getroffen werden. Wer nicht bleiben kann, soll Deutschland „zügig“ verlassen. Die Grünen betonen: „Die freiwillige Rückkehr hat für uns Vorrang.“ Straftäter sollen nach Verbüßung ihrer Strafe vorrangig abgeschoben werden. Die Partei will den Familiennachzug erleichtern, um Integration zu erleichtern. Die Einwanderung von Fachkräften wollen die Grünen durch weniger Bürokratie und eine leichtere Anerkennung von Abschlüssen erleichtern. Flüchtlinge, die arbeiten können, sollen dies auch dürfen. Um die Integration zu erleichtern, will die Partei mehr günstigen Wohnraum schaffen und besonders engagierte Kommunen finanziell unterstützen.

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Arbeits- statt Armutsmigration: Das fordert die FDP

Die FDP betont, sie wolle eine Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Sicherungssysteme. Deswegen will die Partei die Regeln für Menschen ohne Aussicht auf Asyl verschärfen, sie sollen „gar nicht erst dauerhaft“ einreisen dürfen. Menschen ohne Bleiberecht sollen Deutschland „unverzüglich“ verlassen, die staatlichen Leistungen sollen europaweit vereinheitlicht werden. Die Zuständigkeit für Abschiebungen will die FDP auf der Bundesebene verankern, bisher sind die Länder zuständig. Asylverfahren sollen auch in sicheren Drittstaaten außerhalb der EU stattfinden. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex will die Partei stärken. Wer ein Bleiberecht in Deutschland hat, soll „zügig“ arbeiten dürfen. Die Einwanderung von Fachkräften soll leichter werden.

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Offene Migrationspolitik für Deutschland? Das fordert die Linke

Die Linke spricht sich für eine offene Migrations- und Einwanderungspolitik aus. „Asylrecht ist Menschenrecht“, betont die Partei. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex will sie durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzen. Alle bisherigen Asylrechtsverschärfungen lehnt die Linke ab, Flüchtlinge sollen ab dem ersten Tag eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis in Deutschland erhalten. Kommunen, die sich besonders bei der Aufnahme engagieren, will die Linke finanziell fördern. Asylbewerber will die Linke nicht in Sammelunterkünften, sondern in Wohnungen unterbringen. Sie sollen Bargeld, anstatt Sachleistungen oder Bezahlkarten erhalten. Abschiebungen lehnt die Linke ab. Nach fünf Jahren Aufenthalt soll jeder einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung haben.

BSW will harte Linie gegenüber Flüchtlingen

Die Partei von Sahra Wagenknecht fordert eine harte Linie gegenüber Flüchtlingen, die Partei spricht von einem „echten Kurswechsel“ in der Migrationspolitik. Wer aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland komme, soll kein Aufenthaltsrecht erhalten. Wer kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland hat, soll keinen Anspruch auf Leistungen haben. Das BSW argumentiert, die im europäischen Vergleich hohen Asylbewerberleistungen in Deutschland wirkten „wie ein Magnet“. Ein starker Sozialstaat funktioniere nur, wenn nicht jeder in ihn einwandern könne. Wer hierzulande durch „Gewaltdelikte auffällt“, müsse abgeschoben werden, verlangt die Wagenknecht-Partei.