Berlin. Die Ampel ist Geschichte – dennoch raufen sich die Ex-Partner zusammen, um Entlastungen zu beschließen. Was sich für Steuerzahler ändert.
Es war ein Gezerre über Wochen hinweg – aber am Ende haben sich die drei ehemaligen Ampel-Partner doch noch verständigt: SPD, Grüne und FDP wollen noch vor den geplanten Neuwahlen des Bundestages gemeinsam ein Gesetz durch den Bundestag bringen, mit dem Arbeitnehmer und Familien finanziell entlastet werden. Das teilten Unterhändler aus den Fraktionen am Freitag mit.
Unter anderem geht es um den Ausgleich der sogenannten kalten Progression bei der Einkommensteuer sowie die Erhöhung des Kindergelds. Damit die Regelungen in Kraft treten können, muss allerdings auch der Bundesrat zustimmen. Ob es hier die erforderlichen Mehrheiten geben wird, ist derzeit nicht abzusehen.
Entlastungen: Gesetz soll schleichende Steuererhöhungen stoppen
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte, es sei gut, dass sich die Fraktionen geeinigt haben. „Ärgerlich ist, dass die dringend notwendigen Steueranreize für Investitionen und Forschung im Parlament keine Mehrheit finden. Unsere Wirtschaft hat mehr Unterstützung verdient.“ FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer sagte: „Im Bundesrat müssen sich jetzt Union und SPD zum Entlastungspaket bekennen oder der arbeitenden Bevölkerung ins Gesicht sagen, dass die Länder sich die Entlastung nicht leisten wollen.“
Konkret geht es bei dem nun beschlossenen Paket um Veränderungen an den Einkommensteuer-Tarifen. Zum Jahreswechsel werden die Eckwerte verschoben. Lohnerhöhungen sollen nicht weiter durch die Inflation aufgefressen werden und dennoch zu einer höheren Besteuerung führen. Dafür wird auch der Grundfreibetrag erhöht: Er soll im kommenden Jahr um 312 Euro auf 12.096 Euro steigen. Für 2026 ist eine weitere Anhebung auf dann 12.348 Euro geplant.
Der steuerliche Kinderfreibetrag (inklusive des Freibetrags für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) steigt zum Jahreswechsel um 60 Euro auf dann 9.600 Euro. Im Veranlagungszeitraum 2026 soll er 9.756 Euro betragen. Das Kindergeld wiederum soll ab Anfang 2025 pro Kind und Monat 255 Euro betragen – fünf Euro mehr als bisher. Anfang 2026 sollen weitere vier Euro obendrauf kommen. Der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien soll ab dem Jahreswechsel bei 25 Euro pro Kind und Monat liegen. Bisher sind es 20 Euro.
Kompromiss: Gesetzentwurf wird deutlich abgespeckt
Grundlage für den Kompromiss der drei ehemaligen Ampel-Partner ist der Entwurf des sogenannten Steuerfortentwicklungsgesetzes, den das Bundeskabinett im vergangenen Juli – also einige Monate vor dem Auseinanderbrechen der Koalition – auf den Weg gebracht hatte. Er sah noch diverse weitere Änderungen des Steuerrechts vor.
Auch interessant
Unter anderem wollte die Ampel ursprünglich die Steuerklassen 3 und 5 abschaffen und durch ein anderes System ersetzen. Dies wäre relevant gewesen für Paare, die vom Ehegattensplitting profitieren. Vorgesehen waren überdies bessere Abschreibungsmöglichkeiten und eine verbessere Forschungsförderung für Unternehmen.
Nach dem Ampel-Aus fühlten sich die Freien Demokraten aber nicht mehr an sämtliche Absprachen gebunden, weshalb sie jetzt nur noch denjenigen Teilen des Gesetzentwurfes zustimmen wollen, der Bürger und Familien unmittelbar entlastet. Sie monierten, dass auf Unternehmen auch weitere bürokratische Lasten zugekommen wären. Die SPD hatte sich in den jüngsten Gesprächen unter anderem dafür stark gemacht, auch eine Förderung der E-Mobilität zu beschließen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Grünen-Chefhaushälter Sven-Christian Kindler warf der FDP und auch der Union eine Blockadehaltung bei der Unterstützung der Wirtschaft vor. Die CDU/CSU habe sich „auf Weisung von Friedrich Merz“ komplett dem Gespräch verweigert, sagte Kindler.
Ampel-Aus: Am Montag Abstimmung über Scholz‘ Vertrauensfrage
Die Einigung von SPD, Grünen und FDP kommt kurz vor einem Beschluss, der das Ende der amtierenden Regierung endgültig besiegeln wird: Am kommenden Montag soll der Bundestag über die Vertrauensfrage abstimmen, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch gestellt hatte. Ziel ist es, die Vertrauensfrage zu verlieren und damit Neuwahlen herbeizuführen. Die Fraktionen im Bundestag haben sich bereits auf den 23. Februar 2025 als Wahltag verständigt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier signalisierte seinerseits, dass er damit einverstanden ist.
Auch interessant
Die Ampel-Koalition war Anfang November auseinandergebrochen, seitdem verfügt der Kanzler über keine Mehrheit mehr im Parlament. Den Umstand, dass er die Vertrauensfrage sehr spät stellt, begründete Scholz damit, dass noch dringend einige wichtige Gesetze verabschiedet werden müssten. Die nun vorgesehene Entlastung von Arbeitnehmern und Familien gehören nach Scholz‘ Auffassung dazu.
- Wahlprogramme: Die teuren Wahlgeschenke der Parteien
- Vertrauensfrage: So wird Deutschland jetzt regiert
- FDP-Chef Lindner: Warum er keine Elternzeit nehmen will
- Interview: Buschmann – „Wenn jemand die Ampel gesprengt hat, dann der Kanzler“
- Sonntagsfrage: Aktuelle Umfragen – und welche Koalitionen möglich wären