Berlin. Die deutsche Wirtschaft kriselt. Arbeitsminister Heil will auf ein bewährtes Instrument zurückgreifen, um Entlassungen zu vermeiden.

Die Wirtschaftsflaute in Deutschland schlägt zunehmend auf den Arbeitsmarkt durch. Fast 2,8 Millionen Arbeitslose waren im vergangenen Monat gemeldet, im Laufe des Winters könnten es mehr als drei Millionen werden. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will jetzt einen Schutzschirm für Beschäftigte und Betriebe weiter aufspannen: Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld soll deutlich verlängert werden. Ein Überblick.

Was ist das Kurzarbeitergeld?

Wenn Unternehmen Aufträge wegbrechen und sie vorübergehend nicht mehr genug Arbeit für ihre Beschäftigten haben, können sie Kurzarbeitergeld beantragen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten weniger Stunden, die Arbeitsagentur erstattet teilweise den Verdienstausfall. Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns (also des Lohns nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben). Beschäftigte, die mindestens ein Kind haben, erhalten 67 Prozent. Zweck des Instruments ist also, die Arbeitnehmer-Einkommen in Krisenzeiten einigermaßen zu stabilisieren. Doch nicht nur das: Betriebe können ihre Personalkosten ohne Entlassungen kurzfristig senken. Wenn sich die Auftragslage bessert, können sie sofort wieder auf die Expertise ihrer Stammbelegschaften zurückgreifen. Das ist insbesondere in Zeiten eines verschärften Fachkräftemangels wichtig.

Was hat Minister Heil jetzt vor?

Heil will die maximale Bezugsdauer auf 24 Monate verlängern – und zwar längstens bis zum 31. Dezember des kommenden Jahres. Bislang wird das Kurzarbeitergeld maximal zwölf Monate lang gezahlt. Zur Begründung heißt es in einem Verordnungsentwurf des Arbeitsministeriums: „Ohne die Verlängerung der Bezugsdauer kann davon ausgegangen werden, dass es zu einem erheblichen Personalabbau bei den von Kurzarbeit betroffenen Betrieben kommen würde.“

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Kann das Projekt nach dem Ampel-Aus überhaupt noch umgesetzt werden?

Ja. Denn die Verlängerung soll per Verordnung umgesetzt werden und nicht per Gesetz. Das ist das übliche Verfahren, bei vorangegangenen Krisen gab es ebenfalls entsprechende Verordnungen. Die Minderheitsregierung von SPD und Grünen kann selbst einen Beschluss dazu herbeiführen, es bedarf keiner Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Das soll noch vor Weihnachten geschehen. Heils Entwurf befindet sich derzeit noch in der Abstimmung zwischen den Ressorts. Dem Text zufolge ist mit Mehrausgaben für die Bundesagentur für Arbeit im Umfang von 260 Millionen Euro zu rechnen. Gehen Beschäftigte in Kurzarbeit, muss die Behörde ihnen andererseits kein Arbeitslosengeld zahlen. Wie groß diese Minderausgaben ausfallen werden, lässt sich laut Verordnungsentwurf nicht beziffern.

Hat sich das Instrument in der Vergangenheit bewährt?

Arbeitsmarktexperten aus Politik, Verbänden und Wissenschaft sehen das so. Sie argumentieren, dass Deutschland ohne eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes nicht so gut durch die Finanzkrise ab 2008 und die Coronakrise ab 2020 gekommen wäre. In beiden Fällen brach die Wirtschaftsleistung zeitweise ein. Während der Pandemie nahmen nach Angaben der Bundesagentur zeitweise fast sechs Millionen Menschen Kurzarbeitergeld in Anspruch, zusammengerechnet entsprach das fast drei Millionen Vollzeitjobs. Von solchen Werten ist Deutschland jetzt freilich weit entfernt, gleichwohl steigt die Zahl der Kurzarbeiter: Nach vorläufigen Daten gab es im September knapp 270.000 Bezieher – ein Plus von fast 120.000 gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders stark betroffen ist das Verarbeitende Gewerbe.