Berlin. Die Regierung wollte die Steuerklassen 3 und 5 abschaffen. Doch aus diesem Projekt wird nun nichts mehr. Für wen das Nachteile bringt.
Eigentlich hatte sich die ehemalige Ampel-Koalition ja vorgenommen, die Besteuerung von Ehepartnern zu verändern: Die meisten Paare wählen bisher die Steuerklassen 3 und 5, um von den Vorteilen des Ehegattensplittings zu profitieren. Diese Klassen sollten wegfallen und durch ein anderes System ersetzt werden. Ziel war es, insbesondere berufstätige Frauen etwas besser zu stellen. Doch daraus wird nichts mehr. Mit dem Ende der Koalition sind auch diese Pläne obsolet. Ein Überblick.
Was genau planten SPD, Grüne und FDP?
Die Ampel-Regierung hatte Ende Juli – also einige Monate vor ihrem Auseinanderbrechen – einen Gesetzentwurf mit zahlreichen Änderungen des Steuerrechts auf den Weg gebracht. Die Rede ist vom „Steuerfortentwicklungsgesetz“. Darin fand sich auch die ursprünglich geplante Reform des Ehegattensplittings. Ziel war mehr Fairness bei der Besteuerung der einzelnen Ehepartner.
Dafür sollten die Steuerklassen 3 und 5 ab 2030 wegfallen und die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren die Regel werden. Das Splitting an sich sollte bestehen bleiben. Die Klasse 4 mit Faktorverfahren gibt es bereits jetzt, sie ist aber nur eine Option und nicht die Regel. Die Steuerschuld wird dabei jeden Monat gerechter auf die Partner aufgeteilt. Bis zur endgültigen Steuererklärung haben sie mehr Geld zur Verfügung, über die Zeit betrachtet ändert sich die Steuerlast aber nicht. Kommen die Steuerklassen 3 und 5 zur Anwendung, erhält der Partner mit dem niedrigeren Einkommen und der Steuerklasse 5 (in der Regel die Ehefrau) deutlich weniger Netto vom Brutto. Oft entsteht der Eindruck, dass sich Arbeit kaum lohnt. Das ist ein psychologischer Faktor, der nicht zu unterschätzen ist.
Auch interessant
Warum werden die Pläne nicht mehr umgesetzt?
Die Rumpf-Koalition aus SPD und Grünen verständigte sich am Freitag zwar mit der FDP darauf, noch Teile des Steuerfortentwicklungsgesetzes durch den Bundestag zu bringen. Doch hier geht es insbesondere um den Ausgleich der Kalten Progression sowie die Erhöhung des Kindergelds und des Kinderzuschlags. Auf Änderungen bei den Steuerklassen habe sich die FDP jetzt hingegen nicht mehr einlassen wollen, hieß es am Freitag aus Koalitionskreisen.
Was bedeutet das konkret für gemeinsam veranlagte Paare?
Wie bisher können Ehepartner weiterhin die Steuerklassenkombination 3 und 5 wählen. Im Gesetzentwurf war diese Option mit dem Ablaufdatum 2030 versehen, dies entfällt nun. Zuletzt wählten vier von zehn zusammenveranlagten Ehe- oder Lebenspartnern die Kombination 3/5. Der Partner mit dem höheren Verdienst und Steuerklasse 3 (in der Regel der Mann) bekommt überproportional viel Geld heraus, dem Partner mit dem niedrigeren Verdienst und der Steuerklasse 5 (in der Regel die Frau) bleibt deutlich weniger. Verdienen beide Partner annähernd gleich, empfiehlt sich, dass beide die Klasse 4 wählen.
Und was hat es mit dem Faktorverfahren auf sich?
Das gibt es jetzt schon. Ehepartner, die unterschiedlich viel verdienen und sich für die Steuerklasse 4 mit Faktor entscheiden, können dies ohne Begründung gemeinsam beim Finanzamt beantragen – und zwar bis zum 30. November des jeweiligen Steuerjahres. Die entlastenden Vorschriften des Steuerrechts machen sich dann auf der monatlichen Gehaltsabrechnung bemerkbar und nicht erst bei der Steuererklärung im Jahr darauf. Der Fiskus berechnet anhand des zu erwartenden Arbeitseinkommens einen Rechenfaktor mit drei Nachkomma-Stellen, den der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug anwenden kann.
Da die von der Ampel geplante Steuerklassen-Reform nun ausbleibt, bedeutet dies, dass Ehepartner bis auf Weiteres all jene Wahlmöglichkeiten haben werden, über die sie schon jetzt verfügen. Die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren bleibt eine Option, aber sie wird nicht die Regel. Ob sich eine künftige Bundesregierung noch einmal des Themas annehmen wird, ist derzeit nicht abzusehen.
Sind Änderungen beim Ehegattensplitting in Sicht?
Nein. Das Splitting an sich bleibt unangetastet, aber das war auch im Zuge der ursprünglich geplanten Reform so vorgesehen – obwohl das Instrument an sich hochgradig umstritten ist. Mit dem Ehegattensplitting fördert der Staat die Ehe steuerlich: Geben die Partner eine gemeinsame Steuererklärung ab, wird das zu versteuernde Einkommen des Paares halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer errechnet und anschließend verdoppelt. Verheiratete Paare zahlen aufgrund des progressiven Steuertarifs auf diese Weise weniger Steuern als unverheiratete Paare mit identischem Einkommen. Kritiker monieren, dass das Ehegattensplitting einen starken Anreiz für viele Frauen setze, gar nicht oder nur in Teilzeit zu arbeiten. Die Betroffenen begäben sich dadurch in wirtschaftliche Abhängigkeiten und hätten später erhebliche Nachteile bei der Rente.
- Wahlprogramme: Die teuren Wahlgeschenke der Parteien
- Vertrauensfrage: So wird Deutschland jetzt regiert
- FDP-Chef Lindner: Warum er keine Elternzeit nehmen will
- Interview: Buschmann – „Wenn jemand die Ampel gesprengt hat, dann der Kanzler“
- Sonntagsfrage: Aktuelle Umfragen – und welche Koalitionen möglich wären