Erfurt/Berlin. Trotz Unvereinbarkeitsbeschluss lässt sich ein CDU-Mann mit Hilfe der Linken wählen. Wie die CDU den Unvereinbarkeitsbeschluss umging.
In Thüringen stellt die CDU nach zehn Jahren wieder den Regierungschef. Mario Voigt, der Landesvorsitzende der CDU und Spitzenkandidat zur Landtagswahl im September, wurde am Freitag bereits im ersten Wahlgang einer mit Spannung erwarteten Wahl zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt. Er führt eine Koalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD an. Die kommt im Landtag allerdings nicht auf eine eigene Mehrheit und hat nur 44 der 88 Stimmen.
Und hier beginnt aus CDU-Sicht der bemerkenswerte Vorgang. Obwohl die Wahl im Landtag geheim war, deutet vieles darauf hin, dass der CDU-Ministerpräsident nur durch die Stimmen der Linkspartei ins Amt gekommen ist. Bis zuletzt hatten Voigt und seine Partner von BSW und SPD mit der Linkspartei darüber verhandelt, unter welchen Bedingungen sie die fehlende Stimme liefern könnte. Erst am Vorabend der geplanten Ministerpräsidentenwahl der Durchbruch: CDU, BSW und SPD verpflichten sich in einem sogenannten „Parlamentarischen Pflichtenheft“ darauf, die Linke einzubinden.
Im Gegenzug lieferte die Linke die entscheidenden Stimmen bei der Ministerpräsidentenwahl. Deren Fraktionsvorsitzender Christian Schaft erklärte nach einer Fraktionssitzung am Donnerstag, man werde Voigt unterstützen. Der Fraktionschef der AfD, Björn Höcke, erklärte nach der Ministerpräsidentenwahl, dass seine Fraktion den CDU-Kandidaten nicht gewählt habe.
Auch interessant
CDU umgeht Unvereinbarkeitsbeschluss – Merz reagiert
Mit dem sogenannten „Parlamentarischen Pflichtenheft“ umgeht die CDU, Wie schon in der zurückliegenden Legislatur in Thüringen, ihren Unvereinbarkeitsbeschluss zur Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Doch warum lassen sich die Christdemokraten darauf ein?
Hintergrund ist das Wahlergebnis vom 1. September. Dort wurde die vom Verfassungsschutz, als erwiesen rechtsextrem eingestufte AfD zur stärksten Kraft gewählt. Danach folgte die CDU, dann das BSW sowie Linkspartei und SPD. Über eine eigene Mehrheit verfügt die jetzt geschmiedete sogenannte Brombeerkoalition nicht, weshalb sie auf mindestens eine Stimme aus der Opposition angewiesen ist. Die soll auch künftig eher von der Linken als von der AfD kommen.
CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz gehörte trotz Kooperation mit der Linkspartei zu den ersten Voigt-Gratulanten. Er zeigte sich zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis, das der Ostthüringer in Thüringen erzielt hat. Es sei der Thüringer CDU unter „schwierigen Bedingungen“ gelungen, wieder eine Regierung zu bilden. Dabei habe sie keine Zugeständnisse „in den Grundsatzfragen unserer Politik“ machen müssen, so Merz. Damit dürfte klar sein, dass die Bundes-CDU trotz Unvereinbarkeitsbeschluss kein Veto mehr gegen die Kooperation mit der Linkspartei einlegen wird.
Zusammenarbeit von Linke und CDU schon seit 2020
Damit kommt es in Thüringen erneut zu einem zu einer Zusammenarbeit zwischen der Linke und CDU. Denn bereits seit 2020 hat die CDU eine von der Linkspartei angeführte Regierung „de facto“ toleriert. Der von Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) angeführten Minderheitsregierung fährt im Landtag vier Stimmen zur Mehrheit Punkt die lieferte die CDU bei wichtigen Beschlüssen in den vergangenen vier Jahren Punkt so wurden zum Beispiel alle Haushalte des Landes Thüringen verabschiedet.
Dass die Ministerpräsidenten-Wahl in dem kleinen Bundesland so sehr im Fokus stand, geht auf die Regierungskrise vor vier Jahren zurück. Damals war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im dritten Wahlgang mit Stimmen von CDU und FDP sowie der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurden. Er trat wenige Tage später auf Druck der eigenen Parteispitze zurück und Ramelow, der zuvor schon eine Koalition aus Linke, SPD und Grünen angeführt hatte, kam bei einer weiteren Wahl im März erneut ins Amt. Die AfD hatte bei der Kemmerich-Wahl zwar einen eigenen Kandidaten aufgestellt, diesen am Ende aber nicht gewählt.
AfD stimmt gegen Voigt
Bei der Ministerpräsidentenwahl war am Donnerstag verzichtete die AfD um Fraktionschef Björn Höcke darauf, solche Taktiken erneut anzuwenden. Zwar äußerte sie sich im Vorfeld nicht zu ihrem Wahlverhalten, allerdings wurde im Anschluss aus der Stimmenverteilung bei der geheimen Wahl und im Lichte der Unterstützungszusage der Linkspartei für Voigt relativ klar, dass die AfD gegen ihn gestimmt haben muss.