Berlin. Der Freistaat hat einen neuen Regierungschef, gewählt mithilfe der Linken. Die Union sollte ihr Verhältnis zu dieser Partei überdenken.
Im Erfurter Landtag konnte man am Donnerstagmorgen einen erleichterten Ministerpräsidenten sehen: Der CDU-Politiker Mario Voigt ist im ersten Wahlgang zum neuen Regierungschef des Freistaats gewählt worden – und das, obwohl seine Brombeer-Koalition mit Sahra Wagenknechts BSW und der SPD im Parlament nicht über die absolute Mehrheit der Sitze verfügt. Es war die Linke um den bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, die Voigt über die Hürde half und ihn damit vor der Peinlichkeit bewahrte, mit Stimmen der rechtsextremen AfD ins Amt zu kommen. Grundlage dafür war eine ziemlich niederschwellige Verständigung darüber, in welcher Form Regierungsparteien und Linke in der neuen Legislaturperiode im Gespräch bleiben wollen.
Die Thüringer Linke war die große Verliererin der Landtagswahl Anfang September, die Wähler schickten sie von der Regierungs- auf die Oppositionsbank. Am Donnerstag hat sie sich erneut als Kraft erwiesen, auf die Verlass ist, wenn es darauf ankommt. Und im Freistaat kommt es darauf an: Nirgendwo sonst in der Republik ist die AfD so stark und so radikal wie dort.
Die Bundes-CDU von Friedrich Merz sollte die Vorgänge von Erfurt zum Anlass nehmen, ihre Haltung zur Linkspartei – oder besser zu dem, was noch davon übrig ist – grundlegend zu überdenken. Fast 35 Jahre nach dem Ende der DDR ist es aus der Zeit gefallen, formale Kooperationen mit dieser Partei grundsätzlich auszuschließen. Eine Ramelow- oder Gysi-Linke ist etwas anderes als die rechte AfD. Warum die moskautreue Abspaltung BSW notfalls als Partner infrage kommen kann, die pragmatischen Teile der Linkspartei aber nicht, haben Merz und seine Leute bis heute nicht überzeugend erklärt.