Washington. Kamala Harris und Donald Trump liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Klar ist: Wie die Wahl ausgeht, liegt an ganz bestimmten Fronten.
Kamala Harris oder Donald Trump? Wer zieht ins Weiße Haus ein? Die Chancen für die Demokratin und den Republikaner stehen 50:50. Welche Themen können die Wahl des Jahres entscheiden?
Die Preiskeule im Supermarkt: Die US-Wirtschaft ist im Weltmaßstab – Wachstum, Arbeitslosigkeit etc. – ein Glanzstück. Aber viele Amerikaner spüren nichts oder zu wenig davon. Weil die Lebenshaltungskosten, der Gang in den Supermarkt, die Strom und Heizungsrechnung noch immer feuchte Augen verursachen. Das Gros der Wähler schiebt die Teuerung Harris (Biden) in die Schuhe und verliert die Geduld. Trumps wolkiges Versprechen, binnen eines Jahres die Preise zu halbieren, ist für viele Musik in den Ohren.
Das Elend an der Grenze: Über zehn Millionen Asylsuchende gehen seit 2021 auf das Konto von Biden und Harris. Bei Trumps Abschottungspolitik 2017/2021 waren es deutlich weniger. Über die Stigmatisierung der Einwanderer als Mörder, Vergewaltiger, Drogen-Händler hat Trump ein Reizklima geschaffen. Viele Amerikaner vor allem mit unteren Bildungsabschlüssen sehen sich einem zu raschen kulturellen Wandel ausgesetzt. Sie glauben, ihr Land nicht wiederzuerkennen. Trumps drakonische Androhung von Massen-Abschiebungen findet mehr als marginalen Zuspruch.
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Denkzettel für den Nahen Osten: Durch den Israel-Gaza-Krieg haben hunderttausende Muslime ihre Loyalität zu den Demokraten aufgekündigt. Kamala Harris hat aus ihrer Sicht die Schuld Joe Bidens geerbt, nicht genug für den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung getan zu haben. In Swing States wie Michigan, wo der höchste Anteil arabisch-stämmiger Wähler lebt, kann das den Ausschlag für Trump geben. Obwohl der genau das verweigert, was die muslimische Community fordert: einen Stopp jeglicher Waffenlieferungen an Israel.
„Neuer Weg nach vorn”: Kamala Harris hat erklärt, ihre Präsidentschaft würde nicht die Fortsetzung der Ära Biden bedeuten. Was die Vize-Präsidentin anders machen würde als ihr Boss, dessen Beliebtheitswerte trotz enormer gesetzlicher Errungenschaften miserabel geblieben sind, blieb über weite Strecken des Wahlkampfes vage. Für unentschlossene oder parteiunabhängige Wähler könnte das am Ende zu wenig sein, um der Kalifornierin ihre Stimme zu geben.
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Männer-Freundschaft: Männer allgemein, aber vor allem jüngere unter 30 und Schwarze, hadern mit Harris. Viele fühlen sich zu Trumps Macho-Stil hingezogen. Die Demokraten sind ihnen zu weiblich getaktet. In den Umfragen tut sich für die Demokratin ein gefährliches Gefälle auf. Trump macht sich das seit Wochen zunutze.
Der Frauen-Beschützer: Dass viele Frauen den von Trump via Oberster Gerichtshof herbeigeführten gesetzlichen Flickenteppich bei Schwangerschaftsabbrüchen für einen Denkzettel an der Wahlurne nutzen werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Frage ist: Kann eine überdurchschnittliche Frauen-Beteiligung für Harris denkbare Verluste in anderen demografischen Gruppen ausgleichen? Trumps Behauptung, er sei in Wahrheit der Beschützer der Frauen Amerikas, bietet viel Angriffsfläche.
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Puerto Rico und die Müll-Insel: Kurz vor der Wahl eine wichtige Wählergruppe vor den Kopf zu stoßen, kann bei knappem Wahlausgang den Ausschlag geben; ein Bundesstaat reicht. Etwa Pennsylvania. Rund 350.000 wahlberechtigte US-Bürger – von insgesamt fast 600.000 „Hispanos“ – mit Wurzeln in Puerto Rico könnten nach der Trump-Kundgebung im New Yorker Madison Square Garden versucht sein, sich in diesem „Swing State“ zu rächen. Wer lässt schon gern seine Heimat als „schwimmende Müll-Insel” abqualifizieren?
Der Nikki Haley-Faktor: Die Wahlkampagne von Kamala Harris hat zielgenau jene Landkreise ins Visier genommen, in denen bei den republikanischen Vorwahlen der Stimmen-Anteil für die damals einzige echte Konkurrentin Trumps sehr hoch war. Gelingt es Harris, in substanzieller Zahl moderate Trump-Gegnerinnen an sich zu binden, wobei ihr die Republikanerin Liz Cheney argumentativ behilflich ist, könnten zigtausende Stimmen bei Harris landen, die nicht eingeplant waren.
Die Kriegsmüdigkeit: Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sind vielen Amerikanern zu teuer geworden. Die Unterstützung für Waffenlieferungen für Kiew schwindet. Die Meinung, dass sich Amerika öfter heraushalten sollte aus Konflikten, wird mehrheitsfähig. Trump bietet simple Versprechen an wie: „Ich werde den Krieg binnen 24 Stunden beenden.” Viele Wähler finden das attraktiv.
Das Umfragen-Rätsel: Trotz Verbesserungen bei der Methodik stehen Amerikas „Pollster” wie schon 2016 und 2020 unter dem Präventiv-Verdacht, das Empfinden der Wählerschaft nicht treffend abzubilden. Es wird damit gerechnet, dass viele Befragte ihre wahren Absichten erst am Wahltag offenlegen. Das könnte bedeuten, dass Harris oder Trump am Ende selbst bei Unterschieden von nur zwei Prozentpunkten viel klarer gewinnen (oder verlieren) könnten, als es die konstant im Patt-Bereich pendelnden Umfragen abbilden.
Couch-Kartoffel oder Bürgerpflicht: Wie kriegt man Wähler/-innen, die aus langjährigem Frust oder parteiunabhängiger Gleichgültigkeit lieber zu Hause bleiben, dazu, am Dienstag in die Wahllokale zu gehen? Wer diese Frage in den verbleibenden Tagen erfolgreich beantwortet, ist im Vorteil. „Turnout is everything“, sagen die Amerikaner. Wahlbeteiligung ist alles. Trump versucht es über extreme Zuspitzung bei jüngeren Männern, an deren Verlustängste er appelliert. Harris setzt auf die stille Wut der Frauen, die Trump den Scherbenhaufen bei der Abtreibung nicht verzeihen.
Die Macht der wenigen: 2020 gaben in einem Land mit 340 Millionen Einwohnern 44.000 Stimmen in drei Bundesstaaten (Wisconsin, Arizona, Georgia) den Ausschlag für Joe Biden und gegen Donald Trump. Liegen die Meinungsforscher nicht daneben, könnte es diesmal noch knapper werden. Bleiben in wichtigen Swing States nur ein paar zehntausend Wähler/-innen zu Hause oder bekommt etwa die Grünen-Kandidatin Jill Stein verhältnismäßig viel Unterstützung, kann dies das Endergebnis auf den Kopf stellen.
Die Elon-Election: Noch nie hat sich ein Superreicher so massiv in einen Wahlkampf geworfen wie der Tesla-SpaceX-Multi-Milliardär. Elon Musks Gewicht ist dabei nicht nur in Geld entscheidend – er hat Trump über 100 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Als Besitzer der Social-Media-Plattform „X“ verfügt er bei über 200 Millionen Followern über das mächtigste Megaphon im Digitalzeitalter.
Schein-Riese und Geheim-Favorit: Trump verspricht auf Kundgebungen einen „fetten, schönen Sieg”. Das liegt an internen Umfrage-Zahlen, die ihm in den sieben Swing States leichte Vorteile bescheinigen. Analysten glauben, dass hier eine „Optimismus-Fassade” aufgebaut wird. Professor Alan Lichtman, der einen Harris-Sieg voraussagt, ist der Ansicht, dass die Demoskopen eine pro-demokratische Unterströmung nicht ausreichend berücksichtigen.
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