Hamburg. Grüne wollen 32-Stunden-Woche mit vier Arbeitstagen erproben. CDU kritisiert: Dann fielen 623.752 Arbeitsstunden pro Woche weg.

Es ist ein mutiger Vorstoß – oder womöglich doch ein Irrweg? Die Grünen wollen in Hamburg die Viertagewoche einführen: 32 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Erprobt werden soll das Modell zunächst in einer Behörde und einem städtischen Unternehmen. So haben es die Grünen in ihrem gerade beschlossenen Programm zur „Zukunft der Wirtschaft in Hamburg“ beschlossen. Damit habe sie eine größere Debatte ausgelöst – und nun auch heftigen Widerspruch der CDU geerntet.

„Sollte der Senat tatsächlich der Forderung nachkommen und die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden reduzieren, ergäbe sich in Hamburg allein bei 77.969 Beschäftigten im öffentlichen Dienst nach Berechnungsgrundlage der Bundesregierung ein Ausfall von 623.752 Arbeitsstunden pro Woche“, sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe, der Fachsprecher seiner Fraktion für den öffentlichen Dienst ist. „Dies würde fast 19.500 Stellen und Kosten von 779,6 Millionen Euro bedeuten.“

Viertagewoche: Es müssten Tausende zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden

Vor allem Einsatzkräfte bei Feuerwehr oder Polizei und Mitarbeiter im Schichtsystem könnten „nicht einfach weniger arbeiten, da ihre Arbeit rund um die Uhr erforderlich ist“, sagte Kappe. „Die Schichten müssen besetzt werden, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Daher müssten Tausende zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, um die entfallenden Arbeitsstunden zu kompensieren. Dies stellt nicht nur ein Problem im Hinblick auf den Fachkräftemangel dar, sondern es ist auch sehr fraglich, wie das in Anbetracht der knappen Kassen finanziert werden soll.“

Der Vorschlag der Grünen habe „zweifellos seinen Charme“, so der CDU-Politiker. „Eine Arbeitszeitverkürzung könnte den Krankenstand verringern, die Attraktivität als Arbeitgeber steigern und die Mitarbeiterzufriedenheit verbessern. Allerdings stellt sich die Frage, wie eine solche Maßnahme finanziert werden soll und woher die zusätzlichen Mitarbeiter kommen sollen.“ Die Ausbildungsstätten seien bereits überlastet, und die öffentliche Verwaltung befinde sich in einer Pensionierungs- und Rentenwelle.

CDU-Kritik: Grünen-Vorschlag unrealistisch – Hamburg sollte sich an Wedel orientieren

Ein Beispiel dafür, wie eine Arbeitszeitflexibilisierung ohne das Erfordernis zusätzlicher Mitarbeiter umgesetzt werden könne, biete die Stadt Wedel, so Kappe. „Die derzeitigen 438 Mitarbeiter der Stadt arbeiten in Vollzeit 40 Stunden pro Woche. Bei einer Umstellung auf eine Viertagewoche sollen die wöchentliche Arbeitszeit und das Gehalt gleichbleiben, jedoch können die Verwaltungsmitarbeiter ihre Stunden auf vier statt fünf Tage verteilen.“

Wenn man in Hamburg den sinnvollen Weg der Flexibilisierung gehen wolle, müsse „das Modell von Wedel der erste Schritt sein, damit die Beschäftigten mehr freie Tage und eine höhere Flexibilisierung im Sinne der Work-Life-Balance haben“, sagte Kappe. „Hier muss der Senat endlich liefern.“

Arbeitszeit: Gewerkschaft fordert von Grünen, erst mal im Bund die Belastung zu senken

Auch von Betroffenen im öffentlichen Dienst wurde der Grünen-Vorstoß zwiespältig bewertet. „Die Idee, die Arbeitszeit abzusenken, können wir nur unterstützen“, sagte Sebastian Harms, Vize-Vorsitzender Nord der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft. Der Vorschlag sei aber wenig glaubwürdig, solange die Bundesbeamten sogar 41 Stunden pro Woche arbeiten müssten.

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Die Erhöhung von 38,5 auf 41 Stunden aus den Jahren 2005/2006 sei trotz gegenteiliger Versprechen niemals wieder zurückgenommen worden. „Man kann nicht in Hamburg von einer 32-Stunden-Woche träumen, während auf Bundesebene nichts passiert“, so Harms. „Hier sind die Grünen gefragt, auf Bundesebene dafür zu sorgen, dass man die Arbeitszeit absenkt.“