Hamburg. Laut Verkehrssenator sind Genehmigungen für Firmen nur durch neues Bundesrecht möglich. Nun widerspricht die Bundesregierung.

Das Anwohnerparken bleibt in Hamburg ein Streitthema. Nun wirft die CDU dem grünen Verkehrssenator Anjes Tjarks vor, bei der öffentlichen Debatte über das offiziell als „Bewohnerparken“ bezeichnete System nicht sauber zu argumentieren.

Hintergrund: Tjarks hatte gesagt, er wolle sich „auf Bundesebene dafür einsetzen, dass in Bewohnerparkgebieten ansässige Firmen und Einrichtungen dort besser ihre Fahrzeuge parken“ könnten. Dafür sei eine Änderung der bundesweit gültigen Straßenverkehrsordnung (StVO) notwendig. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß und Christoph de Vries scheint dieser Aussage nun zu widersprechen.

Verkehr in Hamburg: Bundesregierung widerspricht Hamburger Senator – scheinbar

Auf die Frage, ob eine Änderung der Vorschriften auf Bundesebene geplant sei, antwortete die Bundesregierung: „Nein“. Die StVO ermächtige schon jetzt „die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen“, so das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium.

Eine Änderung der StVO sei also gar nicht notwendig, so die beiden CDU-Abgeordneten. Der Senat erwecke „den völlig falschen Eindruck, dass ihm durch das Bundesrecht die Hände gebunden seien, während die Bundesregierung ganz klar sagt, dass die Landesbehörden selbst über Ausnahmen entscheiden“ könnten.

„Jetzt haben wir es schwarz auf weiß“, so Christoph Ploß. „Das unwürdige Herumgeeiere von Anjes Tjarks um Ausnahmen für Handwerker oder Pendler bei den Parkgebühren kann sofort beendet werden. Der rot-grüne Senat muss jetzt schnell umsetzen, dass zum Beispiel Handwerker, Gewerbetreibende und Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind, von den Parkgebühren befreit werden.“

Anwohnerparken: Firmen beschweren sich, dass sie nicht mehr parken können

Christoph de Vries sagte, ihn hätten „in den letzten Monaten viele Klagen von Betrieben in Hamburg-Mitte erreicht, die durch die Ausweitung der Bewohnerparkzone durch Herrn Tjarks ihre eigenen Firmenfahrzeuge nicht mehr bei sich am Betriebssitz im öffentlichen Raum parken dürfen und auch keine Ausnahmegenehmigung erhalten“. Darunter seien „ein Getränkehandel sowie ein Verlag, die zwingend darauf angewiesen sind, um Getränke und Zeitungen ausliefern zu können“.

Mit seiner „wirtschaftsfeindliche Politik“ verdränge der Senat Unternehmen und Betriebe aus den innerstädtischen Stadtteilen und gefährde Existenzen. Dieses Vorgehen müsse „schleunigst beendet werden“, die Antwort der Bundesregierung zeige, dass das auch möglich sei, so de Vries. „Alles andere sind politische Schutzbehauptungen, wie wir nun wissen.“

Bewohnerparken: Senat will das ganze System umbauen – mit Hilfe des Bundes

Die Verkehrsbehörde weist diese Deutung als falsch zurück. „Die Hamburger CDU hat richtig erkannt, dass auch nach heutiger Rechtslage Ausnahmegenehmigungen für das Bewohnerparken möglich sind“, so Behördensprecher Dennis Heinert mit einem kleinen ironischen Seitenhieb.

„Davon macht die Stadt Hamburg allerdings auch schon seit vielen Jahren Gebrauch. So werden die entsprechenden Anträge für das Parken von Handwerkern und Pflegediensten beim Kunden zu über 95 Prozent und für das Parken am Betriebssitz zu rund 50 Prozent aller Anträge genehmigt.“

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Bei der – auch beim kürzlich eingerichteten Runden Tisch zum Thema Parken mit Kammern und Verbänden besprochenen – Initiative auf Bundesebene gehe es allerdings darum, „aus möglichen Ausnahmegenehmigungen den Regelfall zu machen“, so Heinert.

„Das Ziel ist es, das Bewohnerparken durch eine Änderung des Paragrafen 45 der bundesweit gültigen Straßenverkehrsordnung zu einem echten Quartiersparken weiterzuentwickeln. Wir möchten also, dass beispielsweise ansässige Unternehmen die Fahrzeuge künftig ihre betriebsnotwendigen Fahrzeuge regelhaft am Standort parken können.“

Verkehr: FDP-Bundesministerium lehnt Quartiersparken nach Wiener Vorbild ab

Parallel dazu prüfe der Landesbetrieb Verkehr (LBV) „alle schon heute rechtssicher umsetzbaren Möglichkeiten, Ausnahmegenehmigungen nach Paragraf 46 StVO noch großzügiger als bisher zu erteilen“. Außerdem werde der LBV „typische Ausnahmegenehmigungen – zum Beispiel Kontingente für Betriebe mit Schichtarbeit und konkrete Lösungen für gastgebende Sportvereine, Glaubensgemeinschaften und Erbringer sozialer Dienstleistungen – einfacher und transparenter gestalten und die Verfahren weiter digitalisieren und beschleunigen“.

Bei dem von Tjarks und der Handelskammer bevorzugte Anrainer- oder Quartiersparken nach dem Vorbild Wiens hätten auch ansässige Firmen und Mitarbeiter ein Recht auf eine Parkgenehmigung wie bisher nur Anwohner. Diesem Modell scheint man im Haus von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) aber nicht zuzuneigen.

Auf die Frage der beiden CDU-Abgeordneten, ob das Wiener Modell ein Vorbild für Deutschland sein könnte, antwortet sein Ministerium: „Nein, ausgewiesene Parkflächen müssen für alle Verkehrsteilnehmer zu den ausgewiesenen Parkzeiten zur Verfügung stehen. Das sogenannte Wiener Modell wird dem nicht gerecht. Die bestehenden Regelungen der StVO haben sich in der Praxis bewährt.“