Hamburg. Viele Aufgaben, zu wenig finanzielle Anreize: Was Hamburg dagegen unternimmt und was der Lehrermangel damit zu tun hat.

Eine Leitungsaufgabe zu übernehmen, klingt erst einmal attraktiv. Doch im schulischen Bereich sieht das ganz anders aus: Schulleitungen – insbesondere für Grundschulen – zu finden, wird in Hamburg immer schwieriger, heißt es aus der Schulbehörde.

Die Aufgaben dieser Schulleiterinnen und Schulleiter sind vielfältig: den Stundenplan machen, das Personal planen und vor allem neue Lehrer gewinnen, das Ganztagsangebot koordinieren, das Budget verantworten, die Schule weiterentwickeln, den Unterricht verbessern, Schulfeste planen, geflüchtete Kinder integrieren und vieles mehr. Eine Initiative soll jetzt helfen.

Schule Hamburg: Leitungsfunktion lohnt sich finanziell kaum

Während sich für die Leitung von Stadtteilschulen und Gymnasien mehr Interessenten finden, sind Bewerber insbesondere an Grundschulen teils Mangelware. Gerade kleine Grundschulen müssen oft lange suchen, bis sie Leitungsjobs besetzen können.

„Es ist weder finanziell, noch von der Struktur her besonders attraktiv, diese Aufgabe zu übernehmen“, sagt Gudrun Wolters-Vogeler, stellvertretende Vorsitzende des Verbands Hamburger Schulleitungen, und selbst Leiterin einer Grundschule. Denn besonders kleine Grundschulen verfügten nicht über ein größeres Leitungsteam, sondern ein Schulleiter müsse mit einer Stellvertretung alle Aufgaben allein bewältigen. Abteilungsleiter wie an größeren oder weiterführenden Schulen gibt es nicht.

Schulleiterin in Hamburg: „Die Belastung ist größer geworden“

Auch der finanzielle Anreiz ist mäßig: Grundschulleiter kämen im Vergleich zu normalen Lehrern nur auf eine Gehaltsstufe mehr, „verdammt wenig, wenn man bedenkt, dass der Sprung in den weiterführenden Schulen drei Gehaltsstufen beträgt“, sagt Wolters-Vogeler. Der Sprung von A13 nach A14 bedeute rund 350 Euro mehr monatlich – brutto. Und an kleineren Grundschulen müssen die Schulleiterinnen und -leiter noch bis zu 50 Prozent der für Lehrer üblichen Unterrichtsleistung erbringen, ihre Stellvertreter sogar noch mehr.

Wolters-Vogeler ist seit 20 Jahren im Job. „Die Belastung ist größer geworden“, berichtet sie. „Was in letzter Zeit sehr viel Zeit frisst, ist angesichts des zunehmenden Lehrermangels das Akquirieren von neuen Lehrkräften.“ Habe es früher auf eine Ausschreibung häufig 70 Bewerbungen gegeben, könne man heute froh sein, wenn ein oder zwei qualifizierte Bewerber sich meldeten.

Linke in Hamburg: Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben entlasten

Auch Interessenten für Grundschulleitungen zu finden, sei generell schwieriger geworden. Problemloser sei es in citynahen Schulen, in denen Träger die Nachmittagsbetreuung organisierten. „In Randlagen ist dieses schwieriger, kommt dann noch eine vollgebundene Ganztagsbetreuung sowie die Schwerpunktschule Inklusion hinzu, wird es sehr, sehr schwer“, so Wolters-Vogeler.

Sabine Boeddinghaus, Vorsitzende der Linksfraktion in der Bürgerschaft und deren Bildungsexpertin, fordert: „Die Behörde müsste sich Gedanken darüber machen, wie die Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden können – der Arbeitsplatz muss attraktiver werden.“

Gewerkschaft fordert: Schulleitung sollte in Teilzeit möglich sein

Derzeit seien an Hamburgs Grundschulen etwa neun bis zehn Schulleitungen unbesetzt, heißt es aus der Schulbehörde, 97 Prozent der Stellen besetzt. Von einem „Schulleitermangel“ könne man nicht sprechen. Bis August werde die Besoldung für die Leitungen kleinerer Grundschulen in der Regel auf A14Z angehoben – es gibt also eine Zulage. Und: „Hamburg hat bundesweit die höchste Besoldung sowohl für Grundschulleitungen als auch für Grundschullehrkräfte und Funktionsstellen an Grundschulen“, sagt Behördensprecher Michael Reichwein.

Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geht das nicht weit genug. „Man sollte erwägen, ob die Grundschulleitungen ab einer Dreizügigkeit der Schulen nicht A15 erhalten sollten“, sagt Hamburgs GEW-Vorsitzender Sven Quiring. Eine Schule zu leiten, sollte nach seiner Ansicht auch in Teilzeit möglich sein – oder von zwei Teilzeitkräften in einem gleichberechtigten Team, das sich die Arbeit teilt.

Stiftungen wollen Nachwuchskräfte für den Job qualifizieren

Um Nachwuchs für Hamburgs Grundschulleitungen zu finden, unterstützt die Schulbehörde aber die neue Initiative „Grundschule voraus – gemeinsam.gestalten.lernen“ der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der Heraeus Bildungsstiftung sowie der „Zeit“-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Jedes Jahr werden hier rund 18 engagierte Grundschullehrkräfte ab dem fünften Berufsjahr mit Erfahrungen in Leitungsaufgaben auf ihrem Weg zur Grundschulleitung qualifiziert und begleitet.

Beginn ist im Sommer, wenn das neue Schuljahr startet. Das einjährige und berufsbegleitende Qualifizierungsprogramm besteht aus drei Modulen: den Akademietagen, begleitenden Netzwerkveranstaltungen und einem Praxisprojekt in der Schule. Die Initiative ist zunächst für drei Jahrgänge bis 2026 geplant.

Schule Hamburg: Senator Ties Rabe unterstützt das Projekt

Das Programm soll interessierten und erfahrenen Lehrkräften den Weg in Leitungsfunktionen an Grundschulen ebnen. Es sei wichtig, so Schulsenator Ties Rabe (SPD). Ich begrüße dieses Projekt ausdrücklich, „weil schulische Leitungsfunktionen im positiven Sinne herausfordernd sind und wir auch aufgrund wachsender Schülerzahlen in den nächsten Jahren viele neue Grundschulleitungen benötigen werden“.

Ziel sei es, „mit der Qualifizierung zukünftiger Leitungen der Grundschule die Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung zu geben, die sie verdient“, so Ansgar Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Alfred-Toepfer-Stiftung. Bewerbungen sind unter www.grundschule-voraus.de bis zum 4. Juni 2023 möglich.