Hamburg. Stefanie von Berg wurde am Montag im Rathaus Altona ernannt. Ein konkretes Ziel hat sie gleich zu Beginn formuliert.
Ein historischer Tag im altehrwürdigen Rathaus von Altona: Mit Stefanie von Berg hat die erste Bezirksamtsleiterin von den Grünen ihr Amt aufgenommen. Finanz- und Bezirkssenator Andreas Dressel (SPD) überreichte der 55 Jahre alten Pädagogin am späten Montagvormittag im Kollegiensaal die Ernennungsurkunde. Von Berg war von einer breiten Mehrheit der Bezirksversammlung gewählt worden. Ihre Amtszeit dauert sechs Jahre.
„In diesen bewegten Zeiten ist es ein wichtiger Punkt, dass es in Altona gelungen ist, eine sehr breit getragene Personalentscheidung zu treffen. Es gibt einen guten, konstruktiven und harmonischen Übergang“, sagte Dressel und spielte damit auf von Bergs Vorgängerin Liane Melzer (SPD) an, die in den Ruhestand gewechselt ist. Es geht auch anders: Am Donnerstag der vergangenen Woche war die Wahl der Grünen-Politikerin Katja Husen zur Eimsbütteler Bezirksamtsleiterin trotz einer rechnerischen grün-schwarzen Mehrheit gescheitert.
von Berg will Bezirke gegenüber Senat und Bürgerschaft stärken
„Ich werfe mich voll in dieses wunderbare Amt“, sagte Stefanie von Berg vor rund 60 Gästen, darunter zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamts. Von Berg kündigte an, die Digitalisierung vorantreiben und neue Formen der Bürgerbeteiligung einführen zu wollen. „Ich mag Menschen, bin kontaktfreudig und fair, aber auch durchsetzungsfähig und beharrlich“, charakterisierte sich die Grüne, die am Freitag aus ihrem Amt als Leiterin des Studienseminars Stade für das Lehramt an beruflichen Schulen entlassen worden war.
Von Berg kündigte in ihrer Antrittsrede an, die Digitalisierung vorantreiben und neue Formen der Bürgerbeteiligung einführen zu wollen. „Ich bin überzeugt davon, dass die Digitalisierung das Leben, auch das Arbeitsleben besser machen kann“, sagte die neue Bezirksamtschefin. Bei großen Infrastrukturprojekten im Bezirk Altona wie dem Science Center Bahrenfeld oder der Mitte Altona will von Berg frühzeitig interessierte Bürgerinnen und Bürger in die Planung der öffentlichen Flächen einbeziehen. „Dazu gehören im Vorfeld auch Schulungen der Teilnehmer in Workshops“, erläuterte von Berg am Rande des Empfangs.
Wie in den anderen Bezirken stehen auch in Altona die Themen Klimaschutz, Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und Verkehr obenan. „Gerade beim Thema Verkehr wissen wir alle, was auf uns zukommt. Der öffentliche Raum ist nun einmal knapp. Aber im Zweifel bin ich für den Rad- und Fußverkehr“, sagte von Berg und machte damit aus ihrer grünen Überzeugung keine Mördergrube.
Gemeinschaftszentrum im Holsten Quartier
Wichtig sei ihr, so von Berg, der soziale Zusammenhalt im Bezirk. Da passte es, dass Dressel die Finanzierungszusage des Senats für die Einrichtung eines Gemeinschaftszentrums im neuen Holsten Quartier mitgebracht hatte. „Das Gemeinschaftszentrum soll ein Ort der Begegnung mit Bücherhalle und dem Angebot von Sportkursen werden“, sagte Stefanie von Berg.
Die Bezirksamtsleiterin will das Gewicht der Bezirke gegenüber Senat und Bürgerschaft stärken. „Ich habe den Eindruck, dass die Bezirke nicht immer beteiligt werden an Entscheidungen. Wir wollen mit am Tisch sitzen und entsprechend gehört werden“, sagte die Bezirksamtsleiterin in ihrer Rede.
„Ich bin nicht mit fliegenden Fahnen in dieses Amt gegangen. Das war ein langer Entscheidungsweg“, sagte von Berg und fügte, für die meisten wohl überraschend, hinzu: „Ich gehe aus einer lebenslangen Verbeamtung heraus auf diesen, ja doch nicht so ganz sicheren Platz hier. Ich habe kein Rückkehrrecht, habe alles gekappt. Ich mache das also mit vollem Engagement“, sagte die Grünen-Politikerin unter starkem Beifall. Bezirksamtsleiter sind politische Beamte und können jederzeit abgewählt werden.
Seit Bezirkswahl sind Grüne stärkste Kraft
Dressel lobte den reibungslosen Übergang an der Spitze des Bezirksamtes, der ja auch ein Wechsel der politischen Farbe von Rot auf Grün bedeutet. „Liane Melzer hat die Basis für eine sehr erfolgreiche Amtszeit von Stefanie von Berg gelegt. Sie bringt alle Voraussetzungen mit, um den Bezirk gut gestalten zu können“, sagte der Bezirkssenator.
Die Grünen sind seit der Bezirksversammlungswahl am 26. Mai stärkste Kraft in Altona und konnten ihren Stimmenanteil von 22,1 Prozent (2014) auf 35,1 Prozent steigern. Die SPD kam auf 20,4 Prozent (2014: 30,0) und die CDU auf 16,6 Prozent (23,3). Die FDP steigerte sich von 4,4 auf 6,8 Prozent, die Linke von 14 auf 14,8 Prozent und die AfD von 3,3 auf 4,4 Prozent. Die Wahl von Bergs in der Bezirksversammlung hatten die Fraktionen von Grünen, SPD und CDU unterstützt. Die Berufsschulpädagogin erhielt am 26. September 33 von 45 Stimmen bei zwei Enthaltungen und zehn Neinstimmen.
Stefanie von Berg war von 2011 bis 2018 Bürgerschaftsabgeordnete und schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion sowie seit 2015 Vorsitzende des Schulausschusses. Im November 2018 hatte sie ihr Mandat wegen der Doppelbelastung von Beruf und Politik niedergelegt. Bundesweit bekannt wurde die streitbare Grüne, nachdem die AfD 2015 auf ihre Facebook-Seite einen Auszug einer von-Berg-Rede in der Bürgerschaft zum Thema Migration gestellt hatte und ein Shitstorm über von Berg hereinbrach. Die Schulpolitikerin hatte sich in den Jahren 2009 bis 2011 in der Elterninitiative „Pro Schulreform“ engagiert, die für die per Volksentscheid gestoppte Primarschule eintrat.