Hamburg. Die grüne Kandidatin Katja Husen galt bereits als gesetzt – doch bei der Wahl kam alles anders: Kay Gätgens von der SPD bleibt im Amt.
Nach der Spaltung ihrer Fraktion im Bezirk Mitte müssen die Grünen in Hamburg einen weiteren harten Rückschlag hinnehmen. Bei der Wahl zur Eimsbüttler Bezirksamtsleiterin erreichte die 43 Jahre alte Biologin und Grünen-Politikerin Katja Husen am Donnerstagabend überraschend nicht die nötige Mehrheit von 26 der 51 Abgeordneten der Bezirksversammlung.
Die kürzlich von Grünen und CDU geschmiedete Koalition wollte mit ihrer Mehrheit von 28 Stimmen in der Bezirksversammlung den amtierenden SPD-Bezirksamtsleiter Kay Gätgens in einer Art konstruktivem Misstrauensvotum durch die Grünen-Politikerin ersetzen.
Von den 49 abgegebenen Stimmen entfielen aber lediglich 25 auf Husen. 22 Abgeordnete stimmten mit Nein, einer enthielt sich, eine Stimme war ungültig. Zwei Abgeordnete blieben der Abstimmung fern, nach Aussagen von Teilnehmern fehlte je ein Abgeordneter der SPD und der AfD.
Drei abtrünnige Abgeordnete dabei
In der Bezirksversammlung sind die Grünen mit 19 Sitzen stärkste Kraft, ihr Koalitionspartner von der CDU hat neun Sitze, die SPD verfügt über zwölf, die Linke über fünf und FDP und AfD über je drei Mandate. Damit ist nun zweierlei klar: In der grün-schwarzen Koalition gibt es drei abtrünnige Abgeordnete. Und SPD-Mann Kay Gätgens bleibt vorerst Leiter des Bezirksamtes.
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„Ich bin fassungslos“, sagte Grünen-Fraktionschefin Lisa Kern, die mit ihrer elf Wochen alten Tochter gekommen war, dem Abendblatt nach der Abstimmung. „Ich hatte mir die Rückkehr nach der Babypause anders vorgestellt.“ Sowohl bei den Grünen als auch bei der CDU sei die schwarz-grüne Koalition gewollt. „Es muss aber Personen geben, die die Ernsthaftigkeit der Situation nicht begriffen haben und das alles torpedieren wollen.“ Die betreffenden Abgeordneten hätten offenbar die Tragweite der ganzen Sache falsch eingeschätzt und „nicht weiter als bis zur eigenen Nasenspitze gedacht“.
Die Grünen planen eine Sondersitzung
Die Grünen hielten trotz dieser Niederlage ihren Anspruch auf das Amt aufrecht, sagte Kern. „Ich muss mich bei Frau Husen entschuldigen, ich halte an ihr trotz allem als Kandidatin fest.“ Es liege nun an Husen selbst, ob sie in einem weiteren Versuch in näherer Zukunft für das Amt kandidieren wolle, schließlich hätten ihr „drei Menschen ins Gesicht gelogen“. Wie es nun weiter gehe, müssten die Fraktionen klären. Bei den Grünen werde es nun eine Sondersitzung von Fraktion, Kreisvorstand und der aus Eimsbüttel stammenden Parteichefin Anna Gallina geben, „um die Scherben aufzukehren und zu sehen, wie es nun weitergeht“.
CDU-Fraktionschef Rüdiger Kuhn sagte, er glaube nicht, „dass das an der CDU gelegen hat“. Die Fraktion sei „richtig eingeschworen“ gewesen. „Nun gilt es, das aufzuarbeiten. Drei Abgeordnete haben offenbar ein Problem mit der Kandidatin oder mit Schwarz-Grün. Es wäre aber sehr schade, wenn die guten Sachen, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nun scheitern würden.“ Er sei so überzeugt von Katja Husen, „dass ich mich freuen würde, wenn es später zu ihrer Wahl käme“. Kuhn räumte allerdings ein, dass diese Abstimmung „kein gutes Zeichen für Schwarz-Grün auf Landesebene“ sei.
Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit
Im Koalitionsvertrag hatten sich Grüne und CDU geeinigt, mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und Grünflächen zu schaffen und Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit auf Bezirksstraßen zu machen. Zudem sollen bei Bauvorhaben die Bürger stärker beteiligt werden.
SPD-Fraktionschef Gabor Gottlieb sprach nach der Niederlage Husens von einer „guten Entscheidung für Eimsbüttel“. Kay Gätgens sei ein "über die Parteigrenzen hinaus geschätzter Bezirksamtsleiter“, so Gottlieb. „Wir haben heute in der Sitzung erlebt, mit wie viel Herzblut, Leidenschaft und Kompetenz Kay Gätgens dieses Amt ausfüllt. Wir haben es von Anfang an als Fehler bezeichnet, bei diesem so wichtigen Amt mit parteitaktischen Überlegungen zu experimentieren.“
Wie es nun weitergeht und ob und gegebenenfalls wann Katja Husen noch einmal antritt, wollen Grüne und CDU in den kommenden Tagen klären.
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