Hamburg. Die neuen Corona-Regeln für Hamburg kommen noch zu Ostern. Alle ab Karfreitag geltenden Maßnahmen im Überblick.
Erstmals im Laufe der Pandemie wird es in Hamburg zu nächtlichen Ausgangssperren kommen. Das teilte der Senat am Mittwoch mit. Diese gelte gemeinsam mit weiteren neuen Corona-Regeln von Karfreitagmorgen an.
Bürger dürfen demnach zwischen 21 und 5 Uhr ihre Wohnung nur noch mit einem triftigen Grund verlassen dürfen – dazu zählen etwa Berufstätigkeit oder die Pflege von Angehörigen. Ausnahmen gelten zudem für Einzelpersonen, um abendliche Spaziergänge oder Joggingrunden nahe der eigenen Wohnung nicht zu verhindern.
Alles zur XL-Pressekonferenz des Senats zu den neuen Corona-Regeln:
Verschärfte Maskenpflicht in Hamburger Unternehmen
Der Hamburger Senat verschärft mit den neuen Maßnahmen außerdem die Maskenpflicht für die Präsenzarbeit in Unternehmen. "Das Tragen von medizinischen Masken am Arbeitsplatz ist zukünftig vorgeschrieben, sobald sich mehr als eine Person in einem Raum, einem Büro oder einer Werkstatt befindet", teilte die Hamburger Sozialbehörde am Mittwoch mit.
Die Maske dürfe nur vorübergehend abgelegt werden, wenn das zur Ausübung des Berufes zwingend erforderlich sei.
Keine Astrazeneca-Zweitimpfung für Personen unter 60 Jahre
Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) informierte am Mittwoch außerdem über die neue Regelung zur Vergabe von Impfterminen mit dem Impfstoff Astrazeneca. Alle Impfungen am Mittwoch und Donnerstag konnten und können nach Angaben der Sozialsenatorin wie geplant bei Personen unter 60 Jahren mit einem anderen Impfstoff durchgeführt werden. Die über Ostern vergebenen Termine könnten ebenfalls uneingeschränkt wahrgenommen werden, so Leonhard.
Alle Personen unter 60 Jahre, die bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten haben, erhalten jedoch zunächst keine Zweitimpfung, sagt die Sozialsenatorin. Auf das Winternotprogramm wirke sich die neue Astrazeneca-Empfehlungen nicht aus, da dafür bereits der Impfstoff für Johnson & Johnson eingeplant war.
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Tschentscher spricht sich gegen Modellregionen aus
Tschentscher spricht sich für einzelne Modellprojekte aus, hält jedoch nichts von einer Ausweitung etwa auf Modellregionen. Die Schnelltest-Strategie sei nicht die Basis, um nun Lockerungen durchzusetzen, so Hamburgs Bürgermeister. Stattdessen müsse man aktuell auf die "Infektionsbremse" treten.
Ziel: Allen Hamburgern Impfung bis Sommerende anbieten
"Es kommt darauf an, eine ausreichende Impfquote zu erreichen", sagt Tschentscher. In Bereichen, in denen bereits konsequent geimpft wird, gehe die Infektionsrate dramatisch zurück. "Wir haben kaum noch Infektionsfälle in Senioreneinrichtungen", so Tschentscher.
Wegen der hohen Impfstofflieferungen könne bald auch der Rest der Bevölkerung flächendeckend geimpft werden. "Allen Menschen in Hamburg wollen wir bis Ende des Sommers eine kostenlosen Impfung angeboten haben", sagt Hamburgs Bürgermeister. Der aktuelle Impffortschritt stimme ihn positiv.
Grundproblem sei schwierige Nachverfolgung
Das Grundproblem der Pandemie sei, dass der Ursprung vieler Infektionen nicht ermittelt werden kann, so Tschentscher. "Wir haben einfach unglaublich viele anonyme Situationen", sagt Hamburgs Bürgermeister. Daher müsse diese breite Wirkung mit Maßnahmen erzielt werden, um die Kontakte einzuschränken. Wissenschaftssenatorin Fegebank ergänzte, dass der Senat sich daher für ein umfangreiches Maßnahmen-Paket entschieden habe.
Grote: 3600 Corona-Verstöße im privaten Bereich
Die Ausgangssperre sei ein "einschneidender Eingriff in unser aller Freiheit", sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) bei der Pressekonferenz. Das sei jedoch auch aus der Sicht der Polizei eine wirksame Maßnahme und habe voraussichtlich eine "einschneidende Wirkung".
Im letzten halben Jahr wurden laut Grote 3600 Corona-Verstöße im privaten Bereich festgestellt – davon fanden zwei Drittel in der Zeit zwischen 21 und 5 Uhr statt. Grote appelliert in diesem Zusammenhang daran, dass die Hamburger der Polizei den Job ein bisschen erleichtern und sie in ihrer Arbeit unterstützen sollen. "Wer nach 21 Uhr unterwegs ist und einem Polizisten begegnet, muss damit rechnen, angesprochen zu werden", so Grote. Über die Osterfeiertage werde es eine "erhöhte Polizeipräsenz" geben.
Wenn die Ausgangsbeschränkung nicht eingehalten wird, werde ein Bußgeld von mindestens 150 Euro erhoben. "Vielleicht kommen wir auch zu höheren Beträgen", sagte Grote in der Pressekonferenz. Die genaue Höhe der Bußgeldbeträge werde voraussichtlich noch vor Ostern festgelegt. Obdachlose sind laut Sozialsenatorin Leonhard von der Ausgangsbeschränkung ausgenommen. Auch sportliche Veranstaltungen wie Abendspiele in den Fußballbundesligen oder etwa der Eishockeyliga sind nicht verboten. Diese gelten als Berufsausübung, so Grote.
Senat beschließt weitere Maßnahmen für Hamburg
"Das Maßnahmenpaket erstreckt sich auf alle Lebensbereiche", so Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Mittwoch. Dazu zähle etwa, dass körpernahe Dienstleistungen wie in Kosmetikstudios, Massagesalons oder etwa Sonnenstudios nicht mehr angeboten werden dürfen. Ausgenommen sind Friseure und die medizinische Fußpflege. Kunden müssen für diese Dienstleistungen jedoch ab kommender Woche einen tagesaktuellen Corona-Test vorlegen.
Auch der theoretische Fahrunterricht muss zukünftig wieder digital stattfinden. Praktischer Fahrunterricht sei nur für berufsbezogene Ausbildungen oder für eine bereits begonnene Fahrausbildung unter den aktuellen Hygieneauflagen zulässig, teilte die Sozialbehörde mit.
Hamburg kehrt zu erweiterter Kita-Betreuung zurück
Bezüglich der Öffnung von Schulen und Kitas entschied sich der Hamburger Senat, wieder zu einer erweiterten Kita-Betreuung zurückzukehren. "Das ist jetzt leider nötig, dass wir diese Stufe zurückgehen", sagt Bürgermeister Tschentscher. An den Schulen werden Selbsttests künftig zur Pflicht. Es gebe jedoch keine Anwesenheitspflicht. Die neuen Maßnahmen gelten vorerst bis 18. April. Zurückgenommen könnten sie erst, wenn die Inzidenz wieder unter 100 liege. Ein genaues Datum für die Aufhebung gebe es jedoch aktuell noch nicht, so Tschentscher.
Ab 8. April werde in 16 Hamburger Kitas ein Selbsttest-Modellversuch durchgeführt, der von Kinderärzten begleitet wird, teilte Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) mit. So soll erprobt werden, inwieweit mit regelmäßigen Testungen von Kindern noch mehr Sicherheit erreicht werden könne. Sollte die Inzidenz jedoch den Wert von 200 an drei aufeinander folgenden Tagen überschreiten, werde der Präsenzunterricht nach den entsprechenden Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz in Hamburg ausgesetzt.
Ausgangssperre vom Hamburger Senat beschlossen
„Wir müssen in der Zeit von 21 bis 5 Uhr des Folgetages sicherstellen, dass sich Personen im öffentlichen Raum nur aus triftigem Grund aufhalten“, so Tschentscher. Zu diesen Gründen gehören etwa beruflich bedingte Wege, medizinische Notfälle, die Versorgung von Tieren oder ähnlich gewichtige Zwecke. "Alles was unabweisbar ist und was zu Gefahren oder ernsten Problemen führen würde, ist von der Ausgangssperre ausgenommen", so Hamburgs Bürgermeister. Die Ausgangssperre sei "eine sehr wirksame Maßnahme zur Abschwächung des Infektionsgeschehens".
Einzelne Personen dürfen trotz der Ausgangssperre jedoch weiterhin „zur körperlichen Bewegung“ außerhalb der eigenen Wohnung unterwegs sein, so Tschentscher. Es gehe nun aber darum, die Ausgangsbeschränkung ernst zu nehmen. Auch der Einzelhandel und Kioske müsse entsprechend um 21 Uhr geschlossen werden. Das gelte auch für die Abholung von Speisen aus Restaurants, Lieferdienste dürfen weiterhin auch nach 21 Uhr ausliefern. Tankstellen und Apotheken sind von dieser Regelung ausgenommen.
Tschentscher: Schnelltest-Strategie wirkt noch nicht
„Die Infektionsdynamik nimmt Tag für Tag zu“, leitete Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sein Statement zu den neuen Corona-Regeln am Mittwoch ein. Daher setze man deutschlandweit besonders auf die Schnelltest-Strategie. Diese Strategie brauche jedoch eine gewisse Zeit. „Es ist noch nicht ausreichend umgesetzt“, so Tschentscher. Besonders die Wirtschaft müsse ihren Mitarbeitern mehr Schnelltests zur Verfügung stellen. Sollte keine bundesweite Verpflichtung dafür eingeführt werden, beabsichtige der Senat eine Testpflicht auf Landesebene einzuführen – sobald sichergestellt ist, dass ausreichend Tests verfügbar sind.
Wenn die Schnelltest-Strategie nicht ausreichend wirke, brauche man eine Alternative. „Ich halte es auch nicht für gut, dass wir so viel Flickenteppich in Deutschland haben“, so Tschentscher. und bezieht sich damit auf die unterschiedliche Umsetzung der Maßnahmen.
Ausgangssperre soll Corona in Hamburg eindämmen
Mit der Ausgangssperre, die so oder ähnlich bundesweit schon in vielen anderen Kommunen gilt, will der rot-grüne Senat die dritte Welle eindämmen. Sie gilt als wirksam, weil unter denjenigen, die sich mit dem Coronavirus anstecken, die 20- bis 39-Jährigen seit Monaten die mit Abstand größte Gruppe bilden. Zudem lassen sich größere Ausbrüche fast nur noch im privaten Bereich feststellen – daher sollen diese Treffen jüngerer Menschen, die größtenteils auch jetzt schon verboten sind, weiter eingeschränkt werden.
Testpflicht und Wechselunterricht an Schulen
Fest steht nach Abendblatt-Informationen zudem, dass die Kitas wieder auf Notbetreuung umstellen müssen. Dann müssten Eltern darlegen, warum sie die Betreuung in Anspruch nehmen. Das muss zwar wie bisher nicht schriftlich erfolgen, hatte aber erfahrungsgemäß die Wirkung, dass die Betreuungsquote von derzeit rund 66 Prozent wieder auf unter 30 Prozent fällt.
Die Schulen sollen vorerst weiter Wechselunterricht für Grundschüler und die Abschlussjahrgänge der weiterführenden Schulen anbieten. Allerdings soll auch dieser eingestellt werden, wenn die Inzidenz, also die Zahl der Ansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, auf über 200 steigt. Derzeit liegt sie bei 163,7 – Tendenz steigend.
Zudem wird es eine Testpflicht für Schüler geben, die am Präsenzunterricht teilnehmen. Zuletzt hatten gut 15 Prozent der Schüler die bislang zwei Tests pro Woche verweigert. Das will man nun nicht mehr akzeptieren.
Hamburg im Alleingang bei Corona-Regeln
Dass die Entscheidungen erst am heutigen Mittwoch gefallen ist, begründete die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Dienstag mit dem Hin und Her bei der „Osterruhe“: Diese erst zu beschließen und dann wieder zu kippen habe das Vertrauen in die Politik „ramponiert“, daher nehme man sich jetzt die nötige Zeit, alle Maßnahmen auch rechtlich zu prüfen.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
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Dass Hamburg im Alleingang, unabhängig von Bund und Nachbarländern, die Maßnahmen verschärft, rechtfertigte Fegebank so: „Werfen Sie einen Blick auf die Zahlen. Da ist Handlungsdruck!“