Hamburg. Trotz hoher Infektionszahlen sollen die Corona-Regeln bald auslaufen – oder doch nicht? Linke “in mehrfacher Hinsicht irritiert“.

Auch wenn der rot-grüne Senat ein Ende der Hotspot-Regelung in Hamburg zum 30. April in Aussicht gestellt hat und in den meisten anderen Bundesländern schon viele Corona-Regeln abgeschafft worden sind: Die Pandemie ist nicht vorbei. Zwar sank die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Neuinfektionen in der Hansestadt auf 1326 am Mittwoch – nach 1336 am Dienstag und 1389 am Mittwoch vor einer Woche.

Allerdings ist die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben sind, erheblich gewachsen. Binnen einer Woche kamen 55 neue Todesfälle hinzu, zehn davon am Mittwoch. Damit stieg die Gesamtzahl der Corona-Toten in Hamburg auf 2464.

Corona in Hamburg: AfD-Eilantrag abgelehnt

Unterdessen lehnte das Hamburger Verwaltungsgericht einen Eilantrag der AfD gegen die Hotspot-Regelung ab. Die Hansestadt habe zu Recht eine konkrete Gefahr durch eine sich dynamisch ausbreitende Infektionslage angenommen, weil wegen einer besonders hohen Zahl von Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten drohe. Deshalb habe Hamburg auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes – nach entsprechender Feststellung der Bürgerschaft – erweiterte Schutzmaßnahmen treffen dürfen, begründete das Gericht am Mittwoch seine Entscheidung.

Mit Genugtuung nahmen die Regierungsfraktionen das Urteil auf. „Also haben wir alles richtig gemacht“, sagte die SPD-Abgeordnete Claudia Loss am Nachmittag in der Debatte der Bürgerschaft über die jüngste Eindämmungsverordnung. Seit dem Beschluss des Landesparlaments vor zwei Wochen habe sich „an den Rahmenbedingungen nichts geändert“, erklärte Loss. „Es sterben weiterhin 300 Menschen am Tag“, sagte die Abgeordnete, womit sie die Zahl der Todesfälle bundesweit meinte. Die Omikron-Variante sei für „viele Menschen lebensbedrohend oder tödlich“.

Corona: Viele Pflegende in Hamburg "am Limit"

Auch die Grünen-Abgeordnete Gudrun­ Schittek nahm die Ablehnung der AfD-Klage als Bestätigung. „Wir in der Bürgerschaft haben vorausschauend und rechtssicher entschieden.“ Die Corona-Lage in Hamburg sei immer noch angespannt: „Die meisten Intensivsta­tionen sind zwar nicht überlastet, aber es kommt zu massiven Ausfällen auf Normal­- und Notfallstationen“, sagte Gudru­n Schittek.

Immer mehr Pflegende seien „am Limit“, es gebe personelle Engpässe. Die Hamburger Gesundheitsbehörde bezifferte die Zahl aller Covid-19-Patienten in Kliniken der Hansestadt mit 449 (Stand Dienstag), davon lagen 40 Patienten auf Intensivstationen – elf beziehungsweise zwei weniger als am Montag.

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Gudrun Schittek habe mit ihrer Rede die Abgeordneten „offensichtlich darauf vorbereitet, dass es in zwei Wochen so weitergeht“ und die Hotspot-Regelung fortbestehen werde, sagte Andreas Grutzeck von der CDU-Fraktion, die Ende März gegen den rot-grünen Antrag zur Hotspot-Regelung gestimmt hatte. Corona sei noch nicht überwunden. „Aber ich hoffe, dass wir Schritt für Schritt an die alte Normalität wieder anknüpfen können“, sagte Grutzeck.

Linke: "Sind in mehrfacher Hinsicht irritiert"

Dem rot-grünen Antrag zugestimmt hatte die Linken-Fraktion. Sie zeigte sich am Mittwoch verärgert darüber, dass Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag ein Ende der Hotspot-Regelung zum 30. April in Aussicht gestellt hatte. „Wir sind in mehrfacher Hinsicht irritiert“, sagte der Linken-Abgeordnete Deniz Celik. Nicht der Senat, nur die Bürgerschaft könne entscheiden, ob die Hotspot-Regelung über den April hinaus bestehen bleibe. An SPD und Grüne gewandt fragte Celik: „Was hat sich denn in den letzten zwei Wochen geändert, dass Sie nun zu einer anderen Gefahreneinschätzung kommen?“ Auch er sprach von einer hohen Zahl von Corona-Patienten in den Kliniken und einer „massiven Überlastung der Pflegekräfte“.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann warf Gudrun Schittek von den Grünen vor, sie schüre „Angsthysterie“. Schitteks Rede komme ihm „befremdlich“ vor angesichts der Absichten des rot-grünen Senats. Mit Bezug auf den gescheiterten AfD-Eilantrag erklärte Nockemann: „Wir werden uns überlegen, ob wir vor das Oberverwaltungsgericht gehen.“

In den kommenden zwei Wochen müsse darüber diskutiert werden, „ob wir die Hotspot-Regelung noch einmal verlängern müssen“, stellte der Grünen-Abgeordnete Peter Zamory klar. „Da ist kein letztes Wort gesprochen.“