Moskau. Gutverdiener sollen jetzt höhere Steuern zahlen. Das hat mehrere Gründe. Soldaten an der Front sind von der Neuerung ausgeschlossen.
Kremlchef Wladimir Putin braucht mehr Geld für die Staatskasse – und bedient sich nun an den Einkommen der Bürgerinnen und Bürger: Gutverdiener sollen jetzt höhere Steuern zahlen. Das hat mehrere Gründe.
Russland stellt dauerhaft auf Kriegswirtschaft um, das wird viel Geld kosten. Daneben muss die russische Führung viele soziale Aufgaben erfüllen, weshalb der von den Öl- und Gasverkäufen abhängige Staat auf zusätzliche Einnahmen angewiesen ist. Die durch den Krieg in der Ukraine geschrumpften Reserven sollen aufgestockt werden. Seit Kriegsbeginn sind die Rücklagen im „Nationalen Wohlstandsfonds“ um etwa die Hälfte gesunken, die liquiden Mittel lagen dort zuletzt nur noch bei etwa umgerechnet 50 Milliarden Euro. Das Geld aus dem Fonds wurde und wird immer wieder zum Ausgleichen des Haushaltsdefizits genutzt.
- Schreckliche Traumata: Verroht durch den Krieg: Junge Russen rasten immer öfter aus
- Expertin: „Putin versteht nicht, wen er hier gestärkt hat“
- Region Belgorod: Pro-ukrainische Milizen greifen Russland an – wer sind sie?
- Zielgenau und grausam:So sicherte sich Putin seine Macht
- Diktatur: Putins Propaganda verfängt bei Russen – enorme Zustimmung
- Putins Krieg gegen LGBTQ: „Wo ist denn dein Penis?“
Die Probleme im Land wachsen zudem. Beispiel: die marode Infrastruktur. Im vergangenen Winter gab es eine Serie von Unfällen durch defekte Fernwärmeanlagen in vielen russischen Städten. Mangelhaft gewartete Heizkraftwerke, noch aus Sowjetzeiten, fielen regelmäßig aus. Marode Fernwärmerohre platzten, ganze Stadtteile waren über Tage ohne Heizung. Und das mitten im russischen Winter, bei minus 20 Grad. Der Unmut im Land wächst. Die Sanierung kostet Geld. Die zusätzlichen Einnahmen will der Staat laut Finanzministerium auch für Familien-, Kinder- und Jugendprojekte ausgeben, für den Bau von Wohnungen und Straßen sowie für die Entwicklung der IT-Branche. Ein Teil des Geldes werde auch für andere soziale Zwecke ausgegeben, darunter die Sanierung oder der Ausbau von medizinischen Einrichtungen, Schulen, Kindergärten und Hochschulen.
Zusätzliche Steuergelder sollen nicht nur in die Kriegsfinanzierung fließen
Die Steuererhöhung war lange erwartet worden, nun wird sie Wirklichkeit, fällt aber moderat aus: Wer weniger verdient als rund 24.000 Euro im Jahr, und das sind sehr viele Menschen in Russland, für den ändert sich nichts. Von den gestaffelten Erhöhungen betroffen sind Schätzungen zufolge etwa drei Prozent der Beschäftigten oder zweieinhalb Millionen Menschen, die mehr als umgerechnet 2000 Euro im Monat verdienen.
- Kriegsmaterial: Gehen Russland im Ukraine-Krieg die Panzer aus?
- Teure Produkte: Russen kaufen westliche Waren, die in Kiew niemand will
- Rüstungsmesse: Panzer, Drohnen – und die Rakete, die uns vor Putin rettet
- Militärexperte: Masala: „Auf der Krim hat die Ukraine jetzt die Initiative“
Besteuert werden sollen auch Zinseinkünfte auf Bankeinlagen. Soldaten im Kriegsgebiet in der Ukraine, die vergleichsweise viel Geld verdienen, sind ebenso wie Selbstständige von den Neuerungen ausgenommen. Insgesamt sollen durch die Reform rund 42 Milliarden Euro in die Staatskasse gespült werden. Der niedrigste Steuersatz liegt weiter bei 13 Prozent. Für höhere Einkommen wird der Steuersatz von 15 Prozent um sieben Punkte auf 22 Prozent steigen. Auch Unternehmensgewinne werden höher besteuert, mit 25 auf 20 Prozent.
Lesen Sie auch: Putin und die Frauen – Expertin entlarvt „hypermaskulinen Führerkult“
Die Reform orientiere sich „an den Zielen einer gerechteren Steuerverteilung“, so Russlands Finanzminister Anton Siluanow. „Die Annahme dieser vorgeschlagenen Veränderungen erlaubt, stabile und vorhersehbare Bedingungen für Bürger, Unternehmen und die Regionen in den kommenden sechs Jahren zu gewährleisten. Und das sorgt für ein Wachstum des wirtschaftlichen Wohlstands des Landes.“ Siluanow wies laut dem Online-Portal „vedomosti.ru“ auch darauf hin, dass die Regionen „zusätzliche Mittel für die Umsetzung nationaler Projekte erhalten werden“.