Japan, Kanada, Neuseeland und Russland haben sich aus dem Kyoto-Protokoll verabschiedet. Einigung zum Klimaschutz in weiter Ferne.
Berlin. Nach der ersten Hälfte des Uno-Klimagipfels in Doha ist ein Kompromiss weiterhin nicht in Sicht. Bundesregierung und Umweltschützer waren sich am Wochenende einig, dass es in der ersten Woche der Verhandlungen in Katar keine Bewegung gegeben hat. Ab Montag schalten sich nun die Umweltminister in die Verhandlungen über den Klimaschutz ein und versuchen, eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Abkommen zu erzielen. Neuseeland hatte bereits angekündigt, das Kyoto-Protokoll nicht weiter unterstützen zu wollen. Klimawandelminister Tim Groser bezeichnete es als nicht zeitgemäß.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) schrieb in einem Gastkommentar für die „Bild am Sonntag“: „Seit Tagen wird in Doha über die Rettung des Weltklimas verhandelt, bislang ohne jeden Erfolg.“ Die vereinbarten Ziele seien nur zu erreichen, wenn Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gemeinsam „aufwachen und handeln“, schrieb der CDU-Politiker. „Europa und Deutschland müssen dabei führen, denn wir wären am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen.“
Weltweit funktioniere Umweltschutz nur noch über den Ausbau der erneuerbaren Energien, erklärte Altmaier. Er kündigte an, sich in Doha für einen „Club der Energiewendestaaten“ starkzumachen. Der Club soll im Januar in Abu Dhabi gegründet werden. In Doha verhandeln noch bis zum 7. Dezember Konferenzteilnehmer aus knapp 200 Ländern über weitere Schritte im Kampf gegen Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase.
EU soll wieder Vorreiter sein
Ann-Kathrin Schneider vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte in Doha: „Bisher wartet jeder darauf, dass der andere sich bewegt. Wenn das so weitergeht, scheitert die Konferenz.“ Besonders negativ sei, dass sich Japan, Kanada, Russland und Neuseeland aus dem Kyoto-Protokoll verabschiedet hätten. Zudem setzten Staaten wie Polen und die Ukraine alles daran, ihre überschüssigen Emissionszertifikate aus der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls in die zweite übertragen zu können. Dies höhle die ohnehin schon schwachen Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgase weiter aus.
Der neuseeländische Minister für Klimawandel, Groser, begründete die Entscheidung seiner Regierung gegen eine weitere Unterstützung des Kyoto-Prtotokolls damit, dass das Abkommen seiner Einschätzung nach unzeitgemäß ist. „Dieser übertriebene Fokus auf Kyoto, Kyoto, Kyoto, Kyoto war in den 90er Jahren gut“, sagte Groser am Sonntag am Rande des Gipfels in Katar im Interview mit der Nachrichtenagentur AP. Die Tatsache, dass heute lediglich 15 Prozent der Treibhausgasemissionen von den Klimazielen abgedeckt würden, zeige, dass diese nicht mehr ausreichend seien, erklärte der Minister.
Die BUND-Klimaexpertin rief Bundesminister Altmaier auf, „sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen“, damit die EU in Doha vorangehe und ihr CO2-Minderungsziel bis 2020 auf mindestens minus 30 Prozent heraufsetze. Deutschland und die EU müssten umgehend wieder eine Vorreiterrolle beim globalen Klimaschutz einnehmen. Die EU hatte ihr Ziel, im Jahr 2020 zwanzig Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) als 1990 auszustoßen, bereits 2011 erreicht, sich bisher jedoch nicht zu einer Steigerung durchgerungen.
Neuseeland brachte dazu den Vorschlag ein, anstelle der bindenden Kyoto-Ziele auf freiwilliger Basis bis 2020 die Emissionen um zehn bis 20 Prozent verglichen mit den Werten von 1990 zu senken. Groser sagte, es sei Zeit für Klima-Aktivisten auf der ganzen Welt, das Problem losgelöst von der Rhetorik der 90er Jahre und mit frischen Zahlen zu analysieren.