Die Flüchtlinge sind vermutlich unter Deck des Kutters erstickt. Deutschland will keine weiteren Flüchtlinge aus Nordafrika aufnehmen.
Rom/Berlin. Vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa ist es erneut zu einer Flüchtlingstragödie gekommen. Die Küstenwache rettete nach italienischen Rundfunkberichten in der Nacht auf Montag vor der zwischen Sizilien und der tunesischen Küste gelegenen Insel 271 Insassen eines in Seenot geratenen libyschen Kutters. Bei der Inspektion des Kutters wurden unter Deck die Leichen von 24 Männern und einer Frau entdeckt. Die Leichen wiesen den Angaben zufolge keine Zeichen von Gewalt auf. Möglicherweise erstickten die Menschen in den engen und überfüllten Räumlichkeiten unter Deck.
Alle übrigen Insassen, darunter 36 Frauen und 21 Kinder, befanden sich an Deck, als die Küstenwache sie aufnahm. Die Rettungseinheit war von einem Mobiltelefon aus zu dem 15 Meter langen Flüchtlingskutter gerufen worden. Die Bundesregierung plant derweil keine weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus den nordafrikanischen Staaten. Priorität habe die Hilfe vor Ort, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.
Es solle verhindert werden, dass Anreize für weitere Flüchtlingsbewegungen gesetzt würden. Seit den Unruhen in den nordafrikanischen Staaten und im Nahen Osten hat Deutschland die Aufnahme von 150 afrikanischen Flüchtlingen aus Malta zugesagt.
Seit Januar strandeten mehr als 43.000 Menschen an italienischen Küsten, über 33.000 auf Lampedusa. Etwa 130 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt, ist die lediglich 20 Quadratkilometer große Insel für Flüchtlinge ein „Tor nach Europa“.
Lampedusa liegt zwischen Tunesien und Sizilien und ist mittlerweile zum zentralen Anlaufpunkt für Flüchtlinge aus Afrika geworden, von denen in diesem Jahr bereits Zehntausende ankamen. Die Reise über das Mittelmeer in kleinen und anfälligen Booten ist lebensgefährlich. In Europa ist eine Debatte über den Umgang mit Asylbewerbern ausgebrochen, von denen viele zuerst in Italien stranden.
Bei einem Flüchtlingslager in der Nähe von Bari in Süditalien gab es gewalttätige Proteste von Migranten, die rasches Asyl verlangen. Hunderte von Flüchtlingen blockierten Straßen und eine Eisenbahnlinie. In Scharmützeln mit der Polizei warfen sie Steine und verletzten Dutzende Ordnungskräfte. Die Demonstranten fordern von Italiens Behörden, ihre Flüchtlingsanträge schneller zu bearbeiten. Die Blockade verursachte Behinderungen im Bahnverkehr. (epd/dapd/dpa)