Die SPD-Generalsekretärin appelliert, die Pläne des Gesundheitsministers zu blockieren. Finanzierung sei “auch über Steuereinnahmen“ möglich.
Berlin. SPD-Generalsekretärin hat an CDU und CSU appelliert, die Pläne von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zur Pflegereform zu blockieren. „Der FDP fällt nur eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer ein“, sagte Nahles dem Hamburger Abendblatt. „Ich hoffe, dass aus der Union genügend Widerstand kommt, um den Gesundheitsminister zu stoppen.“
Nahles kündigte den Widerstand der SPD an, sollte die Koalition eine zusätzliche kapitalgedeckte Pflegeversicherung einführen wollen. „Wir haben bei den Gesprächen über die Hartz-IV-Reform gezeigt, dass wir in der Lage sind, die Interessen der Bürger zu verteidigen. Das werden wir auch bei der Pflege tun“, sagte die SPD-Politikerin. Sie betonte: „Die Idee von Herrn Bahr, die Pflegeversicherung mit einer zusätzlichen Privatversicherung ausschließlich von Arbeitnehmern und Rentnern bezahlen zu lassen, wird die Bürgerinnen und Bürger ein Vermögen kosten.“ Da würden die Lasten einseitig auf die Schwächeren geschoben, „und das ist mit uns nicht zu machen“.
Die Generalsekretärin bezeichnete das am vergangenen Donnerstag vorgestellte SPD-Konzept einer Pflegereform als gerechter im Vergleich zu den Koalitionsüberlegungen. „Unser Modell wird die Pflegeversicherung stabilisieren.“ Ein Finanzausgleich zwischen der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung könne zusätzliche Einnahmen in Milliardenhöhe ermöglichen, warb sie für das SPD-Modell. Eine Beitragserhöhung müsse nicht unbedingt erforderlich sein. Diese könne überhaupt nur in Betracht kommen, wenn damit Leistungen verbessert werden können und sie paritätisch ausgestaltet werde. Nahles brachte auch eine Finanzierung über Steuereinnahmen ins Gespräch: „Man kann einen zusätzlichen Bedarf auch über Steuereinnahmen abdecken. Das ist immer noch gerechter als die Vorschläge des Bundesgesundheitsministers.“
Nahles forderte eine neue Debatte über den Wert der Pflege. „Wir wollen einen völlig neuen Pflegebegriff und brauchen zusätzliche Mittel, damit die Pflegedienste die Betroffenen nicht mehr im Minutentakt versorgen müssen. Wir müssen offen in unserem Land diskutieren, wie viel uns die Pflege wert sein soll.“ Sie sei überzeugt, dass die Menschen bereit seien, für eine verbesserte Versorgung auch mehr zu erbringen, sagte die Generalsekretärin.
Nahles: „Europäische Ratingagentur muss es geben“
Nach Vorstellungen von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sollten finanziell angeschlagene Euro-Staaten aus dem Bewertungssystem der Ratingagenturen ausgeschlossen werden. Dem Hamburger Abendblatt sagte Nahles: „Wir sollten überlegen, ob man Vorkehrungen schafft, die es erlauben, Länder, die sich unter einem ‚Rettungsschirm’ befinden, vorübergehend aus dem Bewertungssystem der Agenturen zu nehmen.“ Die Generalsekretärin betonte: „In einem solchen Fall, in dem die Währungsunion für große Teile der Schulden haftet, sind Ratings kontraproduktiv.“
Nahles forderte den Aufbau einer europäischen Ratingagentur. Man brauche eine unabhängige Institution, die Bewertungen vornimmt. „Eine europäische Ratingagentur muss es geben, weil Europa eine Alternative zum jetzigen Bewertungssystem braucht“, so die SPD-Politikerin. Ferner müsse man die Abhängigkeit von den Urteilen der Ratingagenturen reduzieren, „auch und gerade in der europäischen Gesetzgebung“. Die Ratingagenturen hätten keine Konkurrenz, sie seien privat und nicht dem öffentlichen Wohl verpflichtet, kritisierte Nahles. „Wir sollten unsere Meinung nicht länger nur von drei amerikanischen Ratingagenturen abhängig machen. Wir müssen in Europa selbst Bewertungen vornehmen können, um Länder in finanziellen Schwierigkeiten wie Griechenland besonders zu behandeln“, begründete sie ihren Vorschlag.