Die Taliban stürmten von Zimmer zu Zimmer, um im Intercontinental Hotel Ausländer zu töten. Erst nach vier Stunden war die Lage unter Kontrolle.
Kabul. Ein spektakulärer Terrorangriff der Taliban auf ein Luxushotel in Kabul hat erneut die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan deutlich gemacht. Nur mit Unterstützung eines Nato-Kampfhubschraubers und ausländischer Soldaten konnten die afghanischen Sicherheitskräfte in der Nacht zum Mittwoch den Angriff eines Selbstmordkommandos im Hotel Intercontinental niederschlagen. Nach Angaben des afghanischen Innenministeriums wurden die acht Angreifer sowie acht Zivilisten und zwei Polizisten getötet. Der Geheimdienst NDS sprach neben den getöteten Aufständischen von elf Opfern. Das Außenministerium in Madrid teilte mit, ein Spanier sei unter den Toten. Die schweren Gefechte im Hotel Intercontinental in Kabul dauerten mehr als vier Stunden an.
NDS-Sprecher Lutfullah Maschal sagte, bei den elf Todesopfern handele es sich um fünf Hotelangestellte, einen hochrangigen Richter aus einer Nachbarprovinz und um Angehörige der Sicherheitskräfte. Das Innenministerium teilte mit, acht Zivilisten seien verletzt worden. Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, die Aufständischen hätten sich auf der Suche nach Ausländern von Zimmer zu Zimmer vorgearbeitet. Die Polizei hatte zunächst mitgeteilt, zwei Ausländer seien getötet worden, das Innenministerium hatte das anschließend dementiert. Maschal sagte, zwei Ausländer seien verletzt worden.
Mehrere bewaffnete Taliban-Kämpfer und Selbstmordattentäter hatten das Hotel in der Nacht zu Mittwoch trotz der starken Sicherheitsvorkehrungen gestürmt. Maschal sagte: „Wir glauben, dass es eine Sicherheitslücke gab.“ NDS und Innenministerium würden den Fall untersuchen. Der Angriff wurde international verurteilt.
Präsident Hamid Karsai sprach von einem „skrupellosen Terrorakt“. Das Innenministerium teilte mit: „Die Feinde von Frieden und Stabilität haben ein weiteres unverzeihliches und schändliches Verbrechen begangen.“ Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte: „Wir trauern um die Menschen, die bei diesem sinnlosen Akt ermordet wurden.“ Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, betonte, die Tat demonstriere erneut, dass die Terroristen Menschleben vollkommen missachteten.
Die Nato-geführte Internationale Schutztruppe Isaf setzte bei der Operation gegen das Taliban-Terrorkommando einen Kampfhubschrauber vom Typ Black Hawk ein, mit dem die Aufständischen auf dem Hoteldach angegriffen wurden. „Es ist vom Hubschrauber aus geschossen worden“, sagte der neue Isaf-Sprecher, Bundeswehr-General Carsten Jacobson. Dabei habe es sich aber um kleinkalibriges Feuer gehandelt, Raketen seien entgegen anders lautenden Angaben nicht eingesetzt worden.
Jacobson sagte, die afghanischen Sicherheitskräfte hätten die Aufständischen auf das Dach gedrängt und dann den Isaf-Hubschrauber angefordert. Es sei unklar, ob die Aufständischen auf dem Dach durch den Beschuss aus dem Helikopter getötet wurden oder sich in die Luft gesprengt hätten. „Sie hatten offensichtlich Sprengstoffwesten an.“ Die Isaf sei in einer „Unterstützerrolle“ gewesen. „Die Operation selber wurde geführt von afghanischen Sicherheitskräften.“
In dem Hotel hielten sich unter anderem afghanische Provinzgouverneure auf, um in Kabul an einer zweitägigen Konferenz zur Übergabe der Verantwortung von der Nato an afghanische Sicherheitskräfte teilzunehmen. Im Intercontinental steigen auch viele westliche Ausländer ab.
Taliban-Sprecher Mudschahid sagte, mehrere Attentäter mit automatischen Waffen und Sprengstoffwesten seien in das Hotel eingedrungen. Einer der Angreifer habe sich in die Luft gesprengt. In Kabul hatte am Sonntag und Montag ein internationales Afghanistan-Treffen stattgefunden. Daran hatte auch der deutsche Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Botschafter Michael Steiner, teilgenommen. Er war zum Zeitpunkt des Angriffs aber nicht mehr in Kabul. Auch der US-Sondergesandte für die Region, Marc Grossman, und seine Delegation hätten Kabul bereits am Dienstagmorgen verlassen, teilte das US-Außenministerium mit.
Beim Angriff eines Taliban-Selbstmordkommandos auf das Serena-Hotel in Kabul – das einzige Fünf-Sterne-Hotel des Landes – waren im Januar 2008 sieben Menschen getötet worden, darunter ein norwegischer Journalist. Das Intercontinental liegt auf einem Hügel in der Hauptstadt und ist das älteste Luxushotel in Afghanistan. Es nahm bereits 1969 seinen Betrieb auf, gehört aber seit Langem nicht mehr zu der gleichnamigen internationalen Kette. Die einzige Zufahrtsstraße zum Hotel wird durch mehrere Checkpoints gesichert. Auch der Eingang des mehrstöckigen Gebäudes wird schwer bewacht. (dpa)