Das Chaos im Jemen begünstigt Terroristen. Stammesführer warnen vor einem Bürgerkrieg und bitten den Nachbarn Saudi-Arabien um Hilfe.
Sanaa/Kairo. Aus einem Gefängnis im Südjemen sind nach Informationen des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira Dutzende Al-Qaida-Häftlinge mit Waffengewalt ausgebrochen. Mindestens ein Gefangener und ein Wachebeamter wurden bei dem Schusswechsel in der Haftanstalt von Mukalla getötet, berichtete der Sender unter Berufung auf Quellen in der südöstlichen Hafenstadt. Extremistische Islamisten und Angehörige des jemenitischen Ablegers der al-Qaida haben sich in den vergangenen Wochen das Machtvakuum in der Hauptstadt Sanaa zunutze gemacht. Diese Kräfte sind im Südjemen aktiv, wo sie mehrere Städte der Kontrolle der Regierungsbehörden entrissen haben.
Der jemenitische Stammesführer Scheich Sadek al-Ahmar hat unterdessen im Falle einer Rückkehr von Präsident Ali Abdullah Saleh aus Saudi-Arabien vor einem Bürgerkrieg im Jemen gewarnt. Er forderte den saudischen König Abdullah dazu auf, dies zu verhindern. „Seine Rückkehr wird zu Aufruhr und einem Bürgerkrieg führen“, schrieb der mächtige Widersacher Salehs in einem Brief. Der von Saudi-Arabien dominierte Golfkooperationsrat hat sich wiederholt um eine Vermittlung in dem Jemen-Konflikt bemüht. Präsident Saleh hält sich zur medizinischen Behandlung in Saudi-Arabien auf, nachdem er Anfang des Monats bei einem Angriff auf seinen Palast verletzt worden war . Nach seiner Ausreise haben die Gefechte im Jemen nachgelassen. Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi übernahm während Salehs Abwesenheit die Amtsgeschäfte.
Jemenitische Oppositionsparteien versuchen, Hadi und die Regierungspartei dazu zu bewegen, sich an einer Übergangsregierung zu beteiligen. Sie beschuldigten am Dienstag Salehs inneren Machtzirkel, einen Dialog mit Hadi zu verhindern. „Salehs Söhne sind bei der Lösung des Problems nicht hilfreich, und sie unterstützen den geschäftsführenden Präsidenten nicht bei der Ausübung seiner verfassungsgemäßen Vollmachten“, erklärte ein Oppositionssprecher. Salehs Sohn Ahmed, Chef der Republikanischen Garde, hält im Jemen die Stellung und lehnt Verhandlungen ab.
Hunderttausende Jemeniten sind – inspiriert von den Protestbewegungen in Tunesien und Ägypten – seit Ende Januar täglich auf die Straße gegangen. Sie fordern mehr Demokratie und den Rücktritt von Saleh. Anfangs war die Kampagne friedlich. Doch dann brachen in der Hauptstadt Sanaa Gefechte zwischen Saleh-Anhängern und Kämpfern des Clans von al-Ahmar aus. Al-Ahmar war einst ein Verbündeter Salehs, schlug sich dann aber auf die Seite der Opposition. (dpa/dapd)