Saleh sei laut Mitarbeitern der Regierung bei einem Raketenangriff auf den Palast leicht verletzt worden. Das Chaos in dem Land nimmt zu.
Sanaa. Erst meldete das Oppositions-Fernsehen: Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh sei getötet worden. Doch die Informationen verdichten sich nun: Der Präsident sei nicht getötet, sondern nur verletzt. Aus Regierungskreisen hieß es, Saleh leicht verletzt worden, als Raketen in seinen Palast einschlugen. Bei der Attacke auf die Residenz des jemenitischen Präsidenten seien zudem mehrere Politiker verletzt worden. Vier Angehörige der Präsidentengarde wurden nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija getötet. Die Berichte eines Oppositionssenders, wonach auch der Präsident getötet worden sein soll, wurden dementiert.
„Dies war ein Attentatsversuch und er ist fehlgeschlagen. Seiner Exzellenz dem Präsidenten geht es gut und er wird bald vor die Presse treten“, sagte Jassir al-Jamani, ein Parteigenosse des Präsidenten in einem Interview mit Al-Arabija. Nach Angaben des Senders trug Saleh leichte Verletzungen davon. Nach Augenzeugenberichten hatte die Republikanische Garde, die loyal zu Präsident Saleh steht, zuvor die Häuser von General Mohsen al-Ahmar und des Oppositionspolitikers Scheich Hamid al-Ahmar angegriffen. Die Anhänger der beiden Männer hätten daraufhin zum Gegenschlag ausgeholt und auf das Gelände des Präsidentenpalastes gefeuert.
Parlamentspräsident Jahja al-Rai und Vize-Ministerpräsident Raschad al-Alimi hätten Verletzungen erlitten, als eine neben dem Präsidentenpalast gelegene Moschee von Granaten getroffen worden sei. Im Jemen fordern Demonstranten seit vier Monaten den Rücktritt des Präsidenten, der seit 1978 in Sanaa an der Macht ist. In den vergangenen Tagen hatten sich die Regierungstruppen in der Hauptstadt Gefechte mit Kämpfern des Al-Ahmar-Clans geliefert, der sich mit den Demonstranten solidarisiert hatte.
Im Jemen breiten sich Chaos und Gewalt immer weiter aus. Diplomaten verlassen die Hauptstadt Sanaa. Im Süden fliehen Zivilisten aus der Stadt Sindschibar, in der die Regierungstruppen gegen al-Qaida-Terroristen kämpfen. Am Donnerstag lieferten sich die Truppen von Präsident Saleh nach Angaben von Augenzeugen in mehreren Vierteln heftige Gefechte mit den Kämpfern des Stammesführers der Haschid, Scheich Sadik al-Ahmar. In den vergangenen zwei Tagen wurden nach Informationen lokaler Medien 45 Stammeskämpfer getötet. Zur Zahl der getöteten Soldaten lagen keine Angaben vor.
Am Mittwoch wurde die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen. Auch die italienischen Diplomaten haben bereits den Jemen verlassen. Die deutsche Botschaft in Sanaa ist derzeit noch mit einer Kernmannschaft besetzt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: „Es gibt derzeit keine konkreten Pläne, die Botschaft zu schließen, aber wir beobachten die Lage sehr aufmerksam.“ Das Auswärtige Amt hatte am 28. Februar eine Reisewarnung für den Jemen ausgesprochen. Derzeit halten sich noch rund 30 Deutsche im Land auf.
Augenzeugen in Sanaa berichteten, am Mittwoch seien auch Granaten im Al-Dschamaa-Viertel gelandet. Beobachter vor Ort deuteten dies als Versuch des Präsidenten, die Einheit von General Ali Mohsen al-Ahmar in den Konflikt zu verwickeln. Der General, der zu Salehs Familie gehört und früher zum Kreis seiner Vertrauten zählte, hatte sich auf die Seite der Demonstranten gestellt, die seit vier Monaten einen Regimewechsel fordern.
In der Stadt Tais waren bei Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Anti-Saleh-Demonstranten in den vergangenen Tagen Dutzende von Zivilisten getötet worden. Nach Angaben der Oppositionsmedien ging das Blutvergießen auch am Mittwoch und Donnerstag weiter. Mehrere Zufahrtsstraßen wurden von den Regierungstruppen blockiert. In der südlichen Stadt Aden leben inzwischen nach Informationen der Nachrichtenwebsite News Yemen 3000 Vertriebene aus der Provinz Abijan in Schulen. Sie waren vor den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und al-Qaida-Terroristen rund um die Stadt Sindschibar geflohen.
Das Oppositionsbündnis JMP zog unterdessen seine Zustimmung zu einem von den arabischen Golfstaaten vorgeschlagenen Plan zurück, der einen Rücktritt Salehs vorsieht, ihm gleichzeitig aber Straffreiheit garantiert. Salih hatte die Vereinbarung nicht unterzeichnet. Am Donnerstag deutete ein Regierungssprecher an, der Präsident könne doch noch unterschreiben, was von der Opposition aber ignoriert wurde. (dpa/reuters/APD)