Die Bundeskanzlerin bekräftigt Forderung nach „Energiewende mit Augenmaß“. Erstmals trifft sich die Ethikkommission zur Atompolitik.
Berlin. Die neue Ethikkommission zur Atomenergie soll nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine „Energiewende mit Augenmaß“ beraten. Merkel äußerte sich im Kanzleramt zur konstituierenden Sitzung des von ihr einberufenen Gremiums. Ihm gehören 17 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an. Die Kommission soll nach den Vorstellungen der Kanzlerin bereits Ende Mai ein Ergebnis vorlegen.
Am ersten Teil der Auftaktsitzung nahmen neben Merkel auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) teil. Als Themen nannte die Kanzlerin die Sicherheit der Kernkraftwerke, sowie die Frage, „wie schaffen wir mit einer endlichen und möglichst kurzen Laufdauer der Kernkraftwerke eine Energiewende mit Augenmaß und welche Zielkonflikte gibt es dabei?“. Als Beispiele für mögliche Konflikte nannte sie die Auswirkungen eines Ausstiegs aus der Kernenergie für die Klimaschutzziele sowie die Frage des Imports von Strom.
Für ihre Beratungen solle die Kommission Mitte Mai von der Reaktorsicherheitskommission die technischen Ergebnisse der Überprüfung der Atomreaktoren erhalten. Sie solle dann entscheiden, „wie mit den Risiken, die aus der Nutzung der Kernenergie entstehen, verantwortlich umgegangen werden kann, und das in Einklang bringen mit einer in sich schlüssigen Energiewende hin zum Zeitalter der erneuerbaren Energien“, so die Kanzlerin.
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Den Vorsitz der mit 17 Fachleuten besetzten Ethikkommission haben der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner. Beide warnten vor einem übereilten Ausstieg aus der Atomtechnik. Sie sehen jedoch auch keine langfristige Zukunft für Atomstrom.
Töpfer betonte am Montag im rbb-Inforadio auch die soziale Problematik eines schnellen Atomausstiegs: „Wir müssen sehen, dass die Energiepreise für viele Menschen eine große Belastung in ihrem Einkommen darstellen.“ Zudem kritisierte er ein Überangebot an Energie: „Von der Energieeffizienz her gesehen, ist Wesentliches nicht realisiert worden, was gemacht werden kann.“ Dem Bayerischen Rundfunk sagte Töpfer, es würde in der gegenwärtigen Situation wohl keiner auf die Idee kommen, eine Laufzeitverlängerung auch nur zu bedenken. Die Ereignisse in Japan hätten zu einem immer breiteren Konsens geführt, dass ein Ausstiegsszenario verkürzt werden könne.
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Im am Montag in Bonn veröffentlichten Magazin der DFG schreibt Kleiner, die Bilder aus Fukushima hätten ihm als Ingenieurwissenschaftler die „Begriffe Demut, Vorsicht und Zurückhaltung ins Bewusstsein gebracht“. Für die Wissenschaft bedeute die Katastrophe in Japan eine Zäsur, die auch die Erkenntnis in Erinnerung rufe, dass die „Natur und ihre Gewalten dem Menschen und seiner Technik doch überlegen sind“.
Unterdessen forderte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, erneut einen Ausstieg aus der Atomenergie. Seit Jahren kritisierten evangelische Synoden die Atomkraft, sagte er der „Neuen Ruhr/Neuen Rheinzeitung“ (NRZ). Derzeit werde in der EKD darüber diskutiert, ob sie alle Christen auffordern solle, auf Ökostrom umzusteigen. (KNA)