Verteidigungsminister wirbt für die Wehrreform. Der Norden fordert Ausgleichszahlungen im Falle von Standortschließungen.
Berlin. Es war die erste gute Nachricht für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seit dem Beginn der Plagiatsvorwürfe gegen ihn: Nach wochenlangem Streit hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Spardiktat für Guttenberg gelockert. Dem gestern vorgelegten Etatrahmen zufolge hat der CSU-Politiker bis Ende 2015 Zeit, die vorgesehenen gut 8,3 Milliarden Euro bei der Bundeswehr einzusparen. Das ist ein Jahr länger als geplant. Ansonsten soll das im Sommer 2010 geschnürte schwarz-gelbe Sparpaket einschließlich der geplanten Finanzsteuer aber voll umgesetzt werden.
Norddeutsche Politiker warnten unterdessen vor zu weitgehenden Kürzungen und Standortschließungen. Der schleswig-holsteinische Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Christian von Boetticher, sagte dem Hamburger Abendblatt, Standorte in Schleswig-Holstein böten den Streitkräften optimale Bedingungen und seien für junge Menschen besonders attraktiv. "Dieses Argument wiegt im Zuge der Debatte über Nachwuchssorgen bei der Bundeswehr schwer", sagte von Boetticher. "Das Bundesverteidigungsministerium wäre im Falle von Schließungsplänen in der Pflicht, diese detailliert und auch im Vergleich zu Alternativen außerhalb Schleswig-Holsteins zu begründen."
Sollte sich das Bundesverteidigungsministerium dennoch im Einzelfall zu Schließungen auf schleswig-holsteinischem Gebiet entscheiden, müsse die Bundeswehr mit den jeweiligen Standortkommunen "geeignete Kompensationsmaßnahmen" vereinbaren, forderte von Boetticher. "Wir werden dann sehr genau darauf achten, dass der Bund die Kommunen in die Lage versetzt, diese Lasten zu schultern."
Der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) geht davon aus, dass sein Bundesland von den Kürzungen im Verteidigungsetat betroffen sein wird. "Wir rechnen natürlich damit, dass Niedersachsen bei den Standortschließungen nicht verschont bleibt", sagte Bode dem Abendblatt. Niedersachsen werde selbstverständlich mit dem Bund verhandeln, sobald die Pläne auf dem Tisch seien. Erschwerend kommt laut Bode hinzu, dass man auch mit den Folgen des Abzugs der britischen Streitkräfte zu kämpfen habe. "Wir werden den Bund an die Verpflichtung erinnern, keine leeren Orte zurückzulassen, sondern gemeinsam mit den Kommunen eine Zukunftsnutzung für die Standorte zu entwickeln."
Guttenberg hatte immer betont, dass er nicht zu einer Bundeswehrreform nach Kassenlage bereit sei, und lange mit Schäuble um das Spardiktat gerungen. Der Verteidigungsminister hatte argumentiert, dass seine Bundeswehrreform mit den Vorgaben nicht zu finanzieren sei. Der CSU-Politiker hatte zunächst vorgeschlagen, die Truppe in den kommenden Jahren von derzeit 235 000 auf bis zu 163 500 Soldaten zu verkleinern. Die Koalition verständigte sich letztlich auf bis 185 000 Soldaten. Mitte März will das Kabinett den Etatrahmen beschließen. Über die Zukunft einzelner Standorte soll Mitte des Jahres entschieden werden.
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Gestern warb Guttenberg im Bundestag erneut um Unterstützung für die geplante Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli. Er selbst sei immer ein Befürworter des verpflichtenden Wehrdiensts gewesen, und die Beendigung sei ihm schwergefallen, sagte der CSU-Politiker bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag. Doch seien die Analysen der heutigen Situation der Bundeswehr und ihrer Einsatzoptionen eindeutig gewesen. "Die Verpflichtung zum Grundwehrdienst ist heute sicherheitspolitisch nicht mehr begründbar", sagte Guttenberg. Wichtig sei heute eine stärkere Einsatzorientierung. Nicht ein großer Umfang zähle, sondern hochprofessionelle Soldaten.
SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Bundesregierung auf, die Aussetzung der Wehrpflicht zu verschieben. Die Reform komme schlecht vorbereitet und unter unnötigem Zeitdruck, sagte Gabriel. Es sei absehbar, dass zum 1. April nicht genügend Freiwillige für den Wehrdienst zu finden seien, weil die Rahmenbedingungen unklar seien. "Verschieben Sie die Reform so lange, bis Sie wissen, wie Sie das machen wollen", rief er dem Verteidigungsminister zu. "Sie machen die Bundeswehr zum Sparschwein Ihrer Haushaltspolitik", kritisierte der SPD-Politiker. Dies könne gefährlich für die Soldaten werden.