Der Pauschbetrag steigt um 80 auf 1000 Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste im Steuerstreit mit der FDP nachgeben.
Berlin. Die Koalition hat ihren Streit um die Steuervereinfachungen beendet. Wie aus Koalitionskreisen verlautete, einigten sich nach langen Diskussionen die Fraktionen und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf eine Lösung. Demnach wird der Arbeitnehmerpauschbetrag um 80 Euro auf 1000 Euro im Jahr erhöht. Geltend gemacht werden soll dies mit der Lohnabrechnung im Dezember, sodass die Arbeitnehmer noch in diesem Jahr von der Änderung profitieren. Der Steuervorteil beträgt rund zwei bis drei Euro pro Monat. Wirksam für den Bundeshaushalt wird die Regelung aber erst im Jahr 2012, was eine Forderung Schäubles war. Sein Etat wird durch die Neuerung mit rund 300 Millionen Euro belastet.
Die Einigung habe das Kanzleramt in Gesprächen „mit allen Beteiligten“ erreicht, hieß es aus Regierungskreisen. Unter dem Strich hat sich die FDP mit einer zentralen Forderung durchgesetzt. Noch am Montag hatte sich Schäuble einer ähnlichen Kompromisslösung verweigert. Zentraler Streitpunkt in einem ganzen Paket von Steuervereinfachungen war die Heraufsetzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 auf 1000 Euro. Das bringt eine Entlastung von maximal 35 Euro im Jahr oder etwa 2,90 Euro im Monat – in vielen Fällen weniger. Schäuble hatte argumentiert, die rückwirkende Umsetzung dieser Änderung noch in diesem Jahr würde bei geringer Entlastungswirkung sehr viel Bürokratie verursachen. Die FDP hatte dagegen argumentiert, man habe die Rückwirkung für 2011 fest vereinbart und Schäuble unterlaufe diese Festlegung. FDP-Generalsekretär Christian Lindner hatte deshalb am Montag indirekt mit Koalitionsbruch gedroht .
Auch die CSU hatte Schäuble kritisiert. „Wie mit dem Thema Steuervereinfachung in Berlin gerade umgegangen wird, ist mit Kindergarten noch freundlich umschrieben“ sagte Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) der „Passauer Neuen Presse“. „Wir brauchen wieder mehr Verlässlichkeit in der Politik. Das gilt insbesondere für die Steuerpolitik.“ Schäuble und der Berliner Koalition warf er vor, „ungelenk durch das Steuerrecht zu stolpern“. Auch die CSU wollte, dass die höhere Arbeitnehmerpauschale rückwirkend zum 1. Januar 2011 kommt.
Angesichts der guten Konjunktur geht nun allerdings auch die Debatte um echte Steuerentlastungen in die nächste Runde. „Wir wollen eine Steuerreform, die spätestens 2013 wirksam wird“, sagte der Chef des Bundestags-Finanzausschusses, Volker Wissing (FDP), der „Rheinischen Post“. Kernelement sollten Steuerentlastungen für kleinere und mittlere Einkommen sein.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, sieht dagegen trotz guter Konjunktur kaum Chancen für weitere Steuerentlastungen noch in dieser Legislaturperiode. Die Koalition habe klare Prioritäten, sagte Pfeiffer „Handelsblatt“ Online. Das wichtigste sei die Konsolidierung des Haushalts sowie die Einhaltung der Schuldenbremse.
Politiker von SPD und Grünen warnten die Koalition vor weiteren Steuerentlastungen. Um die neue Schuldenbremse zu erfüllen, seien nach wie vor „erhebliche Konsolidierungsanstrengungen des Bundes nötig“, sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß laut „Handelsblatt“. Die aktuell bessere Haushaltslage helfe hier nur teilweise. „Deshalb bleibt es dabei: Auf absehbare Zeit sind weitreichende Steuerentlastungen nicht möglich.“ Auch der Grünen-Haushälter Alexander Bonde warnte vor einer Aufweichung von Sparvorgaben. Die Bundesregierung hatte ihre Konjunkturprognose für 2011 zuvor auf 2,3 Prozent erhöht.