Im Südsudan stimmen die Menschen über die Unabhängigkeit ihres Landesteils ab. Wahlbeobachter Clooney spricht von großem Tag.
Juba. Es ist ein historischer Tag und eine historische Entscheidung für Afrikas größtes Land, dem Südsudan. Dort stimmen seit diesem Sonntag die Wähler über die Unabhängigkeit für ihren Landesteil ab. Am ersten Tag der bis zum 15. Januar dauernden Volksabstimmung strömten Hunderttausende zu den Wahllokalen, um ihre Stimme abzugeben. Ein Ergebnis wird erst Anfang Februar erwartet. Beobachter rechnen damit, dass die Abspaltung des christlichen und rohstoffreichen Südens vom arabisch geprägten Norden des Sudan vollzogen wird. Die Wahlen werden von rund 20.000 einheimischen und internationalen Wahlbeobachtern verfolgt.
Für viele war die Abstimmung am Sonntag ein emotionaler Moment. Auch Salva Kiir, der Präsident des Südsudan, kämpfte mit den Tränen, als er in Juba, der Hauptstadt des Südens, als einer der ersten wählen ging. In Juba herrschte Volksfeststimmung. Manche Wähler trugen die Flagge des Südsudan um die Schultern geschlungen. Vor den Wahlzentren wurde getrommelt und getanzt. Insgesamt haben sich im Südsudan knapp vier Millionen Menschen in die Wählerlisten eintragen lassen. Für ein gültiges Referendum ist eine Wahlbeteiligung von mindestens 60 Prozent erforderlich.
Hollywood-Star George Clooney, der sich schon seit langem für die westsudanesische Konfliktregion Darfur engagiert, war der wohl prominenteste Wahlbeobachter. Clooney sprach von einem „großartigen Tag für die Welt“, an dem ein Land seine Freiheit wählt.“ Mit dem ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und dem früheren UN- Generalsekretär Kofi Annan verfolgten auch zwei Friedensnobelpreisträger die historische Abstimmung.
Auch in der sudanesischen Hauptstadt Khartum und anderen Städten des Nordens nahmen die dort lebenden Südsudanesen an der Abstimmung teil. Anders als im christlichen Süden hatten sich im arabisch geprägten Norden weniger Menschen als erwartet in die Wählerlisten eingetragen.
Das Referendum ist ein wichtiger Teil des Friedensabkommens, dass den Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd 2005 nach 21 Jahren beendete. Der sudanesische Präsident Omar Al-Baschir hatte kurz vor dem Urnengang noch einmal an die Wähler appelliert, die Einheit des Landes zu erhalten.
Der südsudanesische Präsident Kiir erinnerte bei seiner Stimmabgabe an seinen 2005 bei einem Hubschrauberabsturz getöteten Vorgänger John Garang und an die im Bürgerkrieg getöteten zwei Millionen Sudanesen. „Ich glaube, John und all die anderen sind heute mit uns, und ich muss sicher stellen, dass sie nicht umsonst gestorben sind“, sagte er. „Das ist eine neue Morgenröte für die Menschen im Südsudan“, sagte Pagan Amum, Generalsekretär von Kiirs SPLM-Partei. „Endlich entscheiden die Menschen über ihre Zukunft.“
Die meisten arabischen Staaten blicken dagegen mit großer Skepsis auf das Referendum. Die regierungsamtliche syrische Zeitung „Al-Thawra“ schrieb am Sonntag, mit der Unabhängigkeit des Südens werde der Traum von der arabischen Einheit weiter beschädigt. Die Abspaltung des Südens diene den Interessen Israels und der USA.
Auch Amr Moussa, Generalsekretär der Arabischen Liga, sprach vom Sudan als einer unteilbaren Einheit. „Wir alle müssen die Integration und Zusammenarbeit von Nord und Süd ermutigen“, sagte er. Beide bildeten eine Einheit, selbst wenn sie zu zwei unabhängige Staaten würden. Al-Baschir hatte vor dem Referendum für den Fall einer Teilung enge politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit nach dem Vorbild der Europäischen Union angeregt.